Pallieter
außer Atem auf dem Nethedeich ankam.
Das Wasser stand hoch und trug die weißen Wolken so klar wie der Himmel.
Als Pallieter dies große, durchsichtige Wasser sah, das am andern Ufer so deutlich die gelben und purpurfarbenen Blumen spiegelte, wurde er wieder ruhig und still, wie ein Mensch nach tiefem Gebet.
Das Wasser zog ihn mächtig an, und eins, zwei, drei, war er nackt, sprang in einem Sprühregen von sonnendurchschienenen Wasserperlen in die Nethe und schwamm auf die Blumen zu.
Es roch wie nach warmem Reisbrei. Das Herz schwoll ihm davon, und es fiel ihm vor lauter Vergnügen nichts anderes ein, wie kleine Springbrunnen in die Höhe zu spucken, die dann auf seinen blinkenden Bauch herunterplatschten.
Als er so eine ganze Weile im Wasser gelegen und drei Schiffe mit gespannten Segeln hatte vorbeitreiben lassen, kam er wieder heraus. Er ließ sich von der gütigen Sonne trocknen, pflückte eine Kuhblume ab, steckte sie zwischen die Zähne und spazierte nackend, die Hände auf dem Rücken, hinter einem Frosch her, der erschrocken vor ihm aufgesprungen war.
Der Mittag lag mit seiner heißen Stille auf den Bäumen, und Pallieter war unter einem Johannisbeerbusch eingeschlafen. Der Garten war hell und still. Die Hühner ruhten im Sand, und die zwei Gänse standen nebeneinander und guckten durch die Hecke.
Es summte und brummte anhaltend in und um die Bienenkörbe herum, und aus der Küche klang Charlots gedämpfte Stimme, die Kirchenlieder sang.
Die Blumen standen regungslos in ihrem Duft, und das Wasser der Nethe glänzte wie ein Fischrücken.
Es zirpte in den Wiesen, und keine Mühle drehte sich.
Der Geruch von Kaffee und gebratenem Hering weckte Pallieter auf, und noch im Gähnen rief er:
»Hab Dank, o Herr, der du meine Augen auftust zu neuer Freude für meinen Mund.«
Es waren fette Heringe, weiß wie Silber, und sie schmeckten wie richtiges Fleisch. Und als er sie aufgegessen hatte, sang er:
»Alle Fische schwimmen,
Alle Fische schwimmen,
Nur der kleine Backfisch nicht...«
»Vetter,« klagte Charlot, »es is keine Buttermilch mehr da.« »Ei, so hol frische beim Bauer!«
»Wo denkst du hin,« fuhr sie ihn an, »so ein dickes Mensch mit so ei’m schweren Krug in so ‘ner Hitze gehen zu lassen! Schämst du dich nich?«
»Soll ich mitgehn?« fragte Pallieter blinzelnd.
»Kannst du nich allein gehn?«
»Absolut nich, Mädel!«
»Ich werd mirs merken«, sagte Charlot. »Wart nur, bis daß du mich mal nötig hast«; und inzwischen hängte sie die messingne Milchkanne an einen Mispelzweig. Und sie gingen zusammen durch die Hintertür aus dem Garten in die hellen Felder hinein.
Die Wege lagen weiß in der Sonne, und die Luft hing voll Hummelgebrumm, wie ein Nachklang von tiefem Geläut. Sie gingen die nächsten Feldwege, und vor jedem Steinkapellchen schlug Charlot ein Kreuz; und wo die Kirschen niedrig über die Hecken hingen, pflückte Pallieter sie ab und teilte mit Charlot. Die Sonne brannte durch die Kleider hindurch auf ihre Leiber, und die Kirschen kühlten ihre Eingeweide. Sie mußten irgendwo über einen Graben springen, aber Charlot wagte es nicht und bat:
»Trag mich hinüber, Vetter.«
»Dann fallen wir zusammen hinein! Zieh doch die Strümpfe aus und wate durch, ich werd dir die Hand geben.«
»Waaas? Ich da durchgehen! Das Wasser geht mir sicher bis an die Kniee!«
»Allez hopp, was schad denn das, wenn ich mal deine Kniescheib seh!«
»Um alles in der Welt nich!« und sie sah am Bach entlang, ob er nirgends schmäler würde.
»Los, los, Mädchen, eil dich«, mahnte Pallieter.
»Dreh dich um, daß du mich nicht siehst«, sagte sie gebietend.
Pallieter kehrte sich um und hörte Charlot die Strümpfe ausziehen, die Röcke hochschürzen und vorsichtig ins Wasser gehen. Und als sie ungefähr in der Mitte sein mußte, drehte er sich plötzlich um, sah ihre dicken, weißen Oberschenkel und brach in lautes Gelächter aus.
Charlot wußte vor Schreck nicht, wo aus noch ein, ließ in aller Eile die Röcke fallen, so daß sie sofort patschnaß waren, und lief dann wie besessen wieder zurück aus dem Bach, und dann fing sie an Pallieter auszuschimpfen: »Du Affe, du Wasserkopp, du trauriger Held, du scheinheiliger Satan!« usw., bis ihr der Atem ausging. Und Pallieter stand am andern Ufer und lachte, daß er kirschrot wurde.
»Nein,« rief Charlot, »ich geh lieber wieder nach Haus als wie hier durch!« und machte ein Gesicht, als ob sie weinen wollte.
»Nich heulen, Charlot;
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