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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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widerliches, fürchterliches Entsetzen, über dessen Ursprung sie nichts wusste, das aber alles bis hin zu ihrem Verhalten änderte.

    Ein Schatten spukte durch ihre Träume, eine maskierte, schwarze Gestalt. Der Schatten färbte ihr Lachen, ihre Träume, und regte sich in den unerwartetsten Momenten in ihrem Verstand: auf Festen, bei Konzerten, wenn sie zu Pferde mit ihrem Gefolge unterwegs war, wenn sie den Sonnenaufgang über der Landschaft von Harabec beobachtete, dessen Schönheit sie einst so zu schätzen gewusst hatte.
    Der Schatten wollte sie bei lebendigem Leib verschlingen. Nur Marikanis Willenskraft, ihre Lebenslust und ihre natürliche Neigung, glücklich zu sein, erlaubten es ihr, ihn in Schach zu halten.
    Aber sie durfte nicht allein sein. Wenn sie ohne Gesellschaft war und nur ihre Gedanken zu Gefährten hatte, gewann der Schatten an Boden.
    Und alle Sonne über den südlichen Wüsten konnte ihn nicht verscheuchen.
     
    Die Abenddämmerung senkte sich über den Sand, als die Karawane in der Oase haltmachte. Mit dem Abend kam die Kälte. Am späten Nachmittag hatte die Straße begonnen, anzusteigen, und sie befanden sich nun auf einer niedrigen Hochebene. Eine Quelle sprudelte zwischen zwei trockenen Bodenfalten hervor und speiste einen lang gezogenen Teich, der einige Schritte weiter unten im Stein versickerte. Dieser Ort, an dem einige verkrümmte Bäume und anspruchslose Sträucher wuchsen, wurde im Osten von einer kleinen Klippe beschirmt. Es gab angenehmere Landschaften, aber wenigstens schützten die Felsen einen hier vor dem Wind.
    Bald malte ein Feuer tanzende rote Schatten, und die Reisenden der Karawane verteilten sich im Lager. Die
Soldaten stellten Wachen auf, die Diener kochten heiße Suppe, die mit Maiskuchen, getrocknetem Fleisch, Dörrobst, Gebäck und Süßwein verzehrt werden sollte - das waren die üblichen Speisen, wenn der Hof unterwegs war. Die etwa dreißig Höflinge - überwiegend Frauen -, die die Königin von Harabec zum Großen Konzil begleiteten, begannen, es sich auf den Felsen bequem zu machen.
    Diener breiteten Teppiche auf dem Boden aus und servierten Marikani und Vashni, die auf ihren Kissen ruhten, heißen Tee. Marikani sah Lionor weiter entfernt mit anderen Frauen unter einer großen Zeltbahn sitzen.
    Sie versuchte, ihren Blick aufzufangen; es gelang ihr nicht.
    Wind kam auf, und Marikani erschauerte, ohne zu wissen warum. Vashni schwieg - und in diesem Moment verabscheute Marikani das Schweigen. Sie stand auf, gähnte und machte einige Schritte auf die Klippe zu.
    In der Nacht blitzte ein orangefarbenes Leuchten auf, so unwirklich und schnell, dass Marikani glaubte, es sich nur eingebildet zu haben. Aber ein Soldat hinter ihr stieß einen leisen Ruf aus und lief zum Befehlshaber der Truppe hinüber.
    Marikani zögerte, ging dann aber ebenfalls auf den Offizier zu. Dieser verneigte sich bis zum Boden, als er sie kommen sah. »Ayashinata, ich stehe Euch zu Diensten.«
    »Hat Euer Mann das orangefarbene Leuchten auf den Felsen gesehen?«, fragte sie ohne Einleitung. »Was denkt Ihr darüber?«
    Der Offizier verneigte sich erneut. »Nun, Ayashinata, es könnte sich um das Feuer einer Gruppe Reisender handeln … Oder um eine Illusion. Es gibt in der Wüste manchmal seltsame Phänomene.«

    Eine neuerliche Windbö ließ Marikani frösteln. Sie wollte etwas einwenden, aber der Offizier ahnte ihren Gedanken voraus: »Natürlich besteht eine gewisse Gefahr. Es könnte sich um ein Signal handeln - das einer Räuberbande zum Beispiel. Die Gegend ist recht unsicher. Aber macht Euch keine Sorgen, Ayashinata. Wir haben vierzig Mann - jemand, der uns angreifen wollte, müsste verrückt sein! Außerdem hat der Rat von Salmyra versichert, dass die Straße sicher sei.«
    Der Offizier hatte natürlich recht. Selbst, wenn es sich um Banditen handelte, würden sie es nicht wagen, sich mit einer königlichen Karawane anzulegen, die so gut bewacht war. Und ich bin die Nachfahrin der Magierkönige von Harabec , dachte Marikani nicht ohne Ironie. In meinen Händen liegt die dunkle Macht der Götter. Unwissende Bar baren würden meine Kräfte fürchten.
    Sie wandte sich wieder der Klippe zu, der Hochebene, die sich bis in die Dunkelheit erstreckte. Weit, sehr weit dort drüben, im Osten, lagen die Berge, und dahinter befand sich die »Zivilisation«, wie Vashni gesagt hätte. Aber dazwischen lagen viele Meilen verlassener Landstriche, Ödnis, düstere Hochebenen, Wälder und Felsen, wo alles

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