Palazzo der Lüste
es handele sich um eine Schauspielerin oder eine Opersängerin. Diese Damen verschafften sich oft ein Nebeneinkommen, indem sie sich einen Gönner suchten oder Herren gegen Bezahlung zu Willen waren.
»Oh nein, nein, gegen den Marchese spiele ich nicht.« Der Duca schüttelte den Kopf. »Er ist mir zu gerissen mit den Karten. Bei ihm wandeln sich Glück und Pech innerhalb eines Augenblicks. Das ist zu gefährlich für meine Börse.«
»Er ist ein verteufelt schlechter Spieler«, raunte ihr Nicolò ins Ohr, »sogar Sie könnten ihn besiegen, wenn Ihre Gedanken nicht woanders wären.«
Cecilia senkte den Kopf, sie fühlte sich ertappt, weil sie sich zuerst von Alvises Händen und danach von Paolos Stimme hatte ablenken lassen.
Am Ende des Spiels hatten sie und der Gastgeber wie erwartet haushoch verloren. Ihre Gegner strichen zufrieden den Gewinn ein, und der Marchese sah so gleichgültig aus, als fordere er jeden Tag das Schicksal auf diese Weise heraus.
»Wir wollen uns für die kommenden Vergnügungen erst einmal stärken«, forderte Nicolò seine Gäste auf.
Das ließ sich niemand zweimal sagen. Jeder bediente sich am Büfett und suchte sich dann einen bequemen Platz. Cecilia nahm sich nur ein paar Biskuits und etwas Obst – sie war zu aufgeregt, um Hunger zu haben. Wie magisch wurden ihre Augen immer wieder von dem Altar in der Zimmermitte angezogen.
»Was hat unser Zeremonienmeister noch für uns geplant?«, fragte Giorgio. Er balancierte seinen Teller auf den Knien und aß mit den Fingern.
»Etwas ganz Spezielles.«
Ein Raunen der Erwartung ging durch die Gäste, und Cecilia gewann den Eindruck, alle beeilten sich mit dem Essen – selbst der Duca schaffte es, seinen übervollen Teller in kürzester Zeit zu leeren. Als Einziger ließ sich Nicolò Zeit. Die ungeduldigen Blicke der anderen genoss er sichtlich.
Zwei Frauen und vier Männer, dachte Cecilia. Teilen sich dann zwei Männer eine Frau? Dabei kamen ihr wieder die schlanken Hände des Conte Alvise in den Sinn.
*** »Es ist soweit«, sagte Nicolò und beendete sein Mahl.
Cecilia hätte gern gewusst, was der Schrank enthielt, aber niemand machte Anstalten, ihn zu öffnen. Alle flegelten sich auf die Sessel. Sie fand auf der Armlehne von Nicolòs Fauteuil Platz, er schlang einen Arm um ihre Taille und lehnte sich bequem zurück. Auf die gleiche Weise fand auch der Vicomte Paolo seinen Platz neben dem Duca.
Cecilia war gespannt auf die Inszenierung, die Nicolò vorbereitet hatte. Würden sie ein Theaterstück oder eine Pantomime mit gewagtem Inhalt zu sehen bekommen? Sie lehnte sich leicht an ihren Kavalier und wartete. Ihr Herz klopfte dabei schnell, und das Blut rauschte heiß durch ihre Adern.
Geräuschlos schwang eine in der Wand verborgene Tür auf, und herein traten zwei Frauen. Die vordere hielt in der Hand eine Leine, an der sie die zweite – sehr junge und zierliche Frau – führte. Das junge Ding trug ihr langes und schwarzes Haar offen. Wie ein Wasserfall floss es über ihren Rücken bis zur Hüfte; ihre Haut war blass, die Augen riesengroß, das unterstrich noch ihre Zartheit. Sie trug nur ein schleierartiges Gewand ähnlich denen, die Cecilia schon kannte, und das ihre Konturen kaum verhüllte. Die andere Frau dagegen war etliche Jahre älter und trug wie alle anderen Teilnehmer an dieser Soiree schwarz. Das eng anliegende Oberteil ihres Kleides enthüllte ein großzügiges Dekolleté, entgegen der aktuellen Mode hingen ihre Röcke ohne Panier herunter und waren so dünn, dass ihre Beine durchschimmerten – sie trug auch kein Untergewand.
»Madame und ihr Zögling Tereza«, stellte Nicolò vor.
Madame führte die junge Frau an der Leine einmal im Raum herum, damit jeder der Anwesenden sie betrachten konnte. Es war, als wären sie auf einem Viehmarkt. Cecilia wurde davon gleichzeitig abgestoßen und angezogen. Tereza hatte ängstlich die Augen niedergeschlagen und die Hände ineinander verkrampft, ihre Lippen zitterten.
Cecilia versteifte sich. Alles was recht war, und sie war zu einer Menge bereit, aber dazu gehörte nicht, dass sich eine Horde Wüstlinge an einem unschuldigen Mädchen vergriff. Wie konnte Nicolò so etwas zulassen?
Dessen Arm schlang sich fester um ihre Taille. Er erriet ihre Gedanken. »Conte Carlo, ich bezahle die beiden gut, damit sie uns heute Nacht zur Verfügung stehen. Sie nehmen an derartigen Inszenierungen nicht zum ersten Mal teil, und Tereza
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