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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Timmermans
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zusammengedrückt und auseinander gebogen und wieder zusammengemengt zu bleigrauen Lappen, die das Blau des Himmels abschlossen, und es war wie ein großes, graues Zelttuch, das über die Welt gespannt war. Starke Windstöße kamen und trieben den Sand der Wege in hohen Wolken vor sich her. Die Bäume klapperten und heulten; wie weiße Papierchen wehten die Tauben am dunkeln Himmel hin, und ein großer Fleck Krähen schwang sich wie ein Haufen Lumpen auf einen Turm.
    Aber auf einmal legte sich der Wind, und es kam plötzlich eine tiefe Stille, daß ihnen der Herzschlag aussetzte. Und dort, über der Nethe, in dem violetten Dunkel flammte eine rote Zickzackschlange am Horizont entlang, und dumpf polterte hinter den Wolken ein zögernder Donner durch die Welt. Aus fernen Gehöften blinkte Licht von geweihten Kerzen.
    Von drei Seiten, jetzt höher am Himmel, flammte der Blitz; Donnerbomben krachten und grollten und trommelten, daß die Erde zitterte und bebte.
    »Nun gehts los, nun gehts los!« schrieen Pallieter und Mariechen.
    Da fielen die ersten großen, lauen Tropfen auf ihre dünnen Kleider. Sie klatschten kühl auf ihr durchwärmtes Fleisch, und das tat wohl bis ins Innerste. Und dort über den Bauernhöfen verschleierte sich die Landschaft hinter brausendem Regen, der eilig herangesaust kam und auf einmal klatschend auf das Wasser platschte. Es strömte Wasser, und in einem Nu waren sie patschnaß.
    Der Regen strömte mit Eimern über das Land, der Dunst stand einen Meter hoch über dem Boden; die Blitze flackerten, stießen zusammen, schlängelten sich durcheinander, und der Donner krachte und ratterte, daß ihnen Hören und Sehen verging. Eine Bäuerin lief mit den Röcken über dem Kopf über die Felder auf einen Holzhaufen zu.
    Aber Pallieter undMariechen lachten vor Genuß; das Wasser floß ihnen nur so über die Gesichter, daß sie glänzten wie ein Spiegel.
    Sie fuhren weiter und kamen an die Weide, wo die Pferde und Kühe des Müllers unruhig brüllten und stampften. Pallieter bekam auf einmal einen herrlichen Einfall.
    »An Land, an Land!« rief er.
    »Warum? Was is los?« fragte Mariechen.
    »Zu Pferd oder zu Kuh, hopp!«
    »Oh, das is gut, das is gut!« jauchzte sie, und sie sprangen beide ans Ufer. Pallieter setzte Mariechen auf eine große, gelbe Stute.
    »Halt dich an der Mähne fest«, rief er und sprang auf das erste beste Pferd, klatschte dem unruhigen Tier mit der flachen Hand aufs Hinterteil, daß es plötzlich, wie ein Pfeil vom Bogen, davonschoß, gefolgt von allen Kühen und Pferden, zwanzig an der Zahl.
    Und die Masse galoppierte vorwärts in dem klatschenden Regen, wie ein Stück lebendiger Erde. Mariechen hielt sich fest an der üppigen Mähne der sich bäumenden Stute und lachte in hellen Schreien. Pallieter saß frei auf seinem Pferd, schwenkte die Arme und heulte aus seiner starken Kehle das schmetternde Lied der Walküren von Wagner. Es klang wie eine Trompete.
    Und es donnerte, blitzte und regnete, als ob das Jüngste Gericht gekommen sei. Und mitten hindurch trabte der wiehernde, brüllende Block von Pferden und Kühen blindlings vorwärts, wie eine Macht, die alles verwüsten wollte, und der Boden dröhnte, hämmerte und stöhnte unter der schweren Last, und die Erdklumpen flogen über die Häupter der stoßenden Leiber.
    Mariechens nasse Haare hatten sich gelöst und flogen durch die Schnelligkeit wie ein Fächer auseinander. Pallieter brachte sein Reittier zum Schwenken, und schneller schleuderte sich der dichte Fleischklumpen vorwärts, wie eine Macht, die gegen die Macht des Himmels tobte. Aber über das Brüllen, Wiehern, Donnern und Stampfen schmetterte begeistert Pallieters »Ta, ta, ta, ta!« Es war gewaltig!
    Und als das kurze Gewitter nachließ, hielt Pallieter still, und die plumpe Masse blieb stehen, dampfend und glänzend in dem neuen Sonnenschein, der durch die ausgeregneten Wolken in goldenen Bündeln auf die Erde strahlte.
    Und ein schönfarbiger, klarer Regenbogen spannte sich triumphierend über die ganze Welt. Pallieter, noch zu Pferde und naß bis auf die Haut, sah sich nach Mariechen um, die, tropfend vom Regen, mit offenen Haaren, keuchend und strahlend vor Glück und Lebensgenuß, ihm von ihrer riesigen Stute aus zulachte.
    Er sah durch die nassen, weißen Musselinkleider, die durchsichtig auf ihrem rosigen Körper klebten, ihre schönen Formen abgezeichnet, die Linien ihrer Hüften und der Schenkel und die Spitzen der jungen, aufrechtstehenden Brüste.
    Er

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