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Palazzo der Lüste

Palazzo der Lüste

Titel: Palazzo der Lüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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ihres Gastgebers in ihre Gedanken. Manchmal war er Stefano und doch wieder nicht – sie hatte das Gefühl, die beiden verbinde mehr als nur ein paar äußerliche Ähnlichkeiten wie Augen und Mund. Als wären sie zwei Seiten einer Medaille. Welche war die helle und welche die dunkle Seite? Stefano die dunkle, wenn sie an sein Kabinett dachte. Cecilia sehnte sich nach ihm. Seine Hände auf ihrer Haut. Sie tastete nach ihrem Hintern und spürte die Striemen auf der Haut. Ein sanfter Schmerz machte sich in ihrem Körper breit.
     
Ob der Venezianer …
     
Cecilia wagte nicht weiterzudenken, sie war schließlich keine Frau, die sich jedem in den Arm warf.
     
Sie lief hinüber ins Ankleidezimmer, da sie dem Hausherrn nicht mehr im schwarzen Lederkorsett gegenübertreten wollte, wenn er zurückkam, und stand vor einer Pracht, die sie nicht erwartet hatte. Der Rock, den Capelli sich übergezogen hatte, nahm sich gegen die übrigen regelrecht bescheiden aus. Es gab sie in allen Farben: gemustert, bestickt, mit Borten besetzt – Cecilia wusste nicht, wohin sie zuerst schauen sollte. Wie sollte sie es jemals wagen, einen davon anzuziehen. Langsam ließ sie eine Hand über die kostbaren Bekleidungsstücke gleiten, wandte sich Hosen, Hemden, Westen und Strümpfen zu. Alles war aus Seide oder feinstem Leinen und üppig mit Dresdner Spitzen verziert.
     
Sie zog sich nackt aus und griff wahllos in die Stapel hinein. Capelli war ein zierlicher Mann, seine Kleidung war ihr nur wenig zu weit, aber um einiges zu lang. Das Hemd hätte in ihrer Zeit ein Minikleid abgegeben, die Kniebundhose reichte ihr bis zur Wade – Cecilia krempelte sie um und richtete alles so gut her, wie sie es vermochte. Zuletzt suchte sie den Rock heraus, der ihr der Bescheidenste dünkte. Er war mauvefarben mit schwarzen Aufschlägen und ebensolchen Knöpfen. Ihr rotes Haar bildete einen reizenden Kontrast dazu.
     
Sie war einigermaßen zufrieden mit ihrem Aussehen und dachte daran, ob sie eines Tages die Gelegenheit haben würde, das prächtige Kleid einer edlen Dame zu tragen – aus kostbarem Brokat mit einem Reifrock – und vielleicht sogar eine der gepuderten Perücken.
     
Bei der Rückkehr ihres Gastgebers saß sie mit vorgestreckten überkreuzten Füßen und durchgedrücktem Rücken auf dem Ruhebett. Er balancierte ein Tablett in seiner Linken, als er zu ihr trat. Im Zimmer war es inzwischen ganz dunkel – sie hatte es nicht bemerkt, so sehr war sie in Gedanken versunken gewesen.
     
»Warum haben Sie kein Licht gemacht, Donna Cecilia?« Er stellte das Tablett neben ihr ab und machte sich daran, die Kerzen anzuzünden.
     
Sie untersuchte derweil die Speisen und merkte erst jetzt, wie hungrig sie war. Unentschlossen ließ sie eine Gabel über dem Tablett kreisen. War es 1754 schicklich, mit dem Essen zu beginnen, wenn ein Herr dabei zusah? Sie merkte nicht, dass sie begonnen hatte, sich dieser Zeit anzupassen. Fragend schaute sie zu Capelli. Die Kerzen brannten, und er setzte sich ihr gegenüber auf das Bett.«
     
»Wollen Sie nichts essen? Es ist alles köstlich, wenn auch etwas kalt.« Er nickte ihr aufmunternd zu.
     
Cecilia ließ es sich nicht zweimal sagen. Er hatte ihr Brot, Pasteten, eingelegtes Gemüse und verschiedene Saucen in kleinen Schälchen gebracht, auf einem Teller lagen mehrere Scheiben kalten Bratens, Rotwein funkelte in einer Karaffe und daneben stand ein kostbar geschliffener Glaspokal. Sie langte herzhaft zu.

Kapitel 4
Als Cecilia satt war und nach einem goldenen Teller mit Weintrauben griff, um als Nachtisch davon zu naschen, sagte Nicolò: »Donna Cecilia, Sie sind fertig, dann können wir überlegen, wie Ihre Anwesenheit unter meinem Dach gerechtfertigt werden kann. Denn in diesem Zimmer können Sie nicht bleiben, das ist für mich auf die Dauer zu unbequem.«
     
Er hatte eine Art an sich, seine Sätze zu formulieren, die Cecilia zur Weißglut brachte.
     
Sie funkelte ihn an und stieß hervor: »Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen, ich werde nicht hierbleiben. Nicht in diesem Zimmer und nicht in Ihrer Villa.«
     
»Sie sind ermüdend, Signora. Dieses Thema hatten wir schon und haben festgestellt, dass Sie nirgendwohin gehen können. Fangen Sie nicht wieder damit an.«
     
Er erhob sich vom Bett und kam auf sie zu – seine Bewegungen waren die eines Raubtiers. Vor ihr stehend entwand er ihr die Traube, die sie gerade zum Mund führen wollte, und schob sie in seinen eigenen. Er war wirklich … wirklich

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