Päpste pupsen nicht (German Edition)
einmal. Irgendwie hatte ich jetzt keine Lust mehr auf Rätsel. Ich wollte nur noch auf meinem Hochbett liegen und lesen oder CDs hören.
Es gab jetzt mindestens drei Menschen, die diesen Vormittag am liebsten aus allen Geschichtsbüchern, Kalendern und Hirnen ausradieren würden. »Ich bräuchte jetzt eine Gehirntiefenwäsche«, sagte ich zu Eloise.
Frau Tiedemann hatte versucht, sich aus der Megapeinlichkeit herauszureden, und etwas von »Spontan-Theater« geredet. Sie hätte nur mal ausprobieren wollen, ob wir überhaupt noch zuhörten so kurz vor den Ferien.
»Spontan-Theater … Ganz bestimmt. Wenn du mich fragst, läuft da schon lange was zwischen ihr und dem Herrn Anis.«
»Logo. Sonst hätte sie niemals erzählt, dass sie sich im Chemieraum küssen. Das kann sich doch keiner ausdenken. Fragola e Stracciatella.«
»Ich frage mich nur … Pistaccio, Nocciola, Nutella, Limone und Ananas …« Der Eismann reichte Eloise eine Waffel in XXL -Größe über den Tresen. »… was diese Vogelschwärme damit zu tun haben, dass Leute Quatsch reden, wenn sie die Vögel anschauen.«
»Das ist kein Quatsch. Eher das Gegenteil. Quatsch hat bisher nur Micki geredet.«
Wir gingen die Straße in Richtung U-Bahn entlang. Die Frauen hatten ihre Sommerkleider an und spiegelten sich in den Schaufensterscheiben, und jeder, der eine Nase hatte, trug eine Sonnenbrille darauf. Ich mag Rom verflucht gerne leiden, dachte ich gerade.
»Wieso sind manche Geschmäcker stärker als andere?«, fragte Eloise. »Ananas ist der schwächste Geschmack. Zitrone ist stärker als Banane und Vanille, und Schoko ist stärker als Erdbeer. Ich glaube übrigens, dass Schoko der stärkste Geschmack überhaupt ist. Schoko ist der Fisch unter den Eissorten.«
»Der Käse.«
Das Pflaster war mit alten Kaugummis gesprenkelt und ich sah unsere beiden Schatten darübergleiten. Eloise blinzelte erst zum Himmel und dann mich an: »Ein Bulldozer.«
»Wo?«
»Da oben. Am Himmel.« Eloise zeigte auf eine Wolke über dem Platz. »Smill, du kannst dir alles in Wolken hineindenken. Erst siehst du einen Hasen, dann einen Bulldozer, dann das Gesicht des geliebten Micki …«
»Witzig.«
»Alles ist möglich, will ich nur sagen.« Sie hob ihr Eis hoch, um ein Leck in der Waffel mit der Zungenspitze zu stopfen. »Überall siehst du Zeichen, wenn du nur willst. Aber andere sehen vielleicht nur Wolken oder blöd rumschwirrende Stare.«
Ich lehnte mich an den Bus&Metro-Plan im Wartehäuschen. Eloise hatte wohl recht. Was sollten wir schon groß machen können? Ein schrulliger Prälat hatte sein Spielzeug verloren und einer Lehrerin hatte die Sonne zu stark auf den Kopf gebrannt. Das war alles. Der Ministerpräsident hatte wirres Zeug geredet, aber das tun glaube ich viele Politiker, wenn man Papa so zuhört (was man nicht immer vermeiden kann). Wer weiß, was wir im Schulbus wirklich gesehen hatten. Immerhin war es schon nach der sechsten Stunde gewesen und die Scheiben vom Bus waren auch lange nicht mehr gewaschen worden.
»Und überhaupt. Was können zwei blendend aussehende, hochbegabte, vorschriftsmäßig geimpfte, aber leider doch erst fast elfjährige Schülerinnen schon tun gegen diesen bösen Plan? Wenn es ihn überhaupt gibt. Gar nichts können wir tun.«
Leider wahr. Mehr als Zuschauen und Eis essen konnten wir nicht tun.
»Und, was macht ihr in den Ferien? Ans Meer?«
»Nee, wir fahren wieder nach Rönnebeck.« Meine Eltern hatten sich da eine alte Gärtnerei gekauft, mitten in der Pampa, ohne Internet, ohne Fernsehen und mit einer Nachbarin, die früher Traktor gefahren war und von morgens bis abends in einer geblümten Kittelschürze im Garten stand. Wenn ihr wisst, was ich meine. Ich hatte noch Pistazie am Finger und wischte es am Metroplan ab.
Dann sah ich es.
Es war ganz klar zu sehen.
»Eloise? Wo haben wir den Schwarm genau gesehen, beim ersten Mal?«
»Irgendwo auf einer Brücke über den Tiber, oder?«
»Eben. Und dann bei uns zu Hause. Jetzt pass mal auf.«
Ich tunkte meinen Finger in die Erdbeere und tippte drei Mal auf den Bus&Metro-Plan. Für drei verschiedene Orte: Vatikan, unser Haus in der Via Germanico 96 und die Tiberbrücke, wo der Schulbus immer langfährt. Die drei Erdbeerflecken lagen exakt auf einer Linie.
»Okay, kann Zufall sein. Aber wenn du die Linie weiterziehst, landest du direkt …«
»… im Zoo von Rom.«
»Wo Dr. Gänsebein arbeitet. Der Tieren elektronische Chips einpflanzen kann und irgendetwas
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