Pain - Bitter sollst du buessen
neben ihm stünde.
»Guten Abend, New Orleans, hier ist Dr. Sam und wartet darauf, bei WSLJ eure Anrufe entgegenzunehmen. Wie ihr wisst, haben wir uns mit einer Reihe schwieriger Themen beschäftigt, mit Sünde und Vergeltung. Heute Nacht wollen wir über Vergebung reden …«
Er lächelte innerlich. Vergebung. Sie forderte ihn absichtlich heraus, schaltete sich in sein Spiel ein. Rechnete mit seinem Anruf. Er beschwor ihr Gesicht herauf und dachte daran, dass er sie erst vor wenigen Stunden auf der Straße in der Nähe des Parks gesehen hatte. Sie musste seinen Blick gespürt haben, denn im Dämmerlicht hatte sie ihn direkt angeschaut.
Das Blut rauschte wild in seinen Ohren, verursachte eine Erektion.
»… sagt mir, was ihr denkt, wie Vergebung euer Leben beeinflusst hat oder nicht«, forderte sie mit dieser weichen, lockenden Stimme, der Stimme der Jezabel, einer Verführerin, einer Hure. Erneut brach ihm der Schweiß aus und rann ihm zwischen den Schulterblättern hinab. Er stand auf, schritt rastlos auf und ab und konzentrierte sich auf die Worte – ihre Worte –, die ihn berührten, sein Bewusstsein streichelten, als spräche sie direkt zu ihm. Ausschließlich zu ihm. »Woraus besteht Vergebung, und können wir sie immer gewähren?«
Die Antwort der Anrufer lautete nein. Manche Tat sei zu abscheulich, als dass man sie verzeihen könne, und für solche Taten gebe es nur eins: Vergeltung. Sein Schwanz war plötzlich steinhart und drängte gegen seine Hose. Er musste sich Erleichterung verschaffen. Während er sich selbst befriedigte, stellte er sich ihre Hände vor, ihren Mund, ihre Zunge.
Dr. Sams Stimme war nun weiter entfernt, gedämpft vom Knistern des Radios und vom Surren in seinem Kopf. Bald, ach, sehr bald schon, würde Samantha Leeds begreifen.
Was Vergeltung und Sühne bedeuteten.
Sie würde bezahlen.
Für ihre Sünden.
All ihre Sünden.
Er würde sie dazu zwingen.
Warte nur, Frau Doktor. Deine Zeit ist nahe. Dann wirst du um Vergebung betteln,
dachte er und streichelte sich.
Dann werde ich dich flehen hören.
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9 . Kapitel
M ir gefällt das nicht, Sam«, sagte William Matheson in den Hörer. Die Telefonverbindung war gut, und Sams Vater hörte sich an, als befände er sich im Nebenzimmer und nicht über tausend Meilen weit entfernt. »Mir gefällt das überhaupt nicht.«
»Mir auch nicht«, gab Sam zu und klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter, während sie ihre Turnschuhe schnürte. »Aber das gehört nun mal zum Geschäft.«
»Dann gib deinen Job auf. Eröffne eine Praxis. Dieser Radiokram ist doch Unsinn! Damit hilfst du niemandem, und außerdem bringst du dich in Gefahr.«
»Ich hätte es dir nicht sagen sollen«, entgegnete sie, richtete sich auf und strich sich das Haar aus den Augen.
»Ich hätte es so oder so erfahren.«
»Ich weiß. Deshalb hielt ich es ja für besser, offen mit dir zu reden.«
Er seufzte, und sie spürte seine Ratlosigkeit. Das Leben war nicht so verlaufen, wie ihr Vater es geplant hatte. Weder für ihn, noch für seine Frau und seine Kinder.
»Ich will einfach nicht, dass du noch einmal so etwas durchmachst wie diese scheußliche Sache in Houston.«
»Werde ich nicht«, versicherte sie, doch tief im Inneren wurde ihr kalt.
»Ich muss dich nicht daran erinnern, dass damals alles mit einem Anruf bei deinem Sender begann.«
»Nein, Dad, nicht nötig. Ich entsinne mich noch sehr deutlich an alles.«
Als wäre es erst gestern gewesen,
fügte sie im Stillen hinzu und ging vom Wohnzimmer in die Küche. Als sie an den weinerlichen, angstvollen Anruf des verzweifelten Mädchens dachte, breitete sich eine Gänsehaut auf ihren Armen aus.
»Gut, vergiss es nicht, ja? Ich mache mir wirklich Sorgen.«
»Das weiß ich. Genug Sorgen für uns beide … vielleicht sogar genug für eine kleine Stadt. Beim Sender sind alle gewarnt, und ich habe mit der Polizei gesprochen. Ich vermute, dass der Anrufer genug hat. Er hatte seinen perversen Spaß, und jetzt quält er vielleicht kleine Tiere oder erschreckt Kinder im Park.«
»Das ist nicht witzig.«
»Ich weiß, ich weiß«, lenkte Sam ein. »Ich wollte nur die Stimmung ein wenig auflockern.«
Ihr Vater zögerte. »Du hast wohl auch nichts von Peter gehört.«
Sam schloss die Augen. Zählte innerlich bis zehn. Jedes Mal. Jedes Mal fragte ihr Dad nach ihrem Bruder. »Natürlich nicht.«
»Das habe ich auch nicht erwartet.«
Aber immer wieder fragst du. Nach zehn Jahren noch immer.
»Wenn man erst
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