Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet

Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet

Titel: Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
Vom Netzwerk:
er, dass Luft durchs Schlüsselloch strömt. Die schwere Tür gleitet auf. Der Treppenabsatz liegt im Dunkeln. Die Lampen im Hausflur sind inzwischen erloschen, und durch die rotbraunen Fensterscheiben im Treppenhaus fällt nur schwaches Licht herein. Plötzlich hört Joona langsame Atemzüge, jemand atmet in seiner unmittelbaren Nähe. Ein raues, schweres Atmen einer verborgenen Person. Joonas Hand schiebt sich zu seiner Pistole, als er vorsichtig hinter der offenen Tür hervorlugt. In dem Lichtstreifen im Spalt an den Türangeln steht eine hoch aufgeschossene Frau mit großen Händen. Sie ist etwa fünfundsechzig Jahre alt und steht vollkommen still. Auf ihrer Wange klebt ein großes, hautfarbenes Pflaster. Ihre grauen Haare sind zu einer kurzen, mädchenhaften Pagenfrisur geschnitten. Sie sieht Joona ohne die leiseste Andeutung eines Lächelns unverwandt in die Augen.
    »Haben Sie ihn heruntergeholt?«, fragt sie.

7
    Hilfsbereite Menschen
    Joona hatte eigentlich geglaubt, dass er es pünktlich zu der für ein Uhr angesetzten Besprechung mit der Landesmordkommission schaffen würde.
    Er wollte vorher lediglich mit Disa in Rosendals Gärtnerei auf Djurgården zu Mittag essen. Joona kam zu früh, blieb einen Moment im Sonnenlicht stehen und betrachtete den Dunst, der über dem kleinen Stück Land mit Weinstöcken hing. Dann sah er Disa mit ihrer Stofftasche über der Schulter näher kommen. Ihr schmales Gesicht mit den intelligenten Zügen war von Sommersprossen übersät, und ihre Haare, die sonst immer zu zwei zerzausten Zöpfen gebunden waren, fielen ausnahmsweise offen über ihre Schultern. Sie hatte sich schön gemacht und trug ein klein geblümtes Kleid und Sommersandalen mit Keilabsatz.
    Sie umarmten sich behutsam.
    »Hallo«, sagte Joona. »Wie schön du bist.«
    »Du aber auch«, erwiderte Disa.
    Sie bedienten sich am Buffet und setzten sich an einen der Tische im Freien. Joona war aufgefallen, dass sie sich die Fingernägel lackiert hatte. Disa war Chefarchäologin, hatte daher meistens kurz geschnittene, erdige Nägel. Sein Blick wanderte von ihren Händen zum Obstgarten.
    Disa begann zu essen und sprach mit vollem Mund:
    »Königin Kristina bekam vom Herzog von Kurland einen Leoparden geschenkt. Sie hielt ihn hier draußen auf Djurgården.«
    »Das wusste ich nicht«, sagte Joona.
    »Ich habe in der Buchführung des Schlosses gelesen, dass die Zahlkammer 40 Taler in Silbermünzen als Bestattungsbeihilfe für ein Mädchen zahlen musste, das der Leopard zerfleischt hatte.«
    Sie lehnte sich zurück und nahm das Glas in die Hand.
    »Red nicht so viel, Joona Linna.«
    »Entschuldige«, sagte Joona. »Ich …«
    Er verstummte und spürte plötzlich alle Energie aus seinem Körper weichen.
    »Was?«
    »Bitte erzähl weiter von dem Leoparden.«
    »Du siehst traurig aus …«
    »Ich musste gerade an Mutter denken … gestern war es genau ein Jahr her, dass sie gestorben ist. Ich bin zum Friedhof gefahren und habe eine weiße Iris auf ihr Grab gelegt.«
    »Ich vermisse Ritva sehr«, sagte Disa.
    Sie legte das Besteck ab und schwieg eine Weile.
    »Weißt du, was sie sagte, als ich sie das letzte Mal sah? Sie nahm meine Hand«, erzählte Disa, »und dann meinte sie, dass ich dich verführen und zusehen sollte, schwanger zu werden.«
    »Das kann ich mir lebhaft vorstellen.« Joona lachte.
    Die Sonne leuchtete in den Gläsern und spielte in Disas eigentümlichen dunklen Augen.
    »Ich habe ihr geantwortet, ich würde nicht glauben, dass das funktionieren könnte, und daraufhin meinte sie, ich solle weggehen und mich niemals umsehen, niemals zurückkommen.«
    Er nickte, wusste aber nicht, was er dazu sagen sollte.
    »Dann wärst du ganz allein«, fuhr Disa fort. »Ein großer, einsamer Finne.«
    Er streichelte ihre Finger.
    »Das will ich nicht.«
    »Was?«
    »Ich will kein großer, einsamer Finne sein«, sagte er sanft. »Ich will mit dir zusammen sein.«
    »Und ich will dich beißen, ziemlich fest sogar. Kannst du mir das erklären? Wenn ich dich sehe, fangen meine Zähne an zu kribbeln.«
    Joona streckte die Hand aus, um sie zu berühren. Er wusste, dass er zu spät zu seiner Besprechung mit Carlos Eliasson und der Landesmordkommission kommen würde, blieb aber dennoch bei Disa sitzen, plauderte mit ihr und dachte gleichzeitig daran, dass er noch ins Nordische Museum gehen würde, um sich die samische Brautkrone anzusehen.
    *
    Während sie auf Joona Linna warteten, hatte Carlos Eliasson der Landesmordkommission von

Weitere Kostenlose Bücher