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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Timmermans
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Zitterpappeln auf dem Felderbauch stieg in diesem tiefen Frieden der dicke, rote Mond herauf.
    Es war, als ob die Welt auf einmal größer und von einem neuen, kindhaften Glück umfangen würde.
    »Ach,« jauchzte Pallieter, »man möchte niederknien!« Und ganz außer sich blieb er stehen, als ob es das erste Mal sei, daß er den Mond erwachen sah. Dies war das Wunder, auf das die Zeit gewartet hatte. Der Abend schritt weiter, und dann kamen die Fledermäuse...
    Ein großer Flug Krähen schwebte träge und krächzend durch die Luft und fiel in dem fernen Beginenwald auseinander, wo es schon dunkel war. Hunde bellten den Mond an.
    So starb der Tag.
    Sie wanderten weiter. Sie legte ihr Köpfchen an seine Schulter, und sie kamen an den Aalgraben, der in die Nethe mündet. Eine kleine Holzbrücke klammerte sich an den Ufern fest, und eine riesengroße alte Trauerweide daneben hängte ihre dichte Kuppel darüber, die bis ins Wasser hing.

     
    Sie zogen die Zweige zur Seite, um hineinzukommen, und nun war es, als ob sie in einer Kammer stünden. Es war hier wie in einem Heiligtum, das erfüllt war von frischem Holzgeruch. Vor ihnen lief die Nethe, lagen die Felder und Wiesen und stand der zartgelb gewordene Mond an einem blaugrau verdämmernden Himmel. Süß war es hier, ihre Häupter neigten sich zueinander, und sie stützten sich auf das bemooste Brückengeländer.
    Ein kurzer Windstoß rauschte über die Nethe und über das Schilf hinweg, und auf einmal regnete es Mond auf das Wasser, Mondblasenregen. Der Wind lief quer übers Wasser damit, und dann stand wieder, kindhaft rein wie die Seele eines Heiligen, die Mondscheibe regungslos auf dem Wasser.
    Eine Eule schwebte niedrig drüberhin und versteckte sich im Uferschilf.
    Sie standen in dieser dunklen Zweigglocke wie abgesondert von der mondbeschienenen Welt und fühlten Herz und Seele schwellen in dieser stillen Abgeschiedenheit.
    Pallieter umfaßte sie fester und küßte sie unaufhörlich auf die zarten Wangen, den feuchten Mund, die geschlossenen Augen, daß sie Hals und Leib davon reckte. Sie war wie weggeschmolzen in seiner Leidenschaft und ließ sich willenlos in seinen starken Armen hängen. Durch den Zweigvorhang warf der Mond seinen unfaßbaren Schein und legte breite Streifen auf ihren Leib und ihr Angesicht. Pallieter betrachtete sie so.
    »Ein Traum«, sagte er bewundernd für sich, und seine Lippen glitten über ihr Haar und ihr Antlitz, und ohne ihr weh zu tun, biß er sie in den zarten Hals und in die Wangen; er hätte sie zerbrechen können, und wie diese Blätterkuppel ihren Raum ganz von der Welt abschloß und nur die Seele des alten Baumes darin lebte, so war Pallieter nur noch lebendig, weil er da auf dem Boden stand, aber er blieb verschlossen für alle Erinnerung an früher und die Gedanken an morgen und die anderen Tage. Sie sprachen kein Wort. Und die feuchten Küsse lispelten still und lang unter dem alten, kuppelartigen Baum. Sie schlug auf einmal die großen, schönen Augen auf und sah ihn träge und tiefglücklich an, und dann schlossen sich die Augen befriedigt langsam wieder, ohne daß sie ein Wort gesprochen hatte.
    Der Blick rührte Pallieter tief, daß ihm das Wasser in die Augen stieg und ein Schauer über seinen Leib lief. Und wieder sank sein Mund auf ihren Mund, ihr Haupt auf seine Schulter, und ihre Arme legten sich um seinen Hals. Gegen die kleine Brücke gelehnt, hob er sie auf und hielt sie in seinen Armen wie eine Mutter ihr Kind.
    Und draußen über den nebelblauen Landen wuchs die Mondnacht immer weißer und durchsichtiger, als ob es der Traum eines Kindes werden sollte. Duft von Wasser, Heu und Flieder hing zum Schöpfen allenthalben, und aus den nahen Bäumen im Park von Ringen fiel dann und wann ein Stückchen Perlenschnur aus Nachtigallengesang. Ganz mit der großen Stille verwachsen war das anhaltende Zirpen einer Grille... Sie blickten sich um, wo leises Holzknacken und Wassergetröpfel herkäme, schoben die Weidenzweige zur Seite und sahen, wie da unten auf der Nethe ein Fischer in einem Kahn sein Netz hochzog, in dem im Mondschein ein zappelnder Fisch silbern aufglänzte. Gering war sein Tun, aber schön in der goldenen Nacht.
    Oh! diese schöne, weiße Nacht, die sie nun wie von einem offenen Fenster aus vor sich daliegen sahen!.. »Komm, wir wollen gehen und Mondstrahlen fühlen...«
    Sie traten unter dem Weidenbaum hervor und kamen nun wieder unter den freien Himmel, der so licht und groß über der klaren,

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