Palazzo der Lüste
dort standen Schüsseln und Platten mit kalten Speisen, Weinkrüge und Gläser. Der Kredenz gegenüber stand ein Schrank aus schwarz lackiertem Holz, der Cecilia chinesisch anmutete. Außerdem gab es noch zwei Kartentische im Raum. Alles strahlte eine unheimliche Atmosphäre aus. Es roch staubig, von den Kerzenhaltern hingen Spinnweben herunter. Es fehlte nur fauliges Stroh auf dem Boden und das Quieken von Ratten.
Sollten sie Karten spielen, während auf dem Altar in der Mitte ein Opfer dargebracht wurde? Cecilia zog fröstelnd die Schultern hoch.
»Machen wir zunächst ein Spielchen?« Der Vicomte Giorgio rieb sich die Hände. »Marchese, Sie schulden mir noch eine Revanche. Beim letzten Mal haben Sie mich ausgenommen wie eine Gans.«
Nicolò lachte auf. »Ich erinnere mich gut. Sie sollen Ihre Revanche bekommen.«
»Piquet.«
»Woher wollen Sie wissen, dass Ihnen das Schicksal heute gewogener ist?«, fragte der Vicomte Paolo, seine Stimme klang wie die einer Frau. Cecilia war sich sicher – Paolo war eine verkleidete Frau.
»Ich habe das in den Fingerspitzen.«
Alle lachten, einschließlich des jungen Vicomte.
Giorgio zog den Marchese an den größeren der beiden Kartentische, Cecilia und der Conte Alphonse fanden ebenfalls dort Platz. Der Duca und Vicomte Paolo setzten sich an den kleineren Tisch, und Paolo begann, einen Stapel Spielkarten zu mischen. Nicolò mischte ebenfalls die Karten und teilte für ein Tarockspiel aus. Cecilia kannte die Regeln nur oberflächlich. Zwei Spieler bildeten ein Paar, und das Losglück bescherte ihr Nicolò als Partner.
Es wurde um hohe Einsätze gespielt – einen Dukaten pro Punkt. Sie musste mit ansehen, wie der Marchese einen ganzen Stapel Münzen auf den Tisch legte und kurze Zeit später der Vicomte Giorgio ihn in seinen Rocktaschen versenkte.
Das Spiel ging weiter, und Cecilia und Nicolò verloren wieder hoch. Jedes Mal, wenn sie eine Karte ungeschickt ausgespielt hatte, fiel es ihr sofort auf, wenn sie offen auf dem Tisch lag – und es zu spät war, ihren Fehler wiedergutzumachen. Giorgio konnte ein maliziöses Lächeln in ihre Richtung nicht unterdrücken.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie Nicolò zu. »Kartenspielen liegt mir einfach nicht.
»Das macht doch nichts, Carlo. Das Verlieren erhöht den Reiz beim Kartenspielen.«
»Also für mich hat das Gewinnen eindeutig mehr Reiz«, grinste Giorgio. Er schob eine Hand in die Tasche seines Rocks und klimperte mit den Münzen. Der Conte Alvise fiel in sein Lachen mit ein.
Nicolò tat es ihnen nach und zuletzt konnte auch Cecilia nicht mehr an sich halten. Wenn ihr Partner sich so wenig aus seinem Verlust machte, kümmerte es sie auch nicht weiter.
»Wenn einer einen Verlust verkraften kann, dann ist es unser Marchese.« Conte Alvise mischte mit geschickten Fingern die Karten und ließ Cecilia abheben. Er hatte lange schmale Hände, halb bedeckt von üppigen Spitzenmanschetten. Hände wie geschaffen, um einer Frau Gehorsam beizubringen, kam es ihr unwillkürlich in den Sinn.
»Pech im Spiel und Glück in der Liebe, so sagt man doch«, bemerkte er leichthin.
»Kein Wunder bei einer hübschen Verwandten im Haus.«
Giorgio hatte mit seiner Äußerung offenbar gegen eine der ungeschriebenen Regeln des Abends verstoßen, denn aus Nicolòs Augen traf ihn ein stahlharter Blick, und er entschuldigte sich sofort wortreich.
Die beiden anderen hatten ihr Spiel beendet und kamen herüber, um den vier Tarockspielern über die Schultern zu schauen.
In gespielter Verzweiflung rang der Duca die Hände. »Ich bin völlig blank, unser junger Paolo hat mir alles abgenommen.«
»Dann nehmen Sie sich wenigstens etwas zu essen und zu trinken«, empfahl Alvise ihm völlig ungerührt.
»Incredìbile, wie gleichgültig mein Schicksal allen ist.« Duca Stefano schüttelte in komischer Verzweiflung den Kopf, nahm aber den Ratschlag an. An der Kredenz häufte er sich einen Teller mit Schinken und kaltem Braten voll, er schenkte sich auch ein Glas Rotwein ein, bevor er sich wieder zu den Spielern gesellte.
»Für die nächste Runde wünsche ich mir den guten Carlo als Gegner«, sagte er kauend, nachdem er einen Augenblick Cecilias ungeschicktes Spiel beobachtet hatte. »Ihm sind die Karten noch weniger gewogen als mir.«
»Der Marchese scheint heuer auch kein Glück zu haben«, sagte Vicomte Paolo mit seiner klaren Stimme, die Cecilia vollends überzeugte,
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