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Pain - Bitter sollst du buessen

Pain - Bitter sollst du buessen

Titel: Pain - Bitter sollst du buessen Kostenlos Bücher Online Lesen
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nehmen und die Scheibenwischer in der richtigen Geschwindigkeit einzustellen. Der Dunst des Nacht klebte wie ein Leichentuch an den Ecken der alten Gebäude und mischte sich mit dem Dampf, der aus den Gullys stieg.
    Minuten später hielten sie vor dem betreffenden Haus. Montoya schnippte seine Zigarette auf die Straße, wo ein paar Polizisten eine kleine Menschenansammlung in Schach hielten. Flatterband bildete eine schimmernde gelb-schwarze Barriere. Ein paar Ü-Wagen waren bereits eingetroffen, und Bentz verfluchte halblaut die Reporter. »Herrgott, wenn sie der Polizei doch wenigstens ein paar Stunden Zeit ließen, ihre Arbeit zu tun, bevor sie wie die Geier über den Tatort herfallen, dann wäre uns schon geholfen.«
    Ein Mikrofon wurde ihm unter die Nase gehalten, doch bevor die dreiste Reporterin ihre erste Frage anbringen konnte, knurrte Bentz: »Kein Kommentar« und hechtete gleichzeitig mit Montoya, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf, zu einer Tür neben einem Imbiss. Ein uniformierter Streifenpolizist ließ sie ins Haus.
    »Zweiter Stock«, brummte der Polizist, und Montoya stürmte die Treppe zu einem engen Flur hinauf, in dem es nach Marihuana, Schimmel und Räucherstäbchen roch. Dort waren Leute zusammengeströmt, verrenkten sich die Hälse, redeten und rauchten und beäugten neugierig die mit 3 F gekennzeichnete Tür.
    Montoya hielt einem Polizisten, den Bentz schon öfter auf dem Revier gesehen hatte, seine Dienstmarke unter die Nase. Er wusste, dass es dem jungen Schnösel Spaß machte, seinen Ausweis zu zeigen. Dabei fühlte er sich cool, wie er mehr als einmal gestanden hatte. Bentz hatte es schon lange aufgegeben, autoritär aufzutreten. Falls er in L.A. überhaupt etwas gelernt hatte, dann war es Zurückhaltung. Es gab einfach kaum einen Grund, sich wie ein Wichtigtuer aufzuführen. Ein Bulle erfuhr mehr durch Schweigsamkeit als durch Einschüchterung. Als er in Montoyas Alter war, hatte er das allerdings auch anders gesehen.
    Bentz verharrte an der Tür und warf einen Blick in das winzige Zimmerchen. Sein Magen krampfte sich zusammen. Es stieg ihm säuerlich in den Hals, wie immer, wenn er einen Mordschauplatz sah, doch das würde er keiner Menschenseele verraten. Sobald er in seine Rolle als Detective schlüpfte, verschwand das Unbehagen auch sofort wieder. Er nahm den Geruch von abgestandenem Kaffee und Blut wahr und den selbst im Frühstadium unverkennbaren Gestank des Todes, und hörte ein leises Gespräch, untermalt von sanfter Instrumentalmusik, das aus dem Radio kam.
    »Ich will mit der Mitbewohnerin sprechen«, sagte er, an niemand Bestimmten gerichtet.
    »Sie sitzt im Zimmer nebenan – 3 E. Ist ganz schön fertig.« Der Uniformierte, Mike O’Keefe, wies mit einer Kopfbewegung auf eine kaum geöffnete Tür, von der die Farbe abblätterte.
    Durch den Spalt sah Bentz eine blasse, spindeldürre Frau mit Säcken unter den Augen, strähnigem braunen Haar und schlechter Haut. Ihr Lippenstift war verwischt, die verlaufene Wimperntusche verstärkte noch die natürlichen schwarzen Ringe unter ihren Augen. Sie rauchte, trank Kaffee und sah aus, als hätte sie Angst vor ihrem eigenen Schatten. Bentz konnte es ihr nicht verübeln. »Sie soll dableiben.«
    »Sie haben das Kommando?«, fragte O’Keefe mit zweifelndem Blick.
    »Bis jemand etwas anderes sagt.«
    O’Keefe nahm es hin.
    Sorgfältig darauf bedacht, nichts zu berühren, ging Bentz an einer kleinen Kochnische vorüber. Dort stand eine Glaskanne, halb voll mit Kaffee, und Brotkrümel aus dem Toaster bedeckten die Arbeitsplatte, die offenbar über sehr lange Zeit nicht abgeputzt worden war. In der schmierigen Spüle stapelte sich Geschirr. An der Deckenlampe hingen Spinnweben.
    Der Wohnbereich war klein und fast völlig ausgefüllt von einem Doppelbett. Auf dem zerknitterten Laken lag das Opfer, nur mit einem schwarzen Body bekleidet, die glasigen leeren Augen auf die Decke gerichtet, unter der sich träge die Rotoren eines Ventilators drehten. Sie war Bentz’ Schätzung nach etwa dreißig Jahre alt, weiß, hatte kurzes dunkles Haar und trug nur wenig Make-up. Ihr Hals war von Blutergüssen und kleinen Schnittwunden übersät, an denen das Blut getrocknet war. Es sah aus, als wäre sie mit einer zackenbewehrten Schlinge stranguliert worden – etwa wie Stacheldraht oder ein von innen nach außen gewendetes SM -Halsband. Die Beine waren gespreizt, die Arme dagegen zusammengeführt, die Hände wie zum Gebet gefaltet.

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