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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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ihm alles klar geworden. Der Hass, der Schmerz, die Energie, die trotz eines Lebens, das alles getan hatte, um ihn zu schinden, seinem jungen Körper noch innewohnte. Er hatte gewusst, dass die Zeit gekommen war und dass er handeln musste.
    Seine Brüder warteten auf das Zeichen.

    Er hatte viele Ideen gehabt, aber sie waren leider alle kaum umzusetzen gewesen. Aber er hatte eine Schwester. Zumindest hieß es, sie sei seine Schwester, aber das Einzige, was sie sicher wissen konnten, war, dass sie ihre Kindheit gemeinsam im Bergwerk verbracht hatten. Er hatte also eine »Schwester«, die, weil sie schön war und weitaus dunklere Haare als der Durchschnitt hatte, in den Palast geschickt worden war, um dort zu dienen. Mit ihrer Hilfe und der eines Komplizen, der bei der Lebensmittelversorgung des Bergwerks arbeitete und das Vertrauen seiner Herren genoss, hatten sie ihre Mission vorbereitet.
    Sie würden den König und die Königin von Harabec töten … sie auf schändliche, langsame Weise töten, den Palast in Brand stecken, die Leichen vor den versammelten Adligen in den Hof werfen und schreien. Schreien, dass dies der erste Schritt der Revolte sei, schreien, dass dies das Zeichen sei und dass die Sklaven aller Königreiche sich vereinigen und kämpfen sollten - dass sie ihre Ketten in einem Flammenmeer sprengen sollten, das den ganzen Kontinent verschlingen würde.
    Die Tür des Schlafgemachs öffnete sich, und die drei Männer schlichen über das mit Einlegearbeiten verzierte Parkett. Das lackierte Holz fühlte sich unter ihren Füßen geschmeidig an und duftete leicht. Das Zimmer war ins sanfte Licht der Kerzen getaucht, die in vergoldeten Holzleuchtern standen. An den Wänden befand sich das Wahrzeichen des Königshauses von Harabec, die Initiale des ersten Königs verschlungen mit dem geschmückten »A«, das für den Gott Arrethas stand, den Ahnherrn der Dynastie.
    Der Sklave warf einen Blick auf das Zeichen des Gottes. Heute Nacht würde Arrethas seine Nachfahren nicht
schützen. Nicht vor scharfen Klingen und der Wut, die ihm die Kehle zuschnürte.
    Ein tiefroter Vorhang verbarg den Alkoven, in dem das Bett stand. Der Sklave bedeutete seinen Gefährten, sich zu verteilen, und baute sich selbst zur Linken auf. Langsame, regelmäßige Atemzüge erklangen hinter dem dicken Stoff.
    Er hob die Hand, riss den Vorhang auf …
    Und alles ging sehr schnell.
    Eines ergab sich aus dem anderen, als wollte das Schicksal nach so vielen Vorbereitungen die Geschichte hastig zu Ende führen. Der Sklave sah, wie eine junge Frau die Augen aufschlug. Sie war halb nackt und recht schön. Langes, braunes Haar fiel ihr offen über die Brust und den Rücken. Als sie den ersten Mann näher kommen sah, stieß sie einen Schreckensschrei aus, packte eine Vase, die am Fuß des Bettes stand, und schlug zu, um sich so gut wie möglich zu verteidigen. Aber der Sklave, den Jahre schwerster Bergwerksarbeit abgehärtet hatten, ließ sich nicht von einer Frau beeindrucken, die ein faules Luxusleben führte. Er versetzte ihr einen Fausthieb ins Gesicht, so dass ihre Lippe aufplatzte und sie hintenüber aufs Bett stürzte. Die Bank, die vor ihrem Lager stand, fiel polternd um, ein Kerzenleuchter rollte in die Vorhänge, die daraufhin Feuer fingen. Der Sklave lächelte, als die Flammen am Stoff leckten, und sah in seinem Herzen wie auf den Stickereien die Flammen weiter und weiter auflodern, wie eine Feuerwand, die Harabec entzünden und auf die übrigen Königreiche übergreifen würde, um die Welt mit einer Welle aus Blut und Licht zu überschwemmen und so zum Zeichen für die Befreiung der Seinen zu werden …
    Und da erwachte der König von Harabec.
    Er sprang mit tödlicher Grazie aus dem Bett - es war
eine eiskalte, grausame Anmut, die aus Jahren der Tanzstunden, der Fechtübungen und des Reitens geboren und in unzähligen Duellen und auf langen Feldzügen zur Vollendung gelangt war. Plötzlich hielt der König eine Klinge in der Hand, und bevor der aufständische Sklave etwas tun konnte, brach sein Gefährte zusammen. Eine unmerkliche rote Linie zeichnete sich auf seiner Kehle ab. Er wälzte sich auf dem Boden und erstickte an dem Blut, das ihm in die Lunge strömte, während der König nach einem geschmückten Dolch griff, der über dem Bett befestigt war. Dann sprang er - eine Waffe in jeder Hand - wie eine Raubkatze auf das Bett.
    Der Sklave hob verzweifelt sein Messer, um es der jungen Königin ins Herz zu rammen, um wenigstens einen

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