Palast der Liebe
Tisch auf. Caren hatte ihn nicht kommen sehen. Derek hatte sie mit seinem draufgängerischen Benehmen so verwirrt, dass sie ihre Umgebung ganz vergessen hatte.
„Nein, vielen Dank..."
„Ja, gern.“
Sie hatten beide zur gleichen Zeit geantwortet. Der Kellner schaute fragend von einem zum anderen, bis Derek die Initiative ergriff. Er bestellte einen Wein, dessen Namen Caren nicht einmal aussprechen konnte. Er musste sehr erlesen und entsprechend teuer sein. Der Ober war sichtlich beeindruckt. Er schnippte mit den Fingern, und sofort eilte ein Jungkellner herbei, um seinen Anweisungen zu folgen.
„Wollen wir uns am Büffet bedienen oder ä la carte essen?“
„Eigentlich reizt mich das frische Obst am Büfett.“
„Okay. Gehen wir ans Büfett.“
Derek erhob sich und hielt ihr die Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Caren bemerkte sehr wohl, dass die Frauen an den Tischen ringsum sie und Derek mit neugierigen Blicken verfolgten. Derek war bei weitem der bestaussehende Mann, dem Caren je begegnet war, und offensichtlich dachten die meisten Frauen ebenso wie sie. Er trug eine helle Hose, dazu ein helles
Seidenhemd und einen zweireihigen dunkelblauen Blazer. In seiner Brusttasche steckte ein rotes Seidentuch. Er trug keine Krawatte, sondern hatte die obersten Hemdknöpfe offen gelassen, so dass ein Stück braune Haut mit dichten, weichen Härchen durchschimmerte. Der Schein des Mondes ließ die hellen Strähnen in seinem dichten braunen Haar golden schimmern.
Es stellte sich heraus, dass Derek und Caren, was das Essen betraf, die gleichen Vorlieben hatten. Beide wählten frische Früchte, Gemüse und mageres Fleisch.
„Machen Sie den Mund auf“, sagte Derek hinter ihr.
Caren drehte sich um. Derek hielt ihr eine tiefrote, glänzende Erdbeere hin. Sie zögerte. Hatte sie schon einmal einem Mann aus der Hand gegessen? Sie konnte sich nicht daran erinnern, mit Winston ähnliche Vertraulichkeiten ausgetauscht zu haben. Winston. Wusste sie überhaupt noch, wie er aussah? Während sie in Dereks markantes Gesicht schaute, verblasste das Bild ihres Ehemannes zu einem bloßen Schatten.
„Bitte“, erwiderte er, und seine Stimme klang genauso rau wie ihre.
Der flackernde Schein der Windlichter malte ein geheimnisvolles Spiel von Licht und Schatten auf ihre Gesichter. Selbstvergessen schauten sie sich an, bis sich der Mann, der hinter ihnen am Büffet stand, diskret räusperte.
Nachdem sie an ihren Tisch zurückgegangen waren und der Weinkellner ihre Gläser gefüllt hatte, prostete Derek ihr zu. „Auf eine unvergessliche Urlaubswoche.“
Sie ließen sich viel Zeit mit dem Essen. Derek gedachte offenbar den ganzen Abend in ihrer Gesellschaft zu verbringen. Mit der ihm eigenen Selbstverständlichkeit schien er davon auszugehen, dass sie sich in seiner Gesellschaft wohl fühlte und keine anderen Pläne für den Abend hatte. Eigentlich hätte sich Caren darüber ärgern sollen. Doch die Energie brachte sie nicht mehr auf.
Der Wein war schwer und stieg ihr sofort zu Kopf. Bald überkam sie eine angenehme Mattigkeit. Sie beobachtete Derek beim Essen, betrachtete seinen Mund und wünschte sich, er würde wieder vom Küssen sprechen.
„Waren Sie schon einmal verheiratet?“ fragte er.
Sie drehte den Stiel ihres Weinglases zwischen den Fingern. „Ja. Bis vor einem Jahr.“
„Scheidung?“
„Ja.“
„War es schlimm?“
„Ja.“ Das Thema war für sie erledigt. Das gab sie ihm mit ihrer knappen Antwort eindeutig zu verstehen.
„Haben Sie Familie?“
„Meinen Sie Kinder?“
Er nickte und sah ihr mit einem unergründlichen Blick fest in die Augen.
„Nein, keine Kinder“, sagte sie wehmütig. „Und keine Familie, außer meiner Schwester Kristin. Sie ist sechzehn, geht noch zur Schule. Wir beide sind ganz allein.“
Es war, als bestünde ein stilles Übereinkommen zwischen ihnen, keine persönlichen Fragen zu stellen. Ihre Unterhaltung berührte nur sehr flüchtig ihr Privatleben. Caren erzählte Derek lediglich, dass sie als Sekretärin arbeitete. Wer ihr Arbeitgeber war und wo sie wohnte, sagte sie ihm nicht.
„Und was machen Sie?“
„Ich bin Farmer.“
Langsam, ohne dabei den Blick von ihm zu wenden, stellte Caren das Weinglas ab. „Farmer?“ wiederholte sie ungläubig.
Er lächelte über ihren verständnislosen Gesichtsausdruck. „Überrascht Sie das?“
„Das ist noch untertrieben. Ich kann es einfach nicht glauben.“
Er beugte sich vor. „Warum nicht?“
„Zugegeben, ich
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