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Pakt des Bosen

Titel: Pakt des Bosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerling V S
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sprechen.
    Mit ernster Miene stand der Kanzler auf und verließ die Regierungsbank in Richtung Rednerpult. Wie immer hatte er keinen vorformulierten Text dabei. Den roten Faden hatte er im Kopf. Der Rest würde sich ergeben. Er trat an das Mikrofon und sah lange in die Gesichter der Anwesenden, bevor er begann.
    â€žWie alle meine Vorgänger, so habe auch ich einen Eid geschworen. Einen Eid, die Verfassung und die Bürger der Bundesrepublik Deutschland zu schützen. Vor nicht einmal fünfzehn Monaten waren beide, die Verfassung und die Bürger dieses Landes, in großer Gefahr.“ Er machte eine Pause und sah in die Runde. Dann fuhr er mit leiser Stimme fort.
    â€žAls Kanzler der Bundesrepublik Deutschland muss man willens und fähig sein, Entscheidungen zu treffen. Dies gilt insbesondere in Krisensituationen. Wir waren in einer solchen Krisensituation und ich musste Entscheidungen treffen. Entscheidungen, die, wenn sie falsch gewesen wären, schwerste Konsequenzen für unser Land bedeutet hätten. Einige sind mir schwer gefallen.“
    Wieder machte er eine kurze Pause. Dann erhob Gerling die Stimme. „Die Entscheidung jedoch, Kinder aus den Händen von Verbrechern befreien zu lassen, diese Entscheidung fiel mir nicht schwer!“ Tosender Beifall setzte ein. Gerling bemerkte, dass sogar vereinzelte Mitglieder der Opposition applaudierten. „Viele von Ihnen glauben vielleicht, dass es mir gefällt, Kanzler zu sein. Sie irren sich. Kanzler zu sein kann nur jemandem gefallen, der machtbesessen ist. Was ist schön daran, kein Privatleben mehr zu haben? Was ist schön daran, ständig von Leibwächtern umgeben sein zu müssen? Der einzige Grund, warum ich Kanzler bin, ist der, dass ich dieses Land liebe und davon überzeugt bin, dass es schlechter dasteht, als es müsste. Dies will ich ändern. Deswegen fiel es mir auch nicht schwer, Entscheidungen zu treffen, die meine Kanzlerschaft beenden könnten. Das war mir egal, weil es wichtiger war, die richtigen Entscheidungen zu treffen, als zu überlegen, ob diese mir vielleicht schaden würden. Jetzt wollen mich einige aus dem Amt entfernen, weil ich Methoden zugelassen habe, die mit dem Gesetz nicht vereinbar sind. Ich frage Sie: Was ist das für ein Gesetz, das es uns verbietet, alles zu tun, um das Leben von unschuldigen Kindern zu retten?“
    Erneut setzte tosender Beifall ein. Diesmal applaudierten deutlich mehr. Gerling nahm einen Schluck Wasser und sah in die Runde. Es lag eine eigenartige Spannung in der Luft. „Martin von Sengen ist einer meiner besten Freunde und ich vertraue ihm blind. Er hatte von mir die eindeutige Anweisung, alles zu tun, um den Aufenthaltsort der Kinder in Erfahrung zu bringen. Alles, was Herr von Sengen tat, fand und findet meine uneingeschränkte Zustimmung. Oberste Priorität hatte die Sicherheit der Kinder.“ Wieder erhob der Kanzler die Stimme. „Die persönlichen Grundrechte der Entführer waren in dem Moment verwirkt, als sie die Kinder für ihre schändlichen Motive missbrauchten! Dazu stehe ich noch heute!“ Der nun folgende Applaus dauerte drei Minuten.
    â€žIch übernehme die volle politische und persönliche Verantwortung für das, was geschehen ist. Und ich sage Ihnen allen: Würde ich heute vor der gleichen Entscheidung stehen, ich würde genau so handeln wie damals.“ Gerling hob eine Hand und streckte zwei Finger in die Höhe. „Zwei Dinge darf man in Deutschland auf keinen Fall tun. Wenn man sie tut, trifft einen die ganze Härte des Gesetzes. Man darf nicht gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen und man darf keine Steuern hinterziehen. Für alle anderen Delikte gilt: Fester Wohnsitz und nicht vorbestraft und alles ist halb so schlimm. Im Übrigen gilt: Nicht gegen die Grundrechte der Verbrecher verstoßen, unabhängig davon, wie schlimm das Verbrechen war. Das kann nicht sein. Wir mussten zu anderen Mitteln greifen, um die Kinder zu retten und vor weiterem Missbrauch zu schützen. Sollte ich deswegen mein Amt verlieren, sage ich Ihnen: Das war es wert!“
Berlin, 01. Juli, 10.15 Uhr
    Werner Rosenthal schüttelte den Kopf und sah Gerling mit ernster Miene an. Kirchner, Huber, und de Fries wirkten bestürzt.
    â€žDu bist nicht gerne Kanzler und gibst es auch noch in aller Öffentlichkeit zu? Du stellst öffentlich unsere Rechtssprechung in Frage? Für viele wird es so

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