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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Mögliche langsam durch die Schatten schleichen mochte.
    »Habt Ihr etwas von Ayashi Harrakin und seinem Gefolge gehört?«, fragte sie den Offizier. »Er sollte heute Abend zu uns stoßen.«
    »Nichts, Ayashinata. Aber ich glaube nicht, dass er den Zeitpunkt so genau wird einhalten können. Bei solch einer langen Strecke solltet Ihr Euch bei ein oder zwei Tagen Verspätung noch keine Sorgen machen …«
    Ein neuerlicher Schauer durchlief Marikani, und diesmal fiel er ihr besonders auf.

    Ayashinata Marikani glaubte nicht an das Göttliche, auch nicht an Vorzeichen - aber sie glaubte an ihre Intuition. Azarîn, ihr Hauslehrer, der schon vor vielen Jahren gestorben war und dessen tiefe Stimme sie noch immer so hörte, wie sie im Blauen Zimmer des Sommerpalasts geklungen hatte, in dem sie aufgewachsen war, hatte ihr erklärt, dass Intuition ein natürlicher Vorgang sei, eine Logik, die sich so kleiner Indizien bediente, dass der Verstand sich nicht daran erinnerte, sie bemerkt zu haben, während die Seele sie trotz allem analysierte.
    Was hatte sie heute Abend bemerkt? Sie wusste es nicht. Das orangefarbene Leuchten, den kalten Wind?
    »Schickt Harrakin eine Botschaft, um ihn zu bitten, sich zu beeilen. Sagt ihm … sagt ihm, dass ich mit einem Angriff rechne.«
    Der Offizier starrte sie mit großen Augen an, und Marikani spürte sein Zögern, vielleicht sogar einen gewissen Unwillen. Eine Welle des Zorns überkam sie, und indem sie ihn einfach stehen ließ, ging sie zu den Soldaten hinüber.
    »Kommt mit«, sagte sie zum Erstbesten. »Ich werde Euch eine Botschaft übergeben, die Ihr zu Ayashi Harrakin bringen sollt.«
    Der Mann nahm stolz Haltung an und folgte Marikani bis zu dem Maultier, das ihr persönliches Gepäck trug. Sie zog ein Blatt Papier und eine Feder aus einem Beutel und schrieb mit dem Sattel als Unterlage einige Sätze, rollte den Brief dann zusammen, drückte ihr Siegel darauf und reichte ihn dem Soldaten.
    »Er dürfte nicht sehr weit von hier entfernt sein. Ihr werdet vielleicht binnen weniger Stunden auf ihn stoßen …«

    Der Soldat verneigte sich und richtete sich dann wieder auf. »Daran zweifle ich nicht, Ayashinata. Ich würde mich freuen, ihn zu sehen. Mein Cousin ist in seiner Eskorte.«
    »Hervorragend«, sagte Marikani lächelnd. »Beeilt Euch, Soldat.«
    Er entfernte sich, und sie bedauerte beinahe ihren unbedachten Impuls. Die Sorgen, die ihren Verstand in Aufregung versetzt hatten, waren verflogen, wenn es sie denn je gegeben hatte. Sie empfand nichts Konkretes, nur eine vage Unruhe.
    Der Soldat stieg unter dem fragenden Blick des Offiziers, dem Marikani ihre Aufregung anvertraut hatte, aufs Pferd und verschwand in der Nacht.
    Marikani ging zu Lionor und den anderen Hofdamen hinüber. Es war mittlerweile wirklich kalt, und der Wind zerrte an ihrem Umhang. Nach einigen Schritten überlegte sie es sich anders und machte sich langsam auf den Weg zu ihrer Sänfte.
    Die Sklaven hatten die rote Seide davon abgenommen, um ihr Zelt aufzuschlagen. Marikani vermied es gewöhnlich, sich von Sklaven bedienen zu lassen; die meisten Dienstboten im Palast waren der Tradition des Landes entsprechend Freie, die Lohn erhielten. Oft waren es Kinder aus Händler- und sonstigen Bürgerfamilien, die in den zwei oder drei Jahren, die sie bei Hofe verbrachten, wichtige Beziehungen knüpften, bevor sie ins Geschäft ihrer Eltern einstiegen. Banh, Marikanis Ratgeber, hatte ihr einmal gesagt, es sei wirtschaftlich günstiger, sie durch Mitglieder des Türkisvolks zu ersetzen, aber Marikani hatte abgelehnt. Sie hatte argumentiert, dass die Ersparnis sehr gering gewesen wäre, wenn man den Kaufpreis der Sklaven, ihre Ernährung, ihren sonstigen Unterhalt
und Krankheitskosten, die man aufbringen musste, um die Investition nicht zu verlieren, mit einrechnete.
    Das stimmte nicht - und das wusste sie. Aber Banh, der ihr wie Harrakin gelegentlich ihre Launen nachsah, hatte nicht widersprochen.
    Doch diesmal hatte die »Logik« sich durchgesetzt. Man reiste in einer Karawane nicht ohne Sklaven. Es gab zu viele schwere Arbeiten, die für freie Diener zu anstrengend gewesen wären.
    Die Feuer prasselten in der Nacht. Die Stimmen der Frauen aus dem Gefolge erklangen in der klaren Luft: heiteres Geplauder, unterdrücktes Gelächter. Vashni unterhielt sich mit einem Offizier. Das Abendessen war verspeist, der Wein getrunken, und die Diener bereiteten gerade einen Tee aus Minze, Gewürzen und Honig zu. Der Geruch, der in die

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