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Pain - Bitter sollst du buessen

Pain - Bitter sollst du buessen

Titel: Pain - Bitter sollst du buessen Kostenlos Bücher Online Lesen
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auch wegen Prostitution verhaftet worden war. Als Marletta hatte fürchten müssen, dass ihr die Kinder abgenommen wurden, war sie ein paar Jahre lang clean geblieben, doch Leanne hatte gut aufgepasst und von ihrer Mutter gelernt. Mit siebzehn hatte Leanne selbst bereits ein gehöriges Strafregister wegen Drogen und Prostitution. Die Teilnahme an Sams Gruppentherapie für junge Frauen im Rahmen eines Drogenberatungsprogramms war Teil ihrer Strafe. Außerdem musste sie sich regelmäßig einem Drogentest unterziehen und gemeinnützige Arbeiten verrichten.
    Sam machte sich auf den Weg zu ihrem Wagen, hatte jedoch plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden. In der Annahme, es sei Leanne, warf sie einen Blick über die Schulter zurück, doch das Mädchen war nirgends zu sehen. Die Menge, die den Musikern zuhörte, vergrößerte sich. Doch ein Mann stach hervor – ein großer, breitschultriger Mann in schwarzer Lederjacke und dunkler Hose. Trotz des Dämmerlichts trug er eine Sonnenbrille. Er schaute nicht den Musikern zu. Er starrte direkt in Samanthas Richtung. Eindringlich. Er war zu weit entfernt, und es war zu dunkel, um sein Gesicht genau erkennen zu können, doch Sam hatte das Gefühl, ihn schon einmal gesehen zu haben, ihn vielleicht sogar zu kennen.
    Eine Gänsehaut überzog ihre Arme. Sie ermahnte sich, nicht hysterisch zu werden, und noch während sie zu ihm hinüberblickte, wandte er sich der Band zu, mischte sich unter die Zuschauer, die sie umstanden, und verschwand.
    Als wäre er nie da gewesen.
    Vielleicht hatte er gar nicht sie angeschaut, sondern irgendwas oder irgendjemanden hinter ihr. Vielleicht war sie durch die Vorfälle der vergangenen Nächte nervös. Doch als sie die Straße entlang zu ihrem Mustang ging, hatte sie das sehr deutliche Gefühl, dass alles nur noch schlimmer werden würde.
     
    Die Nacht war heiß, gerade so, wie er es liebte. Als er zwischen den Zypressen hindurch zu der kleinen Pfahlhütte ruderte, die hier, tief im sumpfigen Bayou, verborgen lag, brach ihm der Schweiß aus. Kein Mensch wusste von diesem Unterschlupf, kein Mensch würde je davon erfahren. Er machte das Boot fest und stieg eine Leiter zu der weiß gebleichten Veranda hinauf, die sich rund um die ganze, nur aus einem Raum bestehende Hütte zog. Der Geruch des Sumpfes stieg ihm in die Nase, das Gefühl, hier frei und in Sicherheit zu sein, lockerte seine verspannten Muskeln. Er öffnete seinen Hosenstall und pinkelte über das Geländer, nicht nur, um sich zu erleichtern, sondern auch, um die übrigen Geschöpfe ringsum wissen zu lassen, dass diese Hütte ihm gehörte.
Ihm.
    Als er den Reißverschluss hochzog, hörte er die Fledermäuse in den Bäumen. Mit dumpf hallenden Stiefelschritten betrat er die Hütte und zündete eine Kerosinlampe an. Die alten Holzwände mit ihren Astlöchern und Ritzen zwischen den Brettern schimmerten warm. Moskitos summten, Glühwürmchen flogen durch die offene Tür herein, und das Wasser plätscherte träge gegen die alten Pfeiler. Alligatoren und Mokassinschlangen schwammen in diesem Abschnitt des Bayous im Wasser, und er fühlte sich den schlüpfrigen Kreaturen verwandt, fühlte sich als Teil dieser dunklen Nacht, dieses feuchten Waldes.
    Es gab hier keinen Strom, und der alte Kamin hatte angefangen zu bröckeln – nicht, dass er es gewagt hätte, ein Feuer anzuzünden. Rauch konnte gesehen oder gerochen werden … Nein, er hielt sich lieber in der Finsternis auf, gestattete sich lediglich die Lampe. Er öffnete den einzigen Schrank und warf einen Blick hinein. Als er in eine Ecke griff, in der ein abgeschabter Samtbeutel verborgen lag, krabbelte eine Spinne flink in eine Ritze. In dem weichen Beutel bewahrte er seine Schätze auf, Gegenstände, die er jetzt behutsam herausnahm. Ein Kreuz an einem Halskettchen. Eine feine Goldkette, gerade weit genug, um die schlanke Fessel einer Frau zu schmücken. Ein altes Medaillon aus einem anderen Leben. Und das war erst der Anfang.
    Er breitete seine Schätze liebevoll auf dem wackligen Tisch neben seinem batteriebetriebenen Radio aus. Er umgab das Kreuz, die Fußkette und das Medaillon mit seinem Rosenkranz, den er zu einem perfekten Kreis formte. Dann blickte er zufrieden auf die Uhr, wartete exakt fünfundvierzig Sekunden und drückte eine Taste des Radios. Und dann war sie bei ihm. Über den Schrei einer Eule und monotones Knistern hinweg hörte er die verklingende Erkennungsmelodie und ihre Stimme – klar und deutlich, als ob sie

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