Palast der Stuerme
Kindern umgehen können“, murmelte er an ihrem Ohr. „Oder liegt ihm nicht genug an Ihnen, dass er Ihnen ein Kind schenken möchte?“
Claire versteifte sich. Sie hatte nicht gemerkt, dass Raoul so nah hinter ihr stand. Doch jetzt schoss ein Prickeln durch ihren ganzen Körper, und die Wärme, die Raoul ausstrahlte, raubte ihr fast den Atem. Sie tat, als hätte sie die Worte nicht gehört, und hielt die Luft an, bis sie das leise Klicken der Tür vernahm, die hinter Raoul ins Schloss fiel. Erst dann entspannte sie sich.
„Wünschen Sie etwas zu trinken?“
Natürlich fiel Claire auf, dass das Lächeln der Stewardess wesentlich herzlicher für Raoul strahlte als für sie. Sie saßen im Flugzeug Richtung Paris, Saud schlief fest auf dem Sitz zwischen ihnen.
Claire hatte sich gegen diese Reise nach Paris gewehrt, doch der Scheich hatte ihr ruhig die Notwendigkeit erklärt. In dieser Zeit konnte die Nachricht von der Hochzeit bekannt gegeben werden, und die Presse würde sich mit Sicherheit sofort darauf stürzen. Zudem konnte Claire sich so an ihre Rolle als Raouls Ehefrau gewöhnen. Ihr Argument, kein Mann, der zu einer Heirat gezwungen wurde, würde seine ungeliebte Braut auf einen Einkaufsbummel nach Paris einladen, wurde von Scheich Ahmed und Raoul gleichermaßen abgeschmettert.
Raoul wiederholte, dass sie als seine Frau einen gewissen Standard einzuhalten habe, und fügte noch trocken hinzu: „Sie können mir nicht erzählen, dass eine Frau die Chance ausschlägt, auf Kosten eines Mannes eine gesamte neue Garderobe in Paris zu erstehen.“
„Das kommt darauf an, wie sie es zurückzahlen muss“, hatte sie gepresst erwidert. Wenn sie jetzt an diese Szene zurückdachte, erinnerte sie sich an das wissende Lächeln des Scheichs. Nur gut, dass sein Plan nicht vorsah, sie müsse die verliebte Braut spielen, denn das würde sie bei aller Mühe nicht über sich bringen.
Zwei Stunden später, in der luxuriösen Suite des Hotels George V, versuchte Claire, die fast übertrieben üppige Pracht ihrer Umgebung zu verarbeiten. Gobelins, Skulpturen, Gemälde und antike Möbel aus dem achtzehnten Jahrhundert, fast zu zierlich, um benutzt zu werden, gehörten zur Ausstattung. In Claires Schlafzimmer hätte ein kleines Apartment Raum gefunden, und das angrenzende Bad war geradezu ein Paradies. Für Saud war ein Kinderbett bereitgestellt worden, und Claires erstes Ansinnen war es, den Kleinen zu versorgen. Das bot ihr auch die Möglichkeit, sich auf die Tatsache vorzubereiten, dass Raoul und sie zum ersten Mal allein waren. Raoul hatte seinen Onkel davon überzeugen können, dass es unauffälliger sei, ohne Leibwächter auf diese Reise zu gehen.
„Wenn man uns das verheiratete Paar abnehmen soll, sollten wir Zeit allein miteinander verbringen, damit wir uns an die neuen Rollen gewöhnen können“, hatte er zu seinem Onkel gesagt, und jetzt war Claire froh darüber, dass der Scheich zugestimmt hatte.
Es war so schon schwer genug, plötzlich in die Welt der Superreichen eingetreten zu sein und damit fertig werden zu müssen, ohne auch noch die neugierigen Blicke von Leibwächtern und Bediensteten zu ertragen. Nur wenige waren eingeweiht in den Plan, lediglich die Männer, die an dem Morgen des Anschlags dabei gewesen waren. Nur gut, dass Saud noch nicht sprechen kann, dachte Claire, als sie den Jungen umzog und zu Bett brachte.
Eine Hotelangestellte wurde gerufen, um auf Saud aufzupassen, damit Claire und Raoul einkaufen gehen konnten. Offiziell der Sohn von Claire und Raoul, bestand keine Gefahr für den Jungen, dennoch fühlte Claire sich nicht ganz wohl, als sie zu Raoul in den Salon ging. Sein Anblick in dunklem Anzug und dem blütenweißen Hemd ließ sie an ein Gemälde denken oder an eine griechische Statue, so perfekt wirkten seine Züge. Kein Wunder, dass er dem weiblichen Geschlecht gegenüber so hochmütig war. Er musste von Jugend an von den Frauen verwöhnt worden sein. Und das Schicksal hatte ihn nicht nur mit gutem Aussehen, sondern auch noch mit Reichtum und Ansehen beschenkt.
Schweigend folgte sie ihm zum Lift und dann ins Foyer. Im Taxi sprach Raoul in fließendem Französisch zu dem Fahrer und brachte Claire so sein französisches Erbe in Erinnerung.
Der Rest des Tages verging in einem wahren Wirbelsturm. Hatte Claire je an der Macht des Geldes gezweifelt, so wurde sie nun eines Besseren belehrt. Die Verkäuferinnen in den Designerläden und Edelboutiquen flatterten um sie herum und überschlugen
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