Palast der sinnlichen Traeume
Freiraum geben, Zeit, in der ihre Wunden heilten, damit sie sich nicht mehr fürchtete und vielleicht irgendwann Vertrauen zu ihm fasste.
Mehr, wurde Khaled mit wachsender Traurigkeit bewusst, konnte er ihr nicht schenken.
10. KAPITEL
Lucy empfand große Erleichterung, als sie Dubai verließen. Seit dem Gespräch in der vergangenen Nacht schien das Verhältnis zu Khaled angespannter denn je zu sein. Lustig, dachte sie freudlos, dass Geständnisse eine solche Spannung schaffen können. Sollten sie uns nicht eigentlich näher zusammenbringen?
Was denkst du? Was willst du?
Liebst du mich?
Sosehr ihr die Fragen auch auf der Seele brannten, sie hielt sie zurück und starrte blickleer aus dem Fenster des königlichen Jets. Der gesamte Flug verlief schweigend. Das einzige Geräusch stammte vom Rascheln der Papiere, die Khaled für seine Arbeit brauchte.
Als das Flugzeug in Biryal landete, wurden sie bereits von einer Meute Reporter erwartet. Lucy stöhnte auf. „Wird das immer so sein?“
„Die Aufregung wird sich wieder legen“, erwiderte Khaled mitleidlos. „Sie sind neugierig, weil sie dich noch nicht kennen, und weil ich …“, er zögerte einen Moment, „… ich einige Zeit nicht mehr im Rampenlicht gestanden habe.“
„Und unsere Ehe hat dich wieder auf die Bühne zurückgebracht?“
„Ja.“
Sie blickte zu ihm hinüber, sein Gesicht war immer noch zu jener ausdruckslosen Maske erstarrt, die er seit der vergangenen Nacht trug. „Werden wir jemals ein normales Leben führen können?“ Sie konnte nicht einmal ansatzweise erklären, wie wundervoll „normal“ gerade für sie klang.
„Ich weiß nicht. Es kommt wohl darauf an, was du unter normal verstehst.“
Zurück im Palast trafen sie Sam an seinem Lieblingsort an. Er und Dana planschten im Pool. Der Junge sprang aus dem Wasser und stürmte auf Khaled zu.
„Sam, pass auf Khaleds Anzug auf.“
„Kein Problem“, ermutigte Khaled seinen Sohn, als dieser zu schmollen begann.
„Ich dachte, er ist jetzt mein Daddy.“
Lucy schluckte. Ganz gleich, wie schlecht es um ihre Beziehung stand, zwischen ihm und Sam bestand ein starkes Band. Lächelnd zerzauste sie ihrem Sohn das Haar. „Du hast recht. Ich hatte es vergessen. Und ich nehme an, dein Dad hat nichts dagegen, wenn sein Anzug ein bisschen nass wird.“ Die Worte fühlten sich seltsam an und wollten ihr nicht so recht über die Lippen.
Khaled warf ihr einen scharfen Blick zu, der Lucy einen Stich versetzte. Nur Sam hielt sie zusammen, sonst nichts.
Wie hatten sie jemals annehmen können, eine solche Ehe sei gut für irgendjemanden?
Für sie fühlte es sich auf jeden Fall nicht gut an.
Drei Tage später reisten sie nach London ab. Die erste Nacht verbrachten sie in Lucys Haus, das nach dem Leben im Palast und im Luxushotel in Dubai unglaublich winzig wirkte.
Sogar ihr Bett, obschon ein Doppelbett, kam Lucy klein vor. Andererseits sehnte ihr Körper sich nach Khaleds Berührung, aber er schien beschlossen zu haben, ihr auszuweichen. Sobald das Licht gelöscht war, drehte er sich auf die Seite, fort von ihr. Lucy lag wach und starrte in die Dunkelheit. Sie fragte sich, was er dachte, hatte aber Angst, ihn danach zu fragen. Immer diese verdammte Angst!
Was würde er sagen? Würde er zugeben, dass ihre Ehe ein Fehler war? Würde er lügen und behaupten, er denke an gar nichts? Würde er sie zurechtweisen, das ginge sie nichts an? Oder schlief er gar schon und bekam von ihren Sorgen nichts mit?
Sie wusste es nicht, und das tat am meisten weh. Es schmerzte, weil sie ihn liebte. Wie hatte sie das nur so lange vor sich selbst verbergen können? Mit jeder Faser ihres Seins hatte sie es verleugnet, obwohl ihr Herz es die ganze Zeit laut und deutlich herausgeschrien hatte.
Sie liebte ihn, obwohl sie es nicht wollte. Sie wollte sich ihm nicht noch einmal öffnen, wenn doch nur wieder Qualen und Leid auf sie warteten. Auch wenn er sie nicht wieder verließ, konnte er sie doch von seinem Leben ausschließen.
Wenn er sie nicht liebte, würde es schlimmer sein, Tag für Tag mit ihm zusammen zu sein, als wenn er gar nicht mehr da war.
In den nächsten Tagen bemühte Lucy sich um eine gewisse Normalität. Aus Gründen der Bequemlichkeit, aber auch der Sicherheit, zogen sie in ein Luxushotel im Zentrum Londons. Sam besuchte wieder seine Kita, Lucy ging zur Arbeit. Sie sprach mit der Personalleiterin und reduzierte zunächst ihre Wochenstunden, einigte sich aber mit ihrer Chefin, dass sie bald nur
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