Palast der Stuerme
Sommerferien dann wohl einige Zeit bei ihr in Omarah verbringen könne.
„Darüber reden wir noch“, wich Claire aus und lenkte das Gespräch auf andere Themen. Sie fragte ihn nach den Urlaubsvorbereitungen mit seinem Schulfreund und gab ihm das Geld, das sie für ihn mitgebracht hatte. „Du brauchst auch neue Sachen. Ich werde noch mit der Hausdame reden, bevor ich abfahre.“
Die Hausdame kümmerte sich generell um die Anschaffung der Schuluniformen, und so war das Problem zwei Stunden später nach dem kurzen Gespräch mit der kompetenten Frau geregelt. Claire verabschiedete sich noch vom Direktor und bedankte sich bei ihm, und dann war ihre Aufgabe erledigt.
In Gedanken versunken war Claire die lange Auffahrt des Schulgeländes entlanggegangen und schaute nun überrascht auf den unverkennbaren Rolls Royce, der dort vor den großen Toren wartete. Ihre Schritte verlangsamten sich unwillkürlich, als sie Raoul hinter dem Steuer sitzen sah. Wie hatte er sie gefunden? Wusste er etwa von Teddy?
Trotziger Stolz hatte sie zurückgehalten, Raoul die Wahrheit zu sagen. Sollte er doch ruhig das Schlechteste von ihr denken! Sie würde nicht diejenige sein, die seine bösartige Unterstellung berichtigte.
Natürlich war ihr klar, dass sein Urteil über sie weniger hart ausfallen würde, wüsste er die Wahrheit. Aber es hatte ihren Stolz verletzt, dass er allzu bereitwillig die falschen Schlüsse gezogen hatte. Und seine Abneigung nutzte ihr schließlich auch. Diese Feindseligkeit bildete eine effektive Barriere zwischen ihnen.
Als er sie kommen sah, stieg er aus und öffnete das Tor für sie. Seine tadellose Höflichkeit ärgerte Claire. Es war gerade so, als wollte er damit seine Verachtung noch unterstreichen.
„Woher haben Sie denn gewusst, wo Sie mich finden können?“
Unmerklich hob er die Augenbrauen. „Das war nicht besonders kompliziert. Ich habe lediglich bei der Taxifirma nachgefragt. Ihr Freund ist also Lehrer. Macht es Ihnen beiden deshalb nichts aus, ein Jahr getrennt zu sein? Weil es so oder so schwierig für Sie beide ist, sich zu sehen? Werden Sie mit dem Geld meines Onkels versuchen, ihm eine praktischere Anstellung zu suchen?“
Innerlich seufzte Claire erleichtert auf. Raoul hatte also nicht die Wahrheit herausgefunden! „Ich denke, das ist allein meine Sache, oder nicht?“ Mochte er im Trüben fischen, so viel er wollte, sie würde nicht darauf eingehen!
Plötzlich blieb er vor ihr stehen und fasste ihr Kinn, sodass er ihr Gesicht genau betrachten konnte. „Das muss ein sehr kühler Abschied gewesen sein.“ Mit dem Daumen strich er über ihre Unterlippe. „Ihrem Mund sieht man nicht einmal an, dass er geküsst wurde.“
Schockiert riss sie die Augen auf und entwand sich mit erhitzten Wangen Raouls Griff. „Auch das geht Sie nichts an!“, erwiderte sie eisig. Sie zog die Wagentür auf. „Oder mögen Sie so etwas? Zuhören, wie andere …“
Sein Fluch schnitt ihr das Wort ab, und Claire verspannte sich und wich einen Schritt vor Raoul zurück. „Ihre Anspielungen grenzen an Beleidigungen und zeugen nur von Ihrer unreifen und albernen Fantasie. Ab jetzt sollten Sie nie vergessen, dass Sie als meine Ehefrau ein gewisses Benehmen an den Tag zu legen haben.“
„Indem ich Ihnen gehorche und an jedem Ihrer Worte hänge?“
Die kalte Geringschätzung in seinem Blick jagte ihr einen Schauer über den Rücken. „Indem Sie sich immer vor Augen halten, dass ich einen gewissen Selbstrespekt besitze, selbst wenn das bei Ihnen nicht der Fall ist. Sobald Sie meine Frau sind, gehen meine Ehre und mein guter Name auch auf Sie über, und Sie sollten es nicht wagen, diese zu beschmutzen.“
Die unverhüllte Drohung ließ Claire schweigen, bis sie zurück in London waren. Ein- oder zweimal warf sie einen Blick auf Raouls Profil und las dort eine Härte und Unnachgiebigkeit, die ihren trotzigen Stolz nur noch verstärkten. Sie hatte so viele Fragen – wie dieses eheliche Leben vonstattengehen sollte, Fragen nach seiner Familie, was er von ihrem Benehmen erwartete –, doch wenn er glaubte, es sei nicht nötig, darüber zu reden, dann würde sie auch nicht darauf bestehen!
Es war eine Erleichterung, schließlich wieder in London zu sein und sich um Saud kümmern zu können. Der Kleine lachte freudig auf, kaum dass er sie sah. Doch während Claire den Jungen hochnahm und an sich drückte, spürte sie Raouls harten Blick auf sich liegen.
„Man sollte Ihren Liebhaber wissen lassen, wie gut Sie mit
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