Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet
Angst steigt in ihm hoch. Schnellen Schritts geht er durch die Zimmer und hinunter, um sein Jackett zu holen, hinauszugehen und nach dem Mädchen zu suchen, als er sie plötzlich vor sich hin summen hört. Sie kommt barfuß aus der Küche, geht über die Teppiche. Als sie sein besorgtes Gesicht sieht, bekommt sie große Augen.
»Axel«, sagt sie mit ihrer hellen Stimme. »Was ist los?«
»Ach, ich habe mir nur Sorgen gemacht, dass du hinausgegangen sein könntest«, murmelt er.
»In die gefährliche Welt«, sagt sie lächelnd.
»Ich sage nur, dass man nicht jedem vertrauen kann.«
»Das tue ich auch nicht, ich sehe sie mir doch an und achte auf das Leuchten«, erklärt sie. »Wenn es um sie herum leuchtet, weiß ich, dass sie nett sind.«
Axel hat keine Ahnung, was er darauf antworten soll, und sagt deshalb nur, dass er ihr eine Tüte Chips und eine große Flasche Fanta gekauft hat.
Sie scheint ihn nicht einmal zu hören. Er versucht, ihr Gesicht zu deuten. Zu erkennen, ob sie im Begriff ist, rastlos oder deprimiert oder verschlossen zu werden.
»Meinst du immer noch, dass wir heiraten sollen?«, fragt sie.
»Ja«, lügt er.
»Es ist nur so, dass ich bei Blumen immer an Mamas Beerdigung und an Papas Gesicht denken muss, als …«
»Wir brauchen keine Blumen«, sagt er.
»Obwohl, Maiglöckchen mag ich.«
»Ich auch«, sagt er mit schwacher Stimme.
Sie errötet zufrieden, und er hört, dass sie ihm zuliebe so tut, als müsste sie gähnen.
»Ich bin müde«, sagt sie und verlässt das Zimmer. »Möchtest du schlafen?«
»Nein«, sagt Axel Riessen zu sich selbst, steht dann jedoch auf und folgt ihr.
Erfüllt von dem intensiven Gefühl, dass Teile seines Körpers ihn aufzuhalten versuchen, geht er durch die Zimmer. Er fühlt sich plump und eigenartig langsam, als er ihr durch den Korridor, über den Marmorfußboden und die Treppe hinauf, durch zwei Salons in die Zimmersuite folgt, in die er sich abends zurückzieht.
Das Mädchen ist schlank und klein, reicht ihm bis zur Brust. Die Haare auf ihrem Kopf wachsen wieder, nachdem Beverly sie in der Vorwoche abrasiert hat. Sie umarmt ihn flüchtig, und er riecht ganz kurz den Karamellduft aus ihrem Mund.
41
Ohne Schlaf
Zehn Monate ist es mittlerweile her, dass Axel Riessen Beverly Andersson zum ersten Mal begegnet ist. Alles hat sich wegen seiner akuten Schlafstörungen ergeben. Seit einem Vorfall vor mehr als dreißig Jahren hat er Probleme zu schlafen. Sein Leben funktionierte, solange er Schlaftabletten nahm und in einen chemischen Schlaf ohne Träume, vielleicht auch ohne wirkliche Erholung sank.
Aber er schlief.
Er musste die Dosis kontinuierlich erhöhen, um Schlaf zu finden. Die Tabletten erzeugten ein einschläferndes Rauschen, das seine Gedanken übertönte. Er liebte sein Medikament und mischte es mit altem, teurem Whisky. Nach mehr als zwanzig Jahren regelmäßigen Konsums fand ihn sein Bruder jedoch bewusstlos und aus beiden Nasenlöchern blutend im Flur.
Im Karolinska-Krankenhaus diagnostizierte man eine schwere Leberzirrhose.
Der chronische Zellschaden in der Leber war so umfassend, dass er unmittelbar nach der obligatorischen Kontrollzeit auf die Warteliste für eine Lebertransplantation gesetzt wurde. Da er jedoch die Blutgruppe 0 und einen sehr ungewöhnlichen Gewebetyp hat, verringerte sich die Zahl möglicher Spender katastrophal.
Sein jüngerer Bruder hätte einen Teil seiner Leber spenden können, wenn er nicht an solch gravierenden Herzrhythmusstörungen litte, dass sein Herz die Belastung einer großen Operation unter Umständen nicht überstehen würde.
Es gab kaum Hoffnung, eine Spenderleber zu finden, aber wenn Axel auf Alkohol und Schlaftabletten verzichtete, würde er nicht sterben. Durch die regelmäßige Einnahme von Konakion, Inderal und Spironolakton war die Leberfunktion gewährleistet, und er konnte ein relativ normales Leben führen.
Das Problem war der Schlafmangel, er schlief nie mehr als eine Stunde pro Nacht. Er wurde in eine Schlafklinik in Göteborg aufgenommen und unterzog sich einer Polysomnographie, aufgrund derer bei ihm chronische Schlaflosigkeit diagnostiziert wurde. Da sich eine medikamentöse Behandlung jedoch verbot, konnte man ihm nur zu diversen Einschlaftechniken raten, zu Meditation, Hypnose und Autosuggestion, aber nichts von alldem half.
Vier Monate nach dem Leberkollaps hatte er eine neun Tage währende Wachphase und erlitt einen Nervenzusammenbruch.
Daraufhin ließ er sich freiwillig in die
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