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Palazzo der Lüste

Palazzo der Lüste

Titel: Palazzo der Lüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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abgebröckelt, und die Fensterrahmen hätten mal wieder einen Anstrich vertragen können. Signora Trebiso empfing ihren Besuch in einem Salon mit nur einem Fenster. In den Ecken rechts und links davon standen zwei Schränke auf dünnen Beinen, ansonsten gab es im Zimmer zwei Lehnsessel und so viele Stühle wie eben hineinpassten.
     
Der Unterschied zwischen der eleganten Donna Sofia und der matronenhaften Erscheinung von Signora Trebiso wurde augenfällig, als die beiden Damen einander begrüßten und anschließend nebeneinander saßen. Signora Trebiso war bestimmt ein paar Jahr jünger als ihre Besucherin, trug aber eine züchtige Haube auf dem Kopf. Sie hielt ein Taschentuch in der Hand, mit dem sie ihre geröteten Augen betupfte. Cecilia fühlte sich an eine italienische Mama erinnert.
     
Es waren weitere Besucher anwesend, unter ihnen auch Eduardo Capelli.
     
»Signora, wir fühlen mit Ihnen.« Sofia drückte die Hand der Matrone. Ihr Benehmen war tadellos und freundlich.
     
Auch Cecilia begrüßte Lucrezias Mutter aufs Herzlichste und nahm auf einem der zierlichen Stühle Platz. Die Matrone machte keine Anstalten, ihre Gäste zu unterhalten, sie drückte nur das Taschentuch auf die Augen und schniefte leise. Eduardo Capelli war der einzige Herr unter den Besuchern und stand an einen der Schränke gelehnt. Der Platz im Hintergrund, um alles zu beobachten, dachte Cecilia. Sie hatte das Gefühl, als beherrschte er den Raum.
     
»Als wir hörten, was Ihrer Tochter zugestoßen ist, mussten wir einfach kommen, um Ihnen unser Mitgefühl auszudrücken. Wenn ich etwas tun kann, sagen Sie nur ein Wort.« Sofia verfügte über die beneidenswerte Gabe, auch in einer ungemütlichen Situation noch unbefangen Konversation machen zu können.
     
Währenddessen rang Cecilia verzweifelt um einen Plan, wie sie die Signora allein sprechen könnte, um auf das eigentliche Anliegen ihres Besuches zu kommen. Aber wie angewachsen stand Capelli in seiner Ecke und ließ kein Auge von ihr. Wann immer sie ihm einen Blick zuwarf, sah er zufrieden aus, als würde alles genau nach seinen Plänen ablaufen.
     
»Mein armes Kind«, schluchzte die geplagte Mutter, »ich darf nicht daran denken, was ihr alles zugestoßen sein könnte. Wenn ich sie nur wieder in meine Arme schließen könnte. Alles würde ich dafür geben.« Sie schniefte lauter.
     
»Ich bin selbst Mutter, ich kann Sie verstehen. Wer einem Kind das Leben geschenkt hat …« Sofia verschränkte züchtig die Hände im Schoß.
     
Ein Diener brachte auf einem Tablett Erfrischungen und einen Teller mit kleinen Kuchen. Zwei der anderen Besucher nutzen die günstige Gelegenheit, sich zu verabschieden. Die jüngere der beiden Damen war darüber sichtlich erleichtert. Capelli lehnte eine Erfrischung ab, blieb aber weiterhin an den Schrank gelehnt stehen. Cecilia akzeptierte ein Glas Honigwasser und einen mit Kirschgelee überzogenen Kuchen, während Sofia dafür sorgte, dass der Teller in ihrer Nähe abgestellt wurde. Sie liebte Süßes.
     
»Ich kann nichts zu mir nehmen. Seit Lucrezia ver… seit ihr ein Unglück zugestoßen ist, habe ich kaum einen Bissen herunterbekommen.«
     
»Das dürfen Sie nicht einmal denken, Signora. Niemals die Hoffnung aufgeben. Ihre Tochter kann immer noch unbeschadet zurückkommen«, sagte Cecilia impulsiv.
     
»Wer wird das noch glauben?«, warf Capelli träge ein.
     
Alle Köpfe flogen zu ihm herum. Daran hatte sie nicht gedacht – selbst wenn das Mädchen wieder auftauchte, war ihr Ruf beschmutzt, niemand würde mehr an ihre Unschuld glauben. Im achtzehnten Jahrhundert ein nicht wieder gutzumachender Makel für eine unverheiratete Dame. Die Mutter wusste es so gut wie jeder der Besucher, ihr Schluchzen nahm zu.
     
Drei neue Besucher traten ein, zwei Damen um die fünfzig und eine junge Signorina, die die Enkelin der einen sein musste, so ähnlich sahen sie sich. Für das junge Mädchen ist das kein Aushängeschild, dachte Cecilia. Sie suchten sich freie Sitzgelegenheiten, und das Gerede über Lucrezia begann von Neuem. Die Mutter wiederholte beinahe wortwörtlich, was sie zuvor gesagt hatte.
     
Sie genoss es, erkannte Cecilia auf einmal. Auf eine schwer zu verstehende Weise genoss sie es, jeden ihre Tränen sehen zu lassen. Cecilias Mitleid schmolz dahin.
     
»Verdammt!«, flüsterte sie lautlos in sich hinein. »An allem ist nur Eduardo Capelli schuld.«
     
Die Chance, Maddalena Trebiso allein zu sprechen, war dahin. Die widmete sich

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