Pakt mit dem Feind
Er hatte nicht vor, lange zu bleiben.
Das gut aussehende Frauenzimmer am Empfang fragte: “Kann ich Ihnen helfen, Sir?”
“Ja. Ich hab ‘ne Reservierung. Der Name ist Petrie. John Petrie”, sagte er und händigte ihr eine gefälschte Kreditkarte und, um sich auszuweisen, einen falschen Führerschein aus.
Die Frau warf kaum einen Blick auf die Papiere. Sie zog die Kreditkarte durch das Gerät, dann gab sie Angelo Karte und Führerschein zurück. Die ganze Zeit über genoss er den Anblick ihres Blusenausschnitts.
“Wie viele Tage wollen Sie bleiben, Sir?”
“Das weiß ich noch nicht. Lassen wir das mal offen. Ich bin hergeflogen, um Weihnachten mit der Familie zu verbringen, aber wenn irgendwas passiert, kann es sein, dass ich schnell wieder los muss. Sie wissen ja, wie das mit den Geschäften so ist.”
“Kein Problem, Mr. Petrie. Hier bitte, Sir”, sagte sie und gab ihm eine Kopie des Anmeldebogens. “Zimmer 206. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?”
“Nein.” Er war schon dabei, sich abzuwenden. Dann gab er vor, sich an etwas zu erinnern. “Hätte ich’s doch beinahe vergessen. Haben Sie irgendwelche Pakete für mich?”
“Einen Moment, Sir. Ich sehe schnell nach.”
Die Frau verschwand in einem Raum hinter der Empfangstheke und erschien kurze Zeit später wieder mit fünf kleinen Päckchen. Das braune Packpapier war an der Ecke des größten Paketes eingerissen und gab den Blick auf fröhliches rotes Weihnachtsgeschenkpapier frei.
“Das tut mir leid”, sagte die Empfangsdame. “Aber ich glaube nicht, dass das Innere beschädigt worden ist.”
“Kein Problem”, sagte Angelo. “Das ist für meine fünfjährige Nichte. Sie zerreißt das ganze Ding sowieso innerhalb von Minuten. Darum habe ich die Geschenke für meine Familie hierher schicken lassen.”
Sie lachte. “Klug von Ihnen. Wenn es noch irgendetwas gibt, was wir für Sie tun können, lassen Sie es uns bitte wissen. Wir wünschen Ihnen einen schönen Aufenthalt.”
Auf dem Weg zum Aufzug warf Angelo einen Blick ins Hotelrestaurant und in die Bar. Es war erst kurz nach sechs, und schon saß eine vollbusige Blondine vor einem Drink. Vielleicht kam er später noch mal wieder und versuchte es bei ihr.
In seinem Zimmer im zweiten Stock schob Angelo den Türriegel vor, sicherte ihn mit der Kette und hängte seinen Kleidersack in den schäbigen Schrank. Dann entfernte er das braune Packpapier von den fünf Paketen und legte die bunten Weihnachtsgeschenke auf das Bett.
Verdammt, er fühlte sich durchgefroren. Auf dem Weg ins Badezimmer zog er sich aus. Dort angekommen, drehte er das heiße Wasser auf.
Zwanzig Minuten später kam er aus dem dampfenden Bad, schlüpfte in einen der hoteleigenen Frotteebademäntel und knotete den Gürtel zu.
Er dachte an die Blondine unten in der Bar. Sie war eine echte Versuchung. Aber jetzt, mit etwas klarerem Kopf, entschied er sich gegen das lockende Abenteuer. Es war besser, wenn ihn möglichst wenig Leute zu Gesicht bekamen. Außerdem konnte er seinen Hunger an seinem Opfer stillen.
Morgen. Wenn das Wetter sich besserte und er ein wenig Glück hatte.
Angelo hob die Speisekarte des Zimmerservice auf und bestellte einen Salat, eine Baked Potato und ein Steak zum Abendessen.
Eine Stunde später hatte Angelo zumindest die eine Art Hunger befriedigt. Er rollte den Essenswagen in den Gang hinaus, hängte ein “Nicht stören”-Schild an die Klinke und verriegelte die Tür erneut.
Während im Fernsehen ein Spielfilm ohne Ton lief, setzte sich Angelo aufs Bett und begann die Pakete auszupacken. Fünf Minuten später hatte er seine Glock zusammengesetzt. Er hielt die ungeladene Pistole auf Armeslänge von sich, zielte aufs Fenster und drückte ab. Das vernehmbare Klicken brachte erneut ein kaltes Lächeln auf seine Lippen. Perfekt.
Angelo lud die Waffe und legte sie unter sein Kopfkissen. Vorsichtig sammelte er jeden Fetzen rotes Geschenkpapier und sämtliche Schleifen ein und verstaute alles unten in seinem Kleidersack. Das braune Packpapier stopfte er in den Mülleimer im Badezimmer. Nachdem er jedes Fenster und das Schloss doppelt gecheckt hatte, machte er den Fernseher und die Lichter aus, zog den Bademantel aus und legte sich nackt aufs Bett.
Er verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Ein paar Sekunden lang genoss er einfach das Gefühl, sich der Länge nach auszustrecken und jeden einzelnen verkrampften Muskel zu entspannen.
Nachdenklich starrte er nach oben. Das Licht, das von
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