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Pain - Bitter sollst du buessen

Pain - Bitter sollst du buessen

Titel: Pain - Bitter sollst du buessen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Enttäuschung. Sie konnte nicht glauben, dass John einfach in der Versenkung verschwunden war.
    Aber morgen Nacht gab es wieder eine Sendung, vielleicht regte sich John dann erneut.
    »Pass auf dich auf, New Orleans. Gute Nacht euch allen, und Gott segne euch. Ganz gleich, welche Sorgen euch heute drücken, morgen ist auch noch ein Tag. Träumt was Schönes …«, sagte sie und beendete bei musikalischer Untermalung die Übertragung. Sie riss sich die Kopfhörer von den Ohren und drückte die vorgesehenen Tasten, damit die Werbung in die Erkennungsmelodie der Sendung ›Licht aus‹ überging. Draußen auf dem Flur traf sie Melanie.
    »Schätze, mein Verehrer hat heute nicht den Drang verspürt, mich anzurufen.«
    »Enttäuscht?«, fragte Melanie und zog die Brauen hoch.
    »Ich hätte nur gern gewusst, was in ihm vorgeht.«
    »Vielleicht ist der Spuk vorbei. Er hat gestern Nacht seinen Spaß gehabt und lässt es womöglich dabei bewenden …«
    »Mag sein.« Sam glaubte nicht ernstlich daran. Vielmehr war sie sicher, so albern es auch sein mochte, dass er ein Spielchen mit ihr trieb. Dass er ihre Sendung anhörte, wusste, dass sie seinen Anruf erwartete, und eine neue Taktik ausprobierte, um sie zu ängstigen.
    »Vergiss den Kerl! Mit dem Thema, das du heute angeschnitten hast, hast du ja geradezu um seinen Anruf gebettelt«, sagte Melanie. »Vielleicht langweilt er sich.«
    »Oder er ist vorsichtiger geworden. Er weiß ja nicht, dass ich die Polizei noch nicht verständigt habe. Eventuell fürchtet er, die Polizei könnte seinen Anruf zurückverfolgen.«
    Melanie gähnte. »Weißt du, Sam, vielleicht bist du ihm gar nicht so wichtig, wie du denkst.« Sie wirkte gereizt und fügte hinzu: »Wahrscheinlich war es nur ein Kid mit tiefer Stimme, das dir einen Streich spielen wollte.«
    Sam schwieg.
    »Du hast wirklich fest damit gerechnet, dass er sich meldet, was?«, fragte Melanie auf dem Weg zur Garderobe. Tiny, offenbar in Eile, flitzte an ihnen vorbei.
    »Ich hielt es immerhin für möglich.«
    »Du hast es dir gewünscht.«
    Stimmte das? Die Vorstellung war irgendwie pervers. »Ich dachte nur, bei einem zweiten Anruf hätte ich dahinterkommen können, worüber er gestern Nacht gefaselt hat.«
    Sam stützte sich auf die Krücke, da schoss ihr plötzlich ein Gedanke durch den Kopf. »Wie war das, als du während meines Urlaubs die Sendung moderiert hast? Hat er dich angerufen?«
    »Mich?« Melanie lachte, doch es wirkte gekünstelt. »Natürlich nicht! Dieser Kerl gehört dir ganz allein.«
    »Mag sein.«
    »Samantha?« Tinys Stimme hallte durch den Gang. »Ein Anruf für dich auf Leitung zwei. Ein John.«
    »Was?« Sie erstarrte.
    »Ich sagte –«
    »Ich hab’s gehört.« Sie wandte sich um und hinkte zurück in das dunkle Studio, wo das Lämpchen von Leitung zwei scheinbar geheimnisvoll blinkte.
    »Das ist der Kerl«, flüsterte Tiny, obwohl ihn niemand hören konnte, solange Sam den Anruf nicht angenommen hatte.
    »Du musst das Gespräch unbedingt aufzeichnen.«
    Tiny nickte und schaltete das Tonbandgerät wieder ein.
    Sam griff nach Melanies Kopfhörer, beugte sich über die Konsole und drückte die blinkende Taste. »Hier ist Dr. Sam«, sagte sie.
    »Ich bin’s, John.« Seine Stimme klang atemlos und doch weich – als wollte er Gelassenheit vortäuschen. »Dein John. Ich weiß, du hast auf meinen Anruf gewartet, aber ich hatte zu tun.«
    »Wer bist du?«
    »Hier geht es nicht um mich«, erwiderte er barsch.
    »Natürlich geht es um dich. Was willst du?«
    Pause. »Ich dachte, du solltest vielleicht wissen, dass das, was geschehen ist, auf deine Kappe geht. Es ist deine Schuld. Deine!«
    Das Blut schien ihr in den Adern zu gefrieren. »Was – was ist geschehen?«, hakte sie nach.
    »Du wirst es erfahren.«
    Klick.
    »Was denn, um Himmels willen?«, fragte sie. Die Leitung war tot. »Verdammt!« Sie warf den Kopfhörer zur Seite und starrte auf die Konsole, als könnte sie durch pure Willenskraft das Kontrolllicht wieder aufblinken lassen. Doch nichts tat sich. Der Raum kam ihr mit einem Mal merkwürdig dunkel vor, und als sie durch die Scheibe ins Studio hinübersah, in dem sie arbeitete, bemerkte sie ihr eigenes schwaches Spiegelbild wie auch die durchscheinenden Abbilder von Tiny und Melanie – wie Geister, die dieses leere Gebäude bewohnten.
    »Das war er, nicht wahr?«, wisperte Melanie.
    »O ja.« Sam nickte.
    »Ruf lieber jemanden an.« Tiny rieb sich das stoppelige Kinn, nagte an seiner Unterlippe

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