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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Timmermans
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Füßchen machen tocke-tocke-tock, und er geht die erste Runde...« klopften und schlugen die Hände so fest wie Lederpeitschen und die Füße wie Hämmer. Manche von den Bauern standen auf, um so recht das ganze Gewicht ihrer schweren, plumpen Schuhe auf den Fußboden bumsen zu lassen.
    Sie mußten Lärm haben, mußten mitsingen können und ihren ganzen Körper mitbewegen. So kam jeder an die Reihe. Und jedesmal waren es Lieder mit Kehrreimen, die alle kannten und bei denen sie tanzen, springen, stampfen und klatschen konnten.
    Sie saßen in ihrem Schweiß wie unter einer Decke; das Hemd klebte ihnen an den Schenkeln, die Kehlen wurden heiser, und sie tranken Branntwein und gepfefferten Genever wie Wasser.
    »Wer kennt eine schöne Geschichte,« rief eine dicke Magd, »eine zum Lachen?«
    »Ich!« rief ein Bauer. Da steckten sie die Köpfe zusammen und lauschten, mit einem Lächeln um den Mund, während sie ihr Gläschen festhielten und eine Frau in den Arm nahmen.
    Das Bäuerlein erzählte eine spitzfindige, zweideutige Geschichte von einem Küster und einer Pastorsmagd. Und wer von allen, die da saßen, kannte nicht etwas in dieser Art?.. Und als sie sich am Schluß die Bäuche hielten vor Lachen, wollten viele die ersten sein, um ,noch eine bessere’ zu erzählen. So kam eine Geschichte nach der anderen, eine immer zweideutiger als die andere, so daß man die kleinen Kinder des Bauern draußen spielen ließ. Es wurde so arg, daß viele mit ihren Geschichten nicht mehr warten konnten und man an drei, vier Ecken zu gleicher Zeit anfing.
    Pallieter blieb nicht zurück, und Mariechen tat, als höre sie nichts; sie streichelte ein Sankt-Anna-Kätzchen und gab ihm Pfefferkuchen.
    Am Schluß jeder Geschichte schlug das Gelächter an die Decke, und trotz dem ermahnenden Wandspruch: »Hier wird nicht geflucht!« rollten ihnen saftige Flüche aus dem Munde, Äußerungen eines aufrichtigen und vollen Vergnügens und prickelnden Genusses.
    Aber ein goldener Wind kam über die Felder daher und machte die Stube kühl, und das mächtige Licht der Landschaft verwandelte sich in einen ruhigen, kupferroten Schimmer, und die Sonne sank rot wie eine Flamme hinter einen fernen Wolkenberg. Durch die Tür kam ein Viereck von flachen Sonnenstrahlen, und ein Teil der Bauern wurde in der blauen Stube überreich damit übergossen. Da begann der Flieder vor dem Fenster zu duften.
    Pallieter ging hinaus, blickte über das Land und nach dem Himmel und sagte sich:
    »Das wird ein Abend unter tausend.«
    Die Sonne war schon weg, und es gab keine Schatten mehr, aber viele breite, weiße Strahlen, wie Moseshörner, stachen noch durch die Federwolken bis an den höchsten Himmel, und es war, als ob hinter der Welt ein großer Heiliger stünde. Froh ging er wieder hinein und sagte zu Mariechen:
    »Komm, wir gehn, denn Gott will reden.« Sie standen auf und wollten weggehen, aber die Bauersleute wollten nichts davon wissen und baten und flehten, sie möchten noch ein Stündchen bleiben.
    »Wir haben uns noch nicht genug geküßt,« sagte Pallieter, »ich muß mein Bestes tun, denn übermorgen geht unser Mariechen nach Haus.«
    Das leuchtete ihnen ein, und jeder wollte Mariechen noch einen guten Tag wünschen und ihr die Hand geben.
    »Sie kommt wieder, zum Heiraten!« sagte Pallieter, »und dann seid ihr allesamt eingeladen!«
    Da fingen sie alle an zu singen:
    »Ohne uns’ Mariechen können wir nich leben,
    Ohne uns’ Mariechen können wir nich sein!«
    Draußen waren eine wohltuende Luft und vielerlei Düfte... Sie gingen Arm in Arm über den Nethedeich und schwiegen, gerührt von der innigen Abendstunde.
    Der späte Sonntagnachmittag hing friedevoll, ruhig und still über den tausend Heuhaufen, die duftend in den weiten Wiesen lagen.
    Jenseits der Nethe, an den fernen weißen Häuschen, klang langsames Harmonikaspiel, und eine große Glocke bimmelte den Abendsegen.
    Auf dem Nethedeich, und in dem hochstehenden Wasser widergespiegelt, gingen zwei Kinder, eins in Weiß und eins in Rot, die Arme voll Dotterblumen, und ein schwarzer Spitz lief schnüffelnd hinterher. Das Licht schien aus dem Boden zu kommen.
    Viele Vögel waren hoch in der Luft, und die dünnen, grauen Wolkenknäuel rührten sich nicht. Das Gras stand still im niedrigen Abendnebel, die Pappeln standen still und das Wasser und das Licht. Es war, als ob die Zeit selbst warte und nicht weiterschreiten könne. Es griff seltsam ans Herz. Aber hinter einer langen, mageren Reihe von

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