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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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klammerte sich an die Steine.
    Ihr kam es vor, als schmelze ein großer, schwarzer Gletscher in ihrem Herzen, ein eisiger Damm, als fiele die Hitze von hundert Sommern in einer Stunde darüber her. Risse bildeten sich, er fiel auseinander. Und in dem meilentiefen und meilenlangen See dahinter kräuselten sich Wellen erwartungsvoll im eisig grünen Wasser, liefen von Ufer zu Ufer und wühlten die Fluten auf, von der Oberfläche bis zu den tiefsten Tiefen. Arhys, im Vorhof habe ich Euch gesegnet. Doch Ihr habt den Segen erwidert. Wir retten uns gegenseitig. Die Götter mögen Zeuge sein, wie wir in diesem Morgengrauen zusammen reiten.
    Ihr fünf mögt Ehrfurcht in uns erwecken. Doch ich denke, auch wir können eure Ehrfurcht erringen.
    »Sieben«, flüsterte sie halblaut.
    Und dann ging irgendwas schief. Ein Zögern, ein Zurückweichen. Zu viele, viel zu viele Seelenfunken umschwärmten nun die graue Flamme. Er ist umzingelt, abgeschnitten. Dutzende, die zuvor vor ihm geflohen sind, stürmen ihm nun entgegen, ermutigt von ihrer Zahl, kühn genug, ihn zu Fall zu bringen.
    In der Mitte Eurer Feinde hat Euer Vater ein Festmahl für Euch bereitet, an einem Tisch, den er schon vor langer Zeit für Euch gedeckt hat. Und jetzt ist es soweit …
    Ein weiterer dumpfer Laut ertönte, und noch einer. Hinter ihr rief Liss mit schriller Stimme: »Herrin, es sind zu viele Wunden! Ihr müsst das beenden!«
    Dy Cabon knurrte angespannt: »Majestät, denkt daran, was Ihr Arhys versprochen habt. Cattilara soll leben …«
    Und ein gewisser dickbäuchiger weißer Gott hat mir Illvin versprochen, falls ich Ihn nicht missverstanden habe. Falls wir beide überleben. Ein gottgesandter Liebhaber, aufdringlich und frech wie ein narbiger Streunerkater, der sich an meiner Wachsamkeit vorbei in mein Herz schmeichelt. Solange ich ihn füttern kann.
    Sie blickte über die Schulter zurück. Illvins Körper zuckte hoch unter der übertragenen Wucht eines massiven Schlages gegen Arhys’ Rücken. Mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck drehte Goram ihn auf den Bauch, um den blutigen Riss zu erreichen. Cattilaras weiße Hand wurde am Gelenk halb abgetrennt, und Liss stürzte hinzu und stoppte das hervorschießende Blut. Jetzt. O ja, jetzt. Ista schloss die Hand um den Strom aus weißem Feuer, der an ihrer Schulter vorüberfloss. Der Zufluss endete abrupt. Heftige Erschütterungen pulsierten von ihrer Hand aus in beide Richtungen. Die violette Umfassung zersplitterte. Das weiße Feuer, seit Tagen der beständige Begleiter in ihrem zweiten Gesicht, erlosch.
    Ein Augenblick der Stille. Dann erscholl aus dem dunklen Hain ein groteskes, mit Hysterie vermischtes, triumphierendes Brüllen von einem halben Hundert Jokonern.
    Der Damm aus Eis zerbarst. Eine Wasserwand ragte auf, neigte sich und brach, schoss voran und brandete gegen die Ufer, drückte Istas Seele weit und noch weiter auf, wusch und spülte die Steine, die Trümmer, den modrigen, verklumpten Unrat einer ganzen Lebensspanne vor sich her, schwemmte alles brodelnd und donnernd vor sich her. Ista breitete weit die Arme aus, öffnete den Mund und ließ es heraus.
    Der graue Faden war unter den heftigen Bränden kaum mehr zu sehen. Er spannte sich zu einem straffen Tau und bewegte sich zurück durch ihre plötzlich geweitete Seele, schneller und schneller, bis er sich unter der raschen Bewegung zu erhitzen schien. Er glich einem überbeanspruchten Seil, das jederzeit verkohlen oder in Flammen ausbrechen konnte. Für einen kurzen Augenblick querte Arhys überraschte, gequälte, ekstatische Seele die ihre.
    Ja. Wir alle, ein jedes lebende Wesen, sind Tore zwischen den Reichen – dem des Stofflichen, in dem wir geboren werden, und dem des Geistes, in das wir alle durch den Tod neu geboren werden. Arhys war von seinem eigenen Tor abgeschnitten und hatte für immer den Weg dorthin verloren. Also oblag es mir, ihm für eine Weile das meine zu leihen. Doch eine so große Seele braucht ein weites Portal. Deshalb reiß meine Tore aus den Angeln, stürze meine Mauern nieder, drücke die Hindernisse meiner Seele beiseite und schaffe dir deinen Weg. Ich gebe dir die Erlaubnis. Und sage dir Lebewohl.
    »Ja«, flüsterte Ista. »Ja.«
    Er blickte nicht zurück. Wenn man bedachte, was er vor sich sah, war Ista nicht im Mindesten überrascht.
    Es ist vollbracht, Herr Wintervater. Ich hoffe, Ihr seid zufrieden.
    Sie hörte keine Stimme und sah keine strahlende Gestalt. Doch ihr kam es so vor, als spürte sie ein

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