Palazzo der Liebe
jetzt gehe ich in mein … oder besser gesagt in Frans Zimmer, um zu schlafen.“
„Nein, Sophia, ich möchte, dass du bleibst“, sagte er und hielt sie fest.
Da sie wusste, dass Widerstand nichts nützte, verzichtete sie auf ihn. „Lass mich los“, forderte sie stattdessen kühl.
„Nein. Heute Nacht bleibst du hier, in meinem Bett.“
Plötzlich verlor sie die Beherrschung. „Ich will aber nicht mit dir schlafen!“, fauchte sie.
„Sehr gut“, erwiderte er gelassen. „Davon war auch gar nicht die Rede, nur von meinem Bett.“
„Ich will aber auch nicht in deinem Bett liegen“, beharrte sie trotzig.
Stephen hob die Brauen. „Letzte Nacht schien es dir nichts ausgemacht zu haben.“
„Das war ein großer Fehler, den ich nicht zu wiederholen gedenke“, presste sie mit brennenden Wangen hervor. „Ich möchte in meinem eigenen Bett schlafen.“
„Nach dem, was ich heute Abend deinetwegen durchlitten habe, werde ich dich in den nächsten Stunden nicht eine Sekunde aus den Augen lassen!“, herrschte er sie an.
Es schien, als habe sie seinen Geduldsfaden mit ihrer ständigen Gegenwehr so überstrapaziert, dass er nun plötzlich riss.
„Warum, um alles in der Welt, bist du überhaupt so kopflos davongerannt und mutterseelenallein durch die finstere Nacht spaziert? Hast du etwa deinen Verstand verloren?“
„Du hast mir selbst versichert, dass man sich in Venedig auch bei Nacht nicht fürchten muss“, verteidigte sie sich schwach.
„Das stimmt auch … unter normalen Umständen!“ Ungeduldig zog er sie am Handgelenk zurück zur Couch und drückte sie sanft in die Polster. „ Dio mio! Ahnst du überhaupt, was ich deinetwegen ausgestanden habe? Als ich zurückkam und feststellen musste, dass du einfach davongelaufen bist … Dann suchten wir dich überall, und ich hörte deinen Schrei …“
Stöhnend fuhr er sich mit der Hand über die Augen und sank in den Sessel ihr gegenüber. Erst als Sophia den weißen Ring um seinen Mund sah, erkannte sie, dass Stephen vor Wut schäumte.
Das erinnerte sie an ein Erlebnis, das sie Anfang des Jahres in London beobachtet hatte. Ein kleiner Junge hatte sich von der Hand seiner Mutter losgerissen und wäre fast unter ein Auto geraten. Glücklicherweise konnte der Fahrer rechtzeitig bremsen, aber als sie ihren Sohn unverletzt zurückbekam, nahm die Mutter ihn nicht in die Arme, sondern schüttelte ihn und beschimpfte ihn, bevor sie in Tränen der Erleichterung ausbrach.
Plötzlich brannten auch hinter ihren Lidern heiße Tränen. Sophia stand auf, kniete sich neben Stephen und legte eine Hand auf seinen Arm.
„Es tut mir so leid“, flüsterte sie. „Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass du dich um mich sorgen könntest.“
„Das wusstest du nicht?“, fragte er fassungslos.
Stumm schüttelte sie den Kopf, lehnte ihre Stirn an sein Knie und schloss erschöpft die Augen. Sekundenlang streichelte er gedankenverloren ihr Haar, dann stand er auf und zog Sophia mit sich hoch.
„Bettzeit“, sagte er ruhig. „Morgen haben wir reichlich Gelegenheit zum Reden.“
Als Sophia leicht schwankte, nahm er sie auf die Arme, trug sie in sein Schlafzimmer und setzte sie auf der Bettkante ab. Ohne Widerstand ließ sie sich den Bademantel ausziehen und zudecken. Stephen zog ebenfalls seinen Mantel aus, legte sich neben Sophia, zog sie sanft an sich und bettete ihren Kopf an seine Schulter.
Innerhalb weniger Sekunden schlief sie ein.
Nach einer traumlosen Nacht schlug sie erst um elf Uhr am nächsten Vormittag die Augen auf und fand den Platz neben sich leer. Mit den Gedanken noch immer bei den verstörenden Ereignissen des vergangenen Abends, stand Sophia auf, hüllte sich in den Bademantel und machte sich auf den Weg in die Dusche.
Immer noch leicht schlaftrunken, drückte sie die Klinke herunter und stutzte, als sie statt wie erwartet im Bad in einer Art Ankleideraum stand. Von dort führte eine zweite Tür in das Schlafzimmer von Stephens Tante. Und der femininen Einrichtung nach zu urteilen, war dies auch ihr Ankleideraum gewesen.
Ein gemütliches Zimmerchen, mit einem von ornamentierten blassblauen Fliesen umrahmten Kamin, über dem ein Ölbild hing. Es zeigte das Porträt einer jungen Frau mit herzförmigem Gesicht und einer Fülle dunkler Kringellocken. Sie trug eine blaue Abendrobe im Stil des siebzehnten Jahrhunderts und eine doppelreihige Perlenkette, deren sanften Glanz das Bild perfekt einfing.
Beim genaueren Hinschauen identifizierte
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