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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Schritten zu seinen Gemächern.
    Noch war alles ruhig. Ein Diener polierte sogar noch Statuen mit einem ölgetränkten Lumpen. Der Mann salutierte militärisch vor ihm, und aus einem Reflex heraus antwortete Arekh ihm entsprechend. Erst dann bemerkte er, dass es sich falsch anfühlte. Er fühlte sich nicht mehr wie ein Soldat - er fühlte sich nicht mehr, als ob er im Dienst Salmyras stünde. Und das, obwohl er noch vor einer
Stunde, als er im Vorzimmer auf und ab gelaufen war, nur daran gedacht hatte, sich wieder in den Kampf zu stürzen.
    Was war geschehen? Waren es die leeren Gemächer des Shi-Âr Veryill gewesen? Oder das Wasser? Der Anblick der verzweifelten Familien, der ihn gemahnte, an sein eigenes Überleben zu denken?
    Marikani wird jetzt gefoltert …
    Der Gedanke durchzuckte seinen Verstand wie ein schmerzhafter Blitz, und er verdrängte ihn. Doch war es so? Wollte er nicht länger für eine Stadt kämpfen, in der die Seelenleser jetzt gerade eine Frau hinrichteten? Eine Frau, die er geliebt hatte?
    Ein weiteres Mal scheuchte er den Gedanken fort. Vielleicht würden sie sie ja gar nicht töten … noch nicht. Sie wollten sie sicher nach Reynes bringen, um ihr dort den Prozess zu machen. Der Gedanke erfüllte ihn mit großer Erleichterung - was natürlich absurd war. Welche Rolle spielte es schon, ob sie ein paar Tage gewann, wenn ihr Schicksal doch bereits besiegelt war?
    Seine Gemächer lagen im Dunkeln, und das Wasserbecken war leer. Arekh suchte nach der kleinen Sklavin und sah sie aus dem Schlafzimmer auf sich zukommen.
    »Gut«, sagte er nur. »Gut.«
    Die Kleine wies auf das Becken. »Ich habe leere Schläuche aus dem Vorratshaus geholt und sie mit dem Wasser gefüllt«, erklärte sie. »Dann habe ich sie unter dem Bett versteckt.«
    Arekh starrte sie verblüfft an, und das Kind wurde blass, als hätte es eine Dummheit gemacht.
    »Du hast Wasser?«
    »Aus dem Becken«, antwortete das Kind und zitterte beinahe. »Die Dame hat mir gesagt … Sie hat mir gesagt,
dass ich das Wasser aufheben sollte, weil wir es vielleicht brauchen würden. Also dachte ich … Habe ich etwas falsch gemacht?«
    »Welche Dame?«, fragte Arekh und winkte dann ab; es war gleichgültig. »Nein«, fuhr er mit rauer Stimme fort. »Nein, du hast nichts falsch gemacht.«
    Er legte ihr die Hand auf die Schulter und zog sie dann an sich, ohne Grund, nur um sich darüber zu freuen, dass sie trotz des Irrsinns dort draußen unversehrt und unter seinem Schutz war, trotz der Männer in Grau, die Frauen folterten und mit einem einzigen Wort Tausende von Menschen zum Tode verurteilten.
    Nicht sie , dachte er. Nicht sie.
    Dann legte er sich hin und starrte die Decke an, ohne schlafen zu können. Die Stunden vergingen, und als er wieder aufstand, fand er die Kleine im Innenhof, wo sie im Schneidersitz auf dem Boden saß.
    Gemeinsam sahen sie zu, wie die Sonne aufging.

Kapitel 20
    Der folgende Tag war der heißeste der ganzen Jahreszeit.
    Die Sonne traf die Straßen wie ein Gongschlag. Kurz vor Mittag kam es zu ersten Plünderungen. Banden, die sich nur für ein paar Augenblicke locker verbündeten, bevor sie sich gegenseitig zerfleischten, drangen in die Häuser ein und plünderten sie auf der Suche nach Wasser, Milch und Obst. Sie töteten alle, die sich ihnen in den Weg stellten, und brachten sich dann gegenseitig im Streit um die Beute um, wenn es welche gab. Die zahlreichen Karren waren verschwunden. In der Morgendämmerung waren die Wachen des Südtors in die Wildnis geflohen, um nicht von der Menge in Stücke gerissen zu werden. Aber die meisten Wartenden hatten schon vor Sonnenaufgang begriffen, wie die Dinge standen. Die Familien hatten sich zerstreut. Manche waren, obwohl das ein hoffnungsloses Unterfangen war, ohne Vorräte und Wasser in die Sandwüste aufgebrochen; andere kehrten nach Hause zurück, um - wenn sie schon nicht ihren Durst stillen konnten - zumindest etwas Schatten und Kühle für ihre Kinder zu finden. Die Entschlossensten, Wildesten oder Verzweifeltsten strichen in den Straßen umher, um jemanden zu suchen, der mehr vom Glück begünstigt war als sie und den sie töten und ausplündern konnten.

    Gerüchten zufolge waren etwa fünfzig Sklaven geflohen … vielleicht noch mehr. Sie streiften wie Wölfe durch die Stadt, zu allem bereit, um zu überleben.
    Die letzten Wasserreser ven des Palasts waren den Eskorten der Shi-Âr und der königlichen Gäste zugeteilt worden - nicht etwa der Armee, wie der Sekretär am

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