Pain - Bitter sollst du buessen
schmiedeeisernen Tore hinüber, die in den Park führten, und jetzt hatte sie ihren Zweck erfüllt. Sie hatte ihm auf dem Weg zu seinem höchsten Ziel geholfen, ohne zu wissen, wer er war. Sie war so willig, so leicht zu manipulieren, eine so übermäßig gefällige Dienerin gewesen. Nachdem er erfahren hatte, dass sie als Dr. Sams Assistentin bei WSLJ arbeitete, war er ihr eine Zeit lang gefolgt. In einer Bar an der Bourbon Street hatte er sie angesprochen und sie umgarnt. Innerhalb weniger Tage hatte er ihre Schwäche und ihren unglaublichen Ehrgeiz entlarvt und beides gegen sie verwandt. Zu seinem Vorteil. Zu Samantha Leeds’ Sturz.
Es war so einfach gewesen.
Aber einfach ist es eigentlich immer, stellte er nun fest, als er an dem offenen Koffer des Mimen mit den paar Dollarscheinen vorüberging. Eine Schar Tauben trippelte und flatterte ihm aus dem Weg.
So leicht es auch gewesen war, Melanies schwachen Punkt zu entdecken, war es doch noch um ein Vielfaches leichter gewesen, das Bedürfnis seines Gefangenen zu erraten. Dieser war beherrscht von der Gier nach jeder Chemikalie, die geschluckt, geschnupft oder in den Körper gespritzt werden konnte, und Father John hatte seinen Hunger bereitwillig gestillt, hatte ihm Substanzen gegeben, die den Körper entkräfteten. Das war das Geheimnis, der Schlüssel zum Erfolg: die Schwäche des Feindes zu erkennen und die gierige Sucht zu befriedigen, alles unter dem Deckmantel der Hilfsbereitschaft.
Er bog von der Decatur auf die North Peters Street ab und schritt schneller aus. Bald würde die Dämmerung anbrechen. Die Dunkelheit war ihm willkommen, er freute sich auf die kommende Nacht, denn dann sollte Melanie Davis für ihre Sünden bezahlen.
Er ging am Französischen Markt vorbei in Richtung Fluss und sog den berauschenden, modrigen Geruch ein. Er griff in seine Tasche, berührte seine heilige Waffe, spürte die scharfe, dehnbare Kraft der Schlinge und wusste, dass sie ihn nicht enttäuschen würde. Als er die Straßenbahnschienen überquerte und die grasbewachsene Böschung hinaufstieg, schlug sein Herz schneller. Von dort oben aus betrachtete er den träge fließenden Mississippi. Der Fluss war so prächtig. Breit. Dunkel. Immer in Bewegung. Verführerisch.
Eine Sekunde lang schloss er die Augen und ließ seine Gedanken wandern. Zu der bevorstehenden Nacht. Zu Melanie Davis und den Plänen, die er mit ihr hatte. Seine Finger spielten mit dem Rosenkranz – süßes, süßes Instrument für die Tötung derer, die gesündigt hatten.
In diesem Augenblick freute sich Melanie auf die angekündigte Überraschung.
Was sie nicht wusste: Es sollte die letzte sein, die sie erlebte.
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33 . Kapitel
E s liegt was in der Luft«, sagte Montoya gereizt und nervös. Sein schwarzes Haar glänzte im grellen Licht von Bentz’ Küche, wo drei Rosenkränze neben einer Plastikschüssel und verschiedenen Gefäßen auf dem Tisch lagen; auf Untertassen, Tellern, sogar in alten Margarineschalen schimmerten einige Perlen.
»In der Luft? Wie meinst du das?« Bentz hob eine der Perlen hoch und rollte sie zwischen den Fingern. Plastik, mit abgerundeten Facetten.
Montoya griff in den Kühlschrank und nahm eine Flasche alkoholfreies Bier heraus. »Hast du nichts Stärkeres?«
Bentz schüttelte den Kopf. »Falls du was trinken willst: Ein Stück die Straße hinunter ist eine Kneipe.«
»Du bist nicht im Dienst.«
»Ich bin immer im Dienst«, knurrte Bentz.
»Scheiße.« Montoya betrachtete die halb ausgetrunkene Kaffeetasse auf der Arbeitsplatte und die beinahe leere Glaskanne neben dem Herd, wo ein altes Brot und ein Glas fettarme Erdnussbutter von Bentz’ Abendessen zeugten. Montoya öffnete die Flasche. »Das hier ist absolut unamerikanisch.«
»Kein Fett, kein Alkohol, kein Nikotin. Das hat mit dem Älterwerden zu tun.«
»Du bist noch nicht mal vierzig, Mann … Erzähl mir jetzt bloß nicht, es gibt auch keinen Sex! Das will ich nicht hören.« Montoya zog sich einen Küchenstuhl heran und setzte sich. »Und was soll das da?« Er deutete auf den Tisch, an dem Bentz seine Experimente durchführte.
»Wonach sieht es denn aus?«, fragte Bentz.
Montoya trank die Flasche halb leer. »Nach einem Lagerfeuerspielchen.«
»Rate noch mal.«
»Schon gut, schon gut, ich sehe Rosenkränze. Es geht also um die Waffe, die der Mörder benutzt. Ich dachte, das wäre längst geklärt. Wir haben die Verletzungen untersucht, haben festgestellt, dass dieser perverse Scheißkerl seine
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