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Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet

Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet

Titel: Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Penelope und bleibt stehen.
    »Lauf«, schreit er.
    Sie ist außer Atem, blickt zurück, den Weg hinab und denkt, dass sie dabei sind, einen Fehler zu machen. Er bleibt stehen, sieht sie an, atmet keuchend, stützt sich kurz mit den Händen auf den Oberschenkeln ab und geht dann wieder los.
    »Warte, er weiß, wie wir denken«, sagt sie ernst. »Wir müssen was anderes machen.«
    Björn geht langsamer, dreht sich um und sieht sie an, entfernt sich rückwärtslaufend aber weiter von ihr.
    »Wir müssen jemanden finden, der uns hilft«, sagt Björn.
    »Nicht jetzt.«
    Er kehrt zu ihr zurück und packt sie an den Schultern.
    »Penny, es sind bestimmt nur zehn Minuten bis zum nächsten Haus, das schaffst du, ich helfe …«
    »Wir müssen in den Wald zurück«, unterbricht sie ihn. »Ich weiß genau, dass ich damit richtig liege.«
    Sie zieht das Band aus ihren Haaren und wirft es ein Stück vor sich auf den Weg, lässt Björn stehen und geht schnurstracks in den Wald hinein, entfernt sich von der Siedlung.
    Björn blickt die Straße hinunter und folgt Penelope, macht einen großen Satz über den Graben und läuft in den Wald. Sie hört ihn hinter sich. Er holt sie ein und nimmt ihre Hand.
    Sie laufen Seite an Seite, nicht sonderlich schnell, aber Minute für Minute entfernen sie sich weiter von der Straße, den Menschen und der Hilfe.
    Plötzlich versperrt ihnen eine schmale Bucht den Weg. Keuchend waten sie etwa vierzig Meter durch hüfttiefes Wasser. Am anderen Ufer eilen sie mit durchnässten Schuhen weiter durch den Wald.
    Zehn Minuten später wird Penelope erneut langsamer. Sie bleibt stehen, atmet tief durch, hebt den Blick und schaut sich um. Erstmals spürt sie die kühle Gegenwart ihres Verfolgers nicht mehr. Björn streicht sich mit der Hand über den Mund und tritt zu ihr.
    »Als wir vorhin in dem Haus waren«, sagt er, »warum hast du da gerufen, dass er hereinkommen soll?«
    »Sonst hätte er einfach die Tür geöffnet und wäre eingetreten – es war das Einzige, womit er nicht gerechnet hat.«
    »Aber …«
    »Er ist uns immer einen Schritt voraus gewesen«, fährt sie fort. »Wir haben uns gefürchtet, und er weiß genau, wie ängstliche Menschen sich verhalten.«
    »Sie bitten niemanden hereinzukommen«, sagt Björn, und ein müdes Lächeln legt sich auf sein Gesicht.
    »Und deshalb können wir auch nicht den Weg nach Skinnardal nehmen. Wir müssen immer wieder die Richtung wechseln, tiefer in den Wald hineilaufen, direkt ins Nichts.«
    »Ja.«
    Sie betrachtet sein erschöpftes Gesicht, die spröden weißen Lippen.
    »Ich glaube, dass wir so weitermachen müssen, wenn wir überleben wollen. Dass wir anders denken müssen. Ich glaube, dass wir … Statt zu versuchen, von dieser Insel aufs Festland zu gelangen, werden wir uns weiter in die Schären hinausbegeben, uns immer weiter vom Festland entfernen.«
    »Kein Mensch würde das tun.«
    »Hältst du noch ein bisschen durch?«, fragt sie leise.
    Er nickt, und sie laufen tiefer in den Wald hinein, immer weiter weg von Wegen, Häusern und Menschen.

40
    Der Nachfolger
    Axel Riessen öffnet bedächtig die Manschettenknöpfe an den gestärkten Ärmeln seines Hemds. Er legt sie in die Bronzeschale auf der Herrenkommode. Die Knöpfe hat er von seinem Großvater geerbt, Admiral Riessen, aber sie haben ein ziviles Motiv, ein Ordenszeichen, das aus zwei sich kreuzenden Palmblättern besteht.
    Axel Riessen mustert sich im Spiegel neben der Tür zur Kleiderkammer. Er löst die Krawatte, geht zum anderen Ende des Zimmers und setzt sich auf die Bettkante. Die Heizkörper rauschen, und durch die Wände meint er Tonfragmente hören zu können.
    Die Musik kommt aus der benachbarten Wohnung seines jüngeren Bruders. Eine einsame Geige, denkt er und fügt die Fragmente im Geiste zusammen. In seinem Kopf hört er Bachs erste Violinsonate in G-Moll, den ersten Satz, ein Adagio, jedoch weitaus verhaltener gespielt als bei den gängigen Interpretationen. Axel hört nicht nur die Töne selbst, sondern genießt zudem jeden mitschwingenden Oberton und einen unabsichtlichen Stoß gegen die Zarge der Geige.
    Als die Musik in ein anderes Tempo übergeht, sehnen sich seine Hände danach, eine Geige zu halten. Es ist lange her, dass er die Finger mit der Musik perlen, über die Saiten und das Griffbrett hinauf fließen ließ.
    Als das Telefon klingelt, verstummt die Musik in Axel Riessens Kopf. Er steht vom Bett auf und reibt sich die Augen. Er ist sehr müde, in der letzten Woche

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