Pakt des Bosen
Augen, stellte sie fest, blickten noch genau so klar wie an dem Tag, als sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Es waren seine grün-grauen Augen gewesen, dachte sie, die sie anfänglich am meisten in ihren Bann gezogen hatten. Sie hatten eine Klarheit und Tiefe, in der sie versinken konnte und schon so oft versunken war. Jetzt knuffte sie ihm leicht in die Seite.
âHey, Bundeskanzler. Ich hab dich was gefragtâ, beschwerte sie sich und grinste. Als sie sein ernstes Gesicht sah, wurde ihr Ausdruck wieder ernst.
âWas ist los?â, fragte sie vorsichtig.
Jan fuhr sich mit den Händen durchs Haar und blickte in das Kaminfeuer. âIch hab das Gefühl, die Welt ist vollkommen verrückt gewordenâ, sagte er leise. Katja nahm seine Hand und drückte sie leicht. Jan blickte in ihre Augen. âWas richtig ist, wird bestraft, und was falsch ist, wird toleriertâ, stellte er fest und schüttelte den Kopf.
âDu meinst Martin von Sengen, stimmtâs?â, fragte sie nach.
Jan nickte. âAuch. Martin hat das getan, was richtig war. Er war es, der die Kinder gerettet hat, nicht ich. Und jetzt wird er dafür bestraft. Dann versucht Weber, mich mit Lügen aus dem Amt zu drängen, und kommt mit einem blauen Auge davon.â
Jan beugte sich vor. âDann die Bombenanschläge. Irgendjemand will, dass wir glauben, es wäre die Al-Qaida gewesen. Aber die waren es nicht. Hier läuft etwas, was ich noch nicht annähernd begriffen habe. Aber es ist etwas GroÃes. Etwas sehr Gefährliches.â
âWas meinst du? Warum glaubst du, dass die Anschläge nicht von Al-Qaida begangen wurden?â, wollte Katja wissen. Nachdenklich sah Jan Katja an.
âErinnerst du dich, als ich in den Staaten war und du mich anrufen wolltest? Du sagtest, du hättest da eine merkwürdige Ansage gehörtâ, sagte Jan mit leiser Stimme.
âJa, ich erinnere mich. Ich dachte schon, ich hätte mich verwählt, weil die Sprache so arabisch klangâ, antwortete Katja.
Jan nickte. âArabisch, jaâ, flüsterte er.
âDu warst gar nicht in Amerika, oder?â, fragte Katja ruhig.
âDoch, doch. Zuerst schonâ, meinte Jan immer noch mit leiser Stimme. Katja überlief ein Schauder und sie bekam eine Gänsehaut.
âUnd wo warst du noch?â
âIn Afghanistanâ, gab Jan zu.
Katja sagte nichts. Sie spürte, dass er noch nicht fertig war.
âEs war nach der Demo in Kreuzberg. Ich erhielt einen Anruf. Und eine Art Einladung. Ich sah darin eine Chance, die Wahrheit zu erfahren, also nahm ich die Einladung an.â
âUnd wer hat dich eingeladen?â
âMohamed Al Farag.â
Katja schnappte nach Luft und riss entsetzt die Augen auf.
âDu machst Witze!â, rief sie.
Jan schüttelte den Kopf.
âNein, Liebling. Glaub mir. Ich mache keine Witze.â
âDu hast dich mit einem der meistgesuchten Terroristen der Welt getroffen? Mit dem Mann, der die Anschläge vom 11. September geplant hat?â Erregt sprang Katja auf. âWas tust du?â, rief sie. Dann hockte sie sich vor Jan hin und nahm sein Gesicht in die Hände. âWarum tust du so etwas?â, fragte sie eindringlich. âWarum bringst du dich immer wieder in Gefahr? Niemand erwartet das von dir. Niemand verlangt das von dir!â
Jan ergriff Katjas Hände und drückte sie sanft.
âIch tue das, weil ich der festen Ãberzeugung bin, dass es das einzig richtige ist. Ich habe keine Todessehnsucht und ich verspüre nicht das Verlangen, als Held in die Geschichte einzugehen. Ich tue das, weil ich glaube, dass ich damit noch gröÃeres Unheil verhindern kann. Ich tue das, weil ich es tun muss.â
Jetzt nahm Jan Katjas Gesicht in seine Hände.
âIch liebe und ich brauche dich, Katja. Ich kann und ich will keine Geheimnisse mehr vor dir haben. Seit ich aus den USA zurück bin, hat es mich belastet, dass ich es dir nicht gesagt habe.â
Katjas Augen füllten sich mit Tränen.
âDu bist noch nicht fertig, oder?â, fragte sie mit erstickter Stimme. âDa ist noch mehr, hab ich recht?â Zärtlich wischte Jan die Tränen aus Katjas Gesicht. Dann nickte er.
âJa, da ist noch mehr.â Dann erzählte er ihr alles, was er wusste. Und alles, was er vorhatte. Als er geendet hatte, schwiegen sie für einen kurzen Moment.
âDas kannst du nicht tunâ, hauchte
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