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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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ergriff Merinas Hand und sah ihr in die Augen. »Ich werde nicht nach Faez kommen, Merina, und ich werde Euch nicht heiraten.« Er sah den Schmerz in ihrem Blick
und hörte, wie ihre Mutter sich räusperte und ihr Vater nach Luft schnappte. »Es tut mir sehr leid. Ich … Die Pflicht ruft«, fügte er hinzu, als ihm bewusst wurde, dass es zu kompliziert gewesen wäre, ihnen zu erklären, was in ihm vorging.
    Außerdem wusste er das selbst nicht so recht. Er war nur überzeugt, dass er mehr Frieden im Herzen und größere Sicherheit im Geist benötigt hätte, um mit der zärtlichen jungen Frau glücklich zu werden, die vor ihm stand.
    Er wandte sich ihrem Vater zu und wies auf Merina. »Claesen, vergesst niemals, dass Ihr Merina diese beiden Wasserschläuche verdankt - und damit Euer Leben, das Eurer Frau und das Eurer zweiten Tochter. Wenn Ihr also in Faez ankommt« - er hätte beinahe falls Ihr dort ankommt gesagt, hielt sich aber gerade noch zurück -, »dann denkt daran, bevor Ihr einen Ehemann für sie aussucht.«
    Er drehte sich zu der kleinen Sklavin um, die beinahe genauso enttäuscht dreinblickte wie Merina, bedeutete ihr, ihm zu folgen, und ging, ohne sich noch einmal umzusehen.
     
    Die Gänge und Vorzimmer des Palasts lagen verlassen da. Arekh stieß in einem Korridor, den er entlangging, auf zwei Leichen mit durchschnittenen Kehlen. Warum? Nicht, um das Blut zu trinken, auch wenn entsprechende Gerüchte umliefen; das Blut dieser Menschen war auf dem Teppich getrocknet. In der Küche wurde gekämpft … vielleicht um Saft oder Milch. Der kürzeste Weg in den Ratssaal hätte durch die Küche geführt, aber Arekh entschloss sich, einen schnellen Umweg zu machen. Er rannte durch die Frauengemächer, ohne recht zu wissen, was er vorhatte oder was ihn antrieb - er wusste nur, dass er handeln musste, bevor
er nachdenken konnte, und dass er im rechten Augenblick schon wissen würde, was er wollte. Er hatte das Kind in seine Gemächer zurückgeschickt. Kein Ort in Salmyra war mehr sicher; die Leichen der Mitglieder des Türkisvolks türmten sich in den Straßen, und zwar nicht nur die der entflohenen Sklaven: Kinder und Frauen, viele von ihnen in Marikanis Alter, manche mit gefesselten Händen. Warum? Aus Rache? Um den Göttern zu gefallen? Damit sie nicht irgendwo Wasser trinken konnten, von dem nur sie wussten? Weil man alles verloren hatte, so dass jemandem das Leben zu nehmen der einzige Weg war, sich nicht ohnmächtig zu fühlen?
    Der Palast war beinahe verlassen. Ein Röcheln drang aus einem Empfangszimmer hervor, aber Arekh blieb auch diesmal nicht stehen. Tausende von Menschen starben in diesem Moment, und er konnte nicht … Er konnte nicht … Er fuhr sich mit der Hand über den Kopf, als ihm aufging, wie wirr seine Gedanken waren. So sehr er auf seiner Flucht aus Sarsan seine Gedanken und Gefühle unter Kontrolle gehabt hatte, so sehr überwältigten sie ihn nun und machten ihn - wie er wusste - weitaus weniger verlässlich. Das senkte seine Überlebenschancen. Wenn einem alles gleichgültig war, wenn man sich über das Schicksal keines anderen Gedanken machte, wenn man nur sein eigenes Leben zu verlieren hatte, dann war weit klarer, wie man vorzugehen hatte …
    Er überquerte einen Gang und betrat eine neue Welt. Plötzlich lebte der Palast wieder: Er war voller panischer Sekretäre, verängstigter Diener, die dennoch etwas taten, Satteltaschen mit Dokumenten füllten, Nippsachen in Truhen häuften. Angesichts der Lage draußen wirkte dieses Schauspiel unwirklich, und Arekh blieb einen Moment
lang stehen, um zuzusehen, wie ein Sekretär sorgfältig ein Pergament zusammenlegte, auf dem das Siegel der Kaufmannsgilde des Emirats prangte.
    »Wo ist Shi-Âr Ranati?«, fragte er.
    Der Sekretär starrte ihn einen Augenblick mit aufgerissenem Mund an, bevor er antwortete. »Shi-Âr Ranati ist …« Er räusperte sich, und Arekh begriff, dass seine Stimme vor Durst so heiser war. »Er hat die Stadt heute Morgen verlassen.«
    »Was macht Ihr dann noch hier?«, fragte Arekh, während der Sekretär ihn mit beinahe gebrochenen Augen immer noch anstarrte. »Es könnten jeden Moment Plünderer in den Palast eindringen.«
    »Ich muss die Papiere ordnen«, sagte der Mann; Wahnsinn leuchtete aus seinen Augen. »Shi-Âr Barbas’ Papiere.«
    Arekh durchquerte das Zimmer mit großen Schritten, ging durch einen Korridor und erreichte den Ratssaal. Er rechnete damit, ihn verlassen vorzufinden, und war überrascht, dass

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