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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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Familie abgebrochen hat. Deinetwegen, Roxane?«
    Roxane schüttelte den Kopf. »Er hat sich, schon lange bevor ich in sein Leben trat, für einen anderen Weg entschieden.«
    »Hmm.« Der Klappstuhl quietschte, als Max Sheffield sein Gewicht verlagerte. Er nahm die Füße von der Brüstung und schlug die Beine übereinander.
    »Aber er schätzt dich sehr, Roxane. Jeder Narr kann das sehen – sogar der, der hier sitzt.«
    Roxane gab keine Antwort.
    »Falls er ehrenhafte Absichten hat – und warum sollte er nicht? –, dann kann ich nur hoffen, dass ihr beide eine lange Verlobungszeit durchsteht, denn Waverly hat dafür gesorgt, dass er keine Heiratserlaubnis bekommen wird, solange er in der bengalischen Armee dient. Und seine Dienstzeit ist noch lange nicht vorbei, außer er tritt freiwillig aus. Sicher wird er ohnehin über einen Berufswechsel nachdenken, da seine Chancen auf eine Beförderung jetzt gleich null sind.«
    Roxane fuhr mit der Hand über ihr Mieder und griff nach dem Ring, der wie ein Talisman unter dem Stoff versteckt war.
    »Ihr habt bereits über die Ehe gesprochen, nicht wahr? Stanton hat mir mitgeteilt, dass …«
    »Ja«, warf Roxane hastig ein.
    »Hmm«, murmelte Max wieder. Roxane spürte, dass er sie in der Dunkelheit musterte.
    Sag es ihm jetzt, befahl ihr eine innere Stimme, aber sie schwieg.
    »Auch wenn du dem Alter nach meine Zustimmung nicht mehr brauchst, hast du meinen Segen, wenn es so weit ist. Ich kenne Captain Harrison zwar noch nicht gut, aber er scheint mir ein guter Mann zu sein, und ich kenne dich inzwischen gut genug, um mich auf dein Urteil verlassen zu können.«
    Roxane ließ ihre Hand von dem verborgenen Ring auf ihren Bauch gleiten.
    »Danke, Papa.« Ihre Stimme war so erstickt von ihren widerstreitenden Gefühlen, dass man keines davon deutlich heraushören konnte.
    Als sich der Monat dem Ende zuneigte, konnte Roxane Collier zweifelsfrei mitteilen, dass sie nicht schwanger war. Sie waren beide irgendwie enttäuscht, aber auch erleichtert, dass sie sich noch nicht auf ein Kind einstellen mussten. Noch gab es zu viele Dinge zu erledigen, Geheimnisse zu lüften und Hürden zu überwinden. Und es gab einen neuen Grund, um weiter abzuwarten. Am Sonntag, dem 29. März, kam es fünfzig Meilen entfernt in Meerut zu einer ersten folgenschweren Meuterei, als ein Sepoy namens Mangal Pande, der sich offensichtlich unter dem Einfluss von Drogen befand, mit einer geladenen Muskete in der Hand randalierte. Zu seiner Uniformjacke trug er einen Dhoti, das traditionelle Beinkleid der indischen Männer, und er befahl dem Hornisten, der Truppe das Zeichen zu geben, ihm zu folgen. Er sei dazu angestiftet worden, das zu tun, aber jetzt wollten die anderen Männer nicht mit ihm kommen. Durch eine Panne im Befehlsbereich wurde der Mann nicht sofort gestoppt. Schon bald hatte er einen englischen Sergeant Major namens Hewson und dessen Adjutanten Baugh verletzt. Nur ein Sepoy kam den britischen Offizieren zu Hilfe, und er wurde von seinen Kameraden verjagt. Schließlich richtete Pande die Muskete gegen sich selbst, starb jedoch nicht an seinen Verletzungen. Er kam eine knappe Woche später vor Gericht und wurde zum Tode verurteilt.
    Der Bericht über den Krawall erreichte Delhi am Montag, und den Haushalt der Sheffields nach dem Abendessen. Alle waren empört, doch die Reaktionen am Tisch waren dennoch unterschiedlich. Die meisten Offiziere am Tisch dachten wie Colonel Sheffield.
    »Gott sei Dank wird das hier nie passieren, Sirs. Meine Männer zeigen keinerlei Interesse an einer Revolte«, erklärte dieser.
    Die Frauen stimmten nervös zu, aber Roxane lehnte sich zurück und wog ihre Worte sorgfältig ab.
    »Aber Vater, hast du nicht bemerkt, dass in den einheimischen Regimentern Aufregung herrscht? Vielleicht haben sie noch keinen Angriffsplan geschmiedet, sondern wehren sich lediglich gegen Verletzungen ihrer Religion, aber ich glaube, dass ihre Gedanken und Taten bereits unterminiert werden.«
    Max Sheffield stellte sein Glas auf den Tisch und sah sie tadelnd an. »Ich kann nicht glauben, dass mehr als nur eine Handvoll Sepoys ihre Kaste und ihren Glauben so bedroht sehen, dass sie gewalttätig darauf reagieren werden. Was für ein düsteres Bild du zeichnest, Roxane.«
    »Allerdings sind alle Voraussetzungen für eine Explosion gegeben«, meldete sich Collier zu Wort. Er drehte den kristallenen Stiel seines Weinglases zwischen Daumen und Mittelfinger, sodass das Licht sich in der rubinroten

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