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Pain - Bitter sollst du buessen

Pain - Bitter sollst du buessen

Titel: Pain - Bitter sollst du buessen Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht zufrieden. Langsam ging er durch die Küche und das Esszimmer, von Charon, der auf einem der Stühle hockte, mit großen Augen argwöhnisch beobachtet.
    »Alles ist gut«, flüsterte Sam kaum hörbar in Charons Richtung.
    Gefolgt von Samantha, durchsuchte Ty Zimmer für Zimmer das ganze Haus. Er machte sich nicht die Mühe, sie um Erlaubnis zu fragen, und öffnete ungeniert Schränke und Abstellkammern und sogar die verschlossene Tapetentür unter der Treppe. Dann stieg er, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe zum ersten Stock hinauf. Ohne ein Wort betrat er das Gästezimmer mit den Spitzengardinen, dem Schlafsofa und der antiken Kommode und marschierte durch das Bad hinüber in Sams Schlafzimmer.
    Sie folgte ihm und fühlte sich unbehaglich und ausgeliefert. Nackt. Sämtliche privaten Winkel ihres Lebens waren nun entblößt. Tys Blick wanderte über ihr extrabreites Himmelbett hinweg, dann trat er in den begehbaren Schrank, in dem ihre Kleider, Schuhe und Handtaschen wirr durcheinander lagen.
    Sekunden später tauchte er wieder auf. Sam lehnte an ihrem Wäscheschrank. »Zufrieden?«, fragte sie. »Kein schwarzer Mann?«
    »Bisher nicht.« Er prüfte das Schloss der Fenstertüren vor ihrem Balkon, rüttelte an der Klinke und gab ein leises Brummen von sich, wie zum Zeichen, dass er sich endlich restlos von der Sicherheit ihres Hauses überzeugt hatte. »Okay … Ich schätze, hier ist alles klar.«
    »Schön.« Sie reckte sich und ging zur Tür, doch Ty machte keine Anstalten, ihr zu folgen.
    »Erzähl mir doch mal von Annie Seger«, bat er und lehnte sich an einen der Bettpfosten. »Ich weiß, du bist müde, aber es würde mir helfen zu wissen, warum dir jemand die Schuld an ihrem Tod gibt.«
    »Das ist eine gute Frage.« Sam fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und überlegte kurz. »Ich kann dir darauf im Grunde gar keine Antwort geben, denn ich verstehe es selbst nicht.« Sie ließ sich in dem Schaukelstuhl neben den Fenstertüren nieder und legte sich die verblichene Decke, die ihre Urgroßmutter vor Jahrzehnten gestrickt hatte, um die Schultern. Ty war sehr freundlich zu ihr gewesen, interessiert. Sie konnte zumindest versuchen, es ihm zu erklären. »Ich habe damals eine ähnliche Sendung moderiert wie jetzt, nur bei einem kleineren Sender. Ich hatte erst kurz zuvor meinen Collegeabschluss gemacht und mich von meinem Mann getrennt, also war ich zum ersten Mal im Leben auf mich selbst gestellt. Die Sendung war ziemlich erfolgreich, und Jeremy, mein Nochmann, hatte genau damit ein Problem. Er war der Meinung, der Erfolg würde mir zu Kopf steigen, dabei suchte er praktisch nur nach einem Grund, sich scheiden zu lassen. In Wirklichkeit steckte etwas anderes dahinter … Wie auch immer, alles lief so ziemlich wie am Schnürchen.« Sie erinnerte sich, wie sie sich Tag für Tag bemüht hatte, die Gedanken an Jeremy und die Scheidung zu verdrängen, sich vor Augen zu halten, dass sie nicht versagt hatte, sondern dass ihre Ehe von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen war. Sie hatte sich in ihre Arbeit vergraben, den Anrufern zugehört und versucht, anderen auf die Sprünge zu helfen – was sie bei sich selbst nicht geschafft hatte.
    »Eines Nachts rief dieses Mädchen an, Annie, und sagte, sie brauche meinen Rat.« Samantha dachte an das anfängliche Zögern des Mädchens, wie verlegen sie gewirkt hatte, wie verängstigt. Sie zog die Decke fester um sich und fuhr fort: »Annie hatte Angst. Sie hatte gerade erfahren, dass sie schwanger war, und konnte sich damit nicht an ihre Eltern wenden, weil die durchdrehen würden – sie vielleicht rauswerfen würden oder so. Ich hatte den Eindruck, dass sie sehr streng und religiös waren und dass eine schwangere unverheiratete Tochter für sie ein gesellschaftliches Desaster wäre. Ich schlug ihr vor, die Vertrauenslehrerin in ihrer Schule oder den Pastor einzuweihen, jemanden, der ihr vielleicht helfen und in ihrer Entscheidung unterstützen könnte, jemanden, dem sie vertraute.«
    »Aber das hat sie nicht getan?«, fragte Ty, noch immer am Bettpfosten lehnend.
    »Ich fürchte, sie konnte nicht. Ein paar Nächte darauf rief sie wieder an. Verängstigter als zuvor. Sie hatte ihrem Freund endlich gesagt, dass sie schwanger war, und er wollte, dass sie abtreiben ließ, doch das wollte sie nicht; es kam für sie aus persönlichen und aus religiösen Gründen überhaupt nicht infrage. Ich riet ihr, nichts gegen ihre eigene Überzeugung zu tun; es gehe

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