Palazzo der Lüste
Versprechen einer partie libertin schwebte über ihr wie ein Strauß Rosen, bittersüß und dornenreich.
Nicht einmal eine Decke hatte er mitgenommen, und die Sofas waren alle viel zu kurz für ihn und unbequem. Cecilia raffte die Überdecke vom Bett – wenigstens die konnte sie ihm bringen.
Vor der Tür blieb sie stehen. Was würde er denken, wenn sie mitten in der Nacht in sein Zimmer platzte? Es war seine Villa, er würde wohl wissen, wo er eine Decke herbekam. Bestimmt gab es ungenutzte Schlafzimmer, und er lag längst in einem von ihnen und schlief. Sie ließ das Überbett fallen und zog sich bis aufs Hemd aus.
Das Bett war weich und bequem, die seidenen Laken schmiegten sich angenehm kühl um ihren Körper. Im Schloss schlug eine Uhr zwei Mal.
Mitten in der Nacht. Cecilia wälzte sich von einer Seite auf die andere und fragte sich, ob er auch im Schlaf hochmütig aussah, oder ob seine Gesichtszüge entspannt waren und ihm etwas Sanftes verliehen.
Sie wollte nicht darüber nachdenken. Was ging sie das an? Wahrscheinlich würde sie es nie sehen. Sie rollte sich im Bett zusammen wie ein Embryo im Mutterleib.
Denk an Stefano, ermahnte sie sich, und wälzte sich wieder auf die andere Seite. Ihm gehörte ihr Herz – nur ihm. Aber er war weit weg in einer anderen Zeit – unerreichbar, und ein aufregender Mann hatte ihr sein Interesse gezeigt. Im dämmerigen Kerzenschein konnte man den einen für den anderen halten.
Das war doch alles verrückt. Ruckartig setzte sich Cecilia im Bett auf. Wie sollte sie schlafen, wenn ihr derartig die Gedanken im Kopf umhergingen? Sie presste die Hände gegen ihre Schläfen.
*** Sie musste doch eingeschlafen sein, denn sie wachte davon auf, dass jemand die Vorhänge an ihrem Bett zurückzog. Nicolò war zu ihr gekommen.
Statt seiner erblickte sie ein junges Mädchen mit einem pausbäckigen Gesicht unter dunkelblondem Haar. Sie blickte ein wenig zweifelnd auf Cecilia herunter.
»Der Herr schickt mich, Signora.« Ihre Stimme klang, als wüsste sie nicht recht, was von ihr erwartet wurde.
Cecilia wusste es auch nicht. Sie zog die Bettdecke bis zum Kinn hoch und setzte sich auf. Die Sonne schien ins Zimmer und tauchte alles in das harte Licht des späten Vormittags.
»Wie heißt du?«
»Gianna, Signora. Ich habe das für Sie gebracht.« Das Mädchen zeigte auf das Ruhebett.
Dort lag ein Berg aus Stoff: weiß und lindgrün. An mehreren Stellen quollen Spitzen hervor.
»Das ist für mich?« Cecilia sprang aus dem Bett, um das Kleid genauer in Augenschein zu nehmen. Es war nicht nur ein Kleid – es war ein Traum – und dazu gehörten auch Strümpfe, Unterwäsche, ein Mieder. Vor dem Bett standen ein Paar zierliche Schuhe mit einer Schleife und hohen Absätzen. Sie befühlte den Stoff, Taft, so schien ihr, hob das Kleid hoch und betrachtete es von allen Seiten.
»Soll ich Ihnen helfen, Signora?«
»Nein, ich schaffe das allein. Du kannst gehen, Gianna.«
Cecilia sah sich im Zimmer um. Eine Dusche durfte sie im achtzehnten Jahrhundert nicht erwarten, aber wenigstens eine Schüssel mit Wasser. »Nein, warte. Kannst du mir sagen, wo ich eine Schüssel mit Wasser, ein Handtuch und ein Stück Seife bekomme.«
»Ich hole es Ihnen, Signora.«
Gianna sah aus, als wäre dieser Wunsch ungewöhnlich, knickste aber und eilte aus dem Zimmer. Kurz darauf kam sie zurück und brachte das Gewünschte. Das Wasser war sogar warm. Cecilia atmete auf. Sie tauchte das Gesicht hinein, entledigte sich danach ihres Hemdes und wusch sich von Kopf bis Fuß. Die Seife war hart, aber das tat dem Genuss, wieder sauber zu sein, keinen Abbruch. Sie trocknete sich sorgfältig ab.
Danach zog sie sich ein sauberes Hemd an und fühlte sich zum ersten Mal nicht mehr ganz fremd in dieser Epoche.
»Wo hast du die Sachen hingebracht, die ich gestern getragen habe?«
Das Korsett, die Strümpfe, die hochhackigen Schuhe und vor allen Dingen das Halsband konnte sie nirgends entdecken, dabei wusste sie genau, dass sie es gestern Abend auf einem Tisch abgelegt hatte.
»Ich weiß nicht, was Sie meinen, Signora.«
»Ich hatte dort ein Lederband hingelegt mit einer Schnalle.« Sie zeigte auf den Tisch.
»Da war nichts, ich habe nichts genommen«, verteidigte sich Gianna, ihre Miene zeigte einen Ausdruck höchster Besorgnis. »Signore Capelli fragen. Bitte, Sie müssen ihn fragen.«
»Schon gut. Du musst dir keine Sorgen machen. Ich
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