Palazzo der Liebe
Wort.
Aber zwischen ihnen herrschte kein unangenehmes, sondern ein seltsam vertrautes Schweigen.
Nach dem einfachen, aber köstlichen Mahl räumte Rosa den Tisch ab und brachte ihnen Kaffee. Stephen schenkte zwei Tassen ein, stellte eine vor Sophia und lehnte sich dann bequem in seinem komfortablen Korbsessel zurück.
„Also, was ist mit deiner Geschichte?“, fragte Sophia neugierig.
„Ich überlege gerade, wie ich am besten anfange.“
„Erklär mir zuerst, warum die Marchesa unbedingt die Miniatur haben wollte.“
„Weil Fran darauf die Padua-Perlen trägt. Kurz nachdem das Porträt entstand, verschwanden sie. Meine Eltern vermuteten damals, Fran habe sie in einem Bankschließfach deponiert, damit Paolo den Schmuck nicht in seine gierigen Finger bekam. Doch seit damals hat niemand mehr die Kette zu Gesicht bekommen.“
Stephen nahm einen Schluck Kaffee und stellte die Tasse auf dem Tisch ab.
„Während ihrer langen Krankheit setzte Fran im Beisein ihres Anwalts ein Testament auf, versäumte jedoch, es auch bei ihm zu hinterlegen. Daher fanden wir es nach ihrem Tod nicht gleich. Trotzdem hielt der Notar sich an ihre ausdrücklichen Anweisungen und teilte der Familie nach der Beerdigung ihren letzten Willen mit, der klar und eindeutig war. Abgesehen von einigen Legaten für Rosa und Roberto, hinterließ sie den Palazzo samt Inventar mir, während sie die Padua-Perlen ihrer Tochter vermachte. Da Gina und sie einander nie gemocht hatten, bedeutete diese Entscheidung für die Familie gleichzeitig eine Überraschung und einen Schock. Gina geriet natürlich vor Begeisterung aus dem Häuschen, bis sie feststellte, dass die Perlen weder auf der Bank lagen noch im Palazzo. Als hätte es sie nie gegeben.“
Er wartete auf eine Reaktion von Sophia, doch sie runzelte nur die Stirn.
„Rosa und Roberto, die Fran in ihren letzten Jahren am nächsten standen, behaupteten, nie etwas von den Perlen gehört und gesehen zu haben; so bot das Porträt quasi den einzigen Hinweis auf ihre Existenz“, fuhr er fort.
„Gina beschuldigte Rosa und ihren Mann des Diebstahls, während die beiden eisern bei ihrer Geschichte blieben. Meine Eltern äußerten die Vermutung, dass, wenn es tatsächlich einen Dieb geben sollte, eigentlich nur Paolo als Täter infrage kam. Ich hingegen glaubte, dass Fran die Perlen irgendwo sicher verwahrt hielt.“
„Aber gefunden hat sie bis heute niemand?“
Stephen schüttelte den Kopf. „Gina musste inzwischen auch ihre Lieblingsidee aufgeben, dass Rosa und Roberto die Schuld an ihrem Verschwinden tragen, und betreibt seit Monaten Schatzsuche . Aber der Palazzo ist so groß und birgt so viele mögliche Verstecke.“
„Apropos Palazzo“, unterbrach Sophia ihn. „Erzähl mir, was mein Vater hier machte.“
Stephen zögerte einen Moment.
„Fran hatte eine Freundin aus Kindertagen, die sie sehr mochte. Diese Freundin hieß Maria Caldoni …“
„Meine Mutter!“, rief Sophia atemlos aus.
„Ja. Als die Familie Caldoni nach Rom zog, vermissten die beiden einander so schrecklich, dass Maria später, sobald sie mit deinem Vater verlobt war, jede Gelegenheit nutzte, um Fran in Venedig zu besuchen. Meine Eltern lebten zu der Zeit auch noch hier im Palazzo, und obwohl ich kaum älter als fünf gewesen sein kann, erinnere ich mich noch ganz schwach an diese Zeit.“
Er stand auf und schenkte sich Kaffee ein, Sophia hingegen lehnte kopfschüttelnd ab.
„Damals war Fran bereits mit Paolo verheiratet, und obwohl sie bereits ahnte, was das für ein Fiasko bedeutete, tat sie ihr Bestes, um es vor jedermann zu verbergen. Im darauffolgenden Jahr kamen Maria und dein Vater zum Carnevale nach Venedig, und in der Zeit malte er Frans Porträt, und – wie ich annehme – auch die Miniatur für sich selbst. Gleichzeitig begann er mit einem Porträt meines Vaters.“
Sophia legte eine Hand auf ihr hämmerndes Herz. „Dann überrascht es mich nicht, dass es dir so ähnlich sieht …“
„Stimmt, aber er stellte es nie fertig, weil wir damals ganz überraschend in die USA abreisen mussten.“
„Ich staune immer noch über diese Ähnlichkeit“, murmelte Sophia aufgewühlt.
„Obwohl Dad sich mit zunehmendem Alter verändert hat, weiß ich von Fotos, dass er mir in jüngeren Jahren tatsächlich sehr ähnlich sah.“
„Aber wenn du das alles wusstest, warum hast du mir in London nichts davon erzählt?“ Sophia konnte immer noch nicht fassen, was sie da hörte.
„Aus dem gleichen Grund, warum ich
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