Pallieter
sah sie da so glücklich und stolz und weiß gegen den dunkelnden Himmel stehen, hinter sich die glänzende, hellgrüne Sonnenlandschaft, mit Bäumen, Häusern und Mühlen, und über ihrem Haupt den mächtigen Regenbogen.
Ei! das war schöner noch als schön! Und da wurde sein Herz gerührt; er trieb sein Pferd zu ihr hin, nahm sie plötzlich in die Arme und rief:
»Du wirst meine Frau, meine honigsüße Frau!«
Und Mariechen schlang mit langem, tiefem Seufzer die nassen Arme um seinen starken Hals, sah ihn lange an mit ihren großen Augen und fragte einfach, aber gespannt:
»Wann?«
»In vier Wochen!« jubelte er und gab ihr einen langen, nassen Kuß auf die Lippen und die weißen Zähne.
Charlot war noch blaß vor Schreck über das arge Gewitter und freute sich sehr, als sie die beiden sah.
»Is mein Bett breit genug für uns zwei?« fragte Pallieter.
»Was meinst du denn damit..?« Und sie sah mit Schrecken und Verwunderung, wie Mariechen in Pallieters Armen lehnte.
»Ich heirat Pallieter!« jauchzte Mariechen.
»Du, du,« rief zitternd Charlot, »du mein Patenkind den Vetter?.. Du... ach Jesus, Maria und Joseph!«... Und sie fiel Pallieter um den Hals und schluchzte laut auf vor Glück. Und das griff Pallieter ans Herz, er zwinkerte und biß die Zähne zusammen, um die Tränen zurückzuhalten. Aber er konnte nicht, beim besten Willen nicht.
Mondschein
D er Bauer vom Wasserschanzenhof hatte am Sonnabend den letzten Wagen Heu eingefahren, und heut am Sonntag gab es darum Waffelfest mit Zuckerbier.
Pallieter war mit Mariechen dabei und saß mit den Knechten und Mägden und der Familie um den großen Tisch herum. Die Türen und Fenster standen sperrangelweit offen wegen der Hitze. Auf den Feldern und Wiesen ringsum spießte das blendende Mittagslicht bis in den Boden hinein, während es in der niedrigen Stube blau gedämpft zwischen weißen Wänden und kupfernen Krügen hing. Ein Lachen und Schwatzen war da drinnen, wie in einem lebhaften Hühnerstall, und die großen roten Hände grapsten gierig nach den dampfenden Eierwaffeln, die in hohen Türmen hereingebracht wurden. Sie schmierten Zucker, Sirup und Butter darauf, um alle süßen Geschmäcker zugleich zu haben. Der Schweiß stand ihnen in Perlen auf der Stirn, und um sich abzukühlen, tranken sie fortwährend von dem braunen, trüben Bier.
Jede Tür- und Fensteröffnung war wie ein helles Gemälde. Bleiche Wege zwischen Korn und Wiese, hier und da die glänzende Nethe, rote Dächer zwischen dicht belaubten Bäumen, Kühe auf der Weide, weiße Kapellen am Wege, Wälder und ruhende Mühlen in der Ferne und Tauben in der Luft.
Es waren Bauern dabei, die vor einem Dutzend Waffeln nicht zurückschreckten und immer noch hungrig nach der Küche guckten. Mund und Hände klebten von Fett und Eingemachtem, und sie nahmen sich nicht die Zeit, die Nase zu schneuzen.
Wie Korinthen, die zu den süßen Speisen gehörten, saßen die Fliegen über die Tafel verstreut.
Bei Pallieter wollte der Appetit auf Waffeln gar nicht aufhören, und er forschte beim Essen bald nach dem Zimtgeschmack, dem Eiergeschmack und nach der Butter; er füllte sich die Nase mit ihrem leckeren Duft und knabberte nun schon an seiner elften Waffel.
Und schmausend blickte er mit froher Bewunderung hinaus in das ruhige, sonnige Land, über dem ein kleines Glöckchen läutete, nach den roten gierigen Mäulern der Bauern und nach seinem allersüßesten Mariechen. Er kniff sie unversehens in die Hüften, daß sie aufsprang und kicherte, und unterm Tisch schlangen sie die Beine umeinander. Sein Gesicht glänzte von Schweiß und Waffelfett, und seine Hände klebten vom Zucker.
Nachdem sie ihrer zwanzig an die hundertfünfzig Waffeln verzehrt hatten, wurden die Teller und die Gläser abgeräumt, und man brachte Branntwein und Genever. Jetzt wurden die Pfeifen angesteckt, und sofort legte sich eine niedrige Rauchwolke über die Köpfe.
»Liedchen, Liedchen!« riefen ein paar Stimmen, und Pallieter fing an zu singen: »Die Fischer von Blankenberghe«, und beim Kehrreim wiegte sich die Tafelrunde, Arm in Arm, singend langsam hin und her.
Als das Lied zu Ende war und alle vom Schütteln und Schaukeln in Schweiß geraten waren, mußte Mariechen singen. Sie stand auf und sang mit einem angenehmen, hie und da versagenden Stimmchen vom ,Kleppermann’.
Pallieter begleitete das Lied mit leisem Pfeifen, und beim Kehrreim: »Und die Händchen machen ticke-ticke-tick, und die
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