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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Lasst uns die Stollen besichtigen.«
    »Wen nennt Ihr ›die Kriecher‹?«, fragte Vashni hinter ihr.
    »Die Sklaven, die den Stollen zugewiesen sind. Sie graben ausschließlich und verlassen den unteren Teil des Bergwerks nie … Ihr wollt dort hinunter?«, fragte er plötzlich, als ob erst jetzt zu ihm durchgedrungen war, was Marikani gesagt hatte. »Ayashinata, seid Ihr sicher? Das kann gefährlich sein.«
    Was für ein Trottel , dachte Marikani. Der Mann ritt sich selbst immer tiefer hinein, als ob er auch jetzt noch nicht verstanden hätte, was auf dem Spiel stand.
    »Der Hohepriester und ich sind hier, um zu einem
Urteil darüber zu gelangen, ob es eine Verschwörung gegeben hat«, sagte sie mit eisiger Stimme und betonte jedes einzelne Wort. »Wenn es eine Verschwörung gibt, wenn die Mine sich als Unruheherd erweist, dann müssen die Sklaven dezimiert werden … Mehr als zweihundert Eurer besten Sklaven würden dann unter der Folter getötet werden, und fünfzig geköpft, um ein Exempel zu statuieren. Begreift Ihr, was das für Euer Bergwerk bedeutet? Begreift Ihr, was das für Euch bedeutet?«
    Der Mann zögerte; dann war ein Aufblitzen in seinen Augen zu sehen, das rasch einem furchtsamen Schimmer wich. Als freier Mann würde er nicht mit den Sklaven gefoltert werden, aber wenn das Bergwerk bankrott ging und er dafür verantwortlich gemacht wurde, würde er seinen Posten, sein Vermögen und vielleicht sogar sein Leben verlieren. Der erzürnte Loniros würde ihn als Komplizen hinrichten lassen können.
    Die Mas’tir ihrerseits hatten ebenfalls verstanden; Marikani sah Entsetzen in ihren Pupillen aufscheinen.
    Feris wandte sich zum Hohepriester um und begann dann zu sprechen, während seine Augen zwischen Marikani und dem Gesegneten des Arrethas hin und her irrten. »Mit ›gefährlich‹ meine ich das Bergwerk selbst«, erklärte er in abgehacktem Ton. »Die Brücken sind nicht sehr stabil, und es kann jederzeit zu einem Erdrutsch kommen. Aber die Kriecher … Die Kriecher sind unter Kontrolle, nicht wahr, Lhi?«
    Lhi bedeutete im Dialekt des Südens so viel wie »zwei«. Wie viele Herren weigerte sich Feris offenbar, seinen Sklaven Namen zu geben. Diejenigen, die in den Minen arbeiteten, waren die »Kriecher« und die Mas’tir hatten nur ein Recht auf eine Nummer.

    Lhi war alles andere als ein Dummkopf. Die Panik zeichnete sich deutlich auf seinem Gesicht ab, als er stammelte: »Unter … Kontrolle. Alles ist unter Kontrolle. Die, die den Palast angegriffen haben, waren Verrückte - Verrückte! -, und die anderen waren nicht ihre Komplizen …«
    Dieser Mann ist schon tot , begriff Marikani. Wenn das göttliche Urteil erst gefällt war, würden die Mas’tir als Erste unter der Folter sterben.
    Sie sprach mit Toten. Sie ging neben Toten.
    Wenn es denn eine Verschwörung gab.
    Der Hohepriester trat einen Schritt vor und legte die Hand auf sein goldenes Hoheitszeichen. »Von diesem Augenblick an bin ich kein bloßer Besucher mehr, sondern der Repräsentant der Götter«, sagte er in feierlichem Ton, und Marikani bemerkte, wie Feris und die Sklaven einen Schritt zurückwichen. »Um-Akr sieht durch meine Augen. Um-Akr lauscht mit meinen Sinnen, und das, was ich sehen werde, wird die Grundlage meines Urteils bilden. Wenn ich diesen Ort verlasse, werden die Götter auf Leben oder Tod entschieden haben.«
    Schweigen senkte sich über das Bergwerk, und sogar Vashni hielt den Mund. Von der Entscheidung des Hohepriesters war das Schicksal Hunderter von Menschen abhängig. Über die Gesichter der Mas’tir huschte ein Widerschein von Feuer, der vielleicht von den Flammen ausging, die auf den Stegen brannten - oder aber von der flüchtigen Vision des langsamen Todeskampfes, der ihrer harrte. Dann würde das Licht glühender Kohlen sich in Folterwerkzeugen spiegeln, dann würde man ihnen die Haut Stück für Stück abziehen, denn so würden es die Götter beschlossen haben …
    »Gnade«, flüsterte ein Mas’tir; er hauchte es so leise,
dass es fast unhörbar war und Marikani es vielleicht auch nur geträumt haben mochte.
    Aber der Hohepriester hatte es ebenfalls gehört, denn als er auf die Tunnel zuzugehen begann, lag - wenn Um-Akr wirklich durch ihn sah - unendlicher Schmerz in den Augen des Gottes.
    Sie stiegen zu einem der vier Nebengräben hinab. Um ihn zu erreichen, musste man sich in die Tunnel begeben, die ins Herz des Berges getrieben waren, wo die kostbaren Mineralien abgebaut wurden, die dann in den

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