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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Timmermans
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und regungslos über die weiße Welt spannte.
    Das menschliche Leben war kaum zu spüren in all der Weiße und zählte nicht mehr. Nur selten war ein schwarzes Männchen auf dem Felde und ein Wagen auf der Chaussee.
    Oh, die ganze weiße, weiße Welt! Sie hatte es nicht mehr nötig, zu wachsen, zu leben und Leben zu geben, sie brauchte nichts anderes zu tun, als schön und weiß zu sein. Und das ganze Land war still wie der Schnee selbst.
    Entzückt rief Pallieter:
    »Die Erde betet! Laßt alle Glocken los!«
    »Nein, nein!« sagte der Küster, der das hörte, »heut ist nichts los, morgen.« Aber Pallieter lief hinunter zu den Glocken, setzte sich auf den hölzernen Balken, drückte und drückte; und die Glocke fing an zu schwingen, der Schwengel brummte gegen das Metall, noch ein Ton, und auf einmal war es in vollem Gang. Das Glockengeläute füllte die Turmstube und fiel in vollem Jubel durch die Schallöcher über die weite, weiße Welt. Pallieter war wie berauscht, die Töne summten und brummten durch ihn hin, und immer, wenn die Glocke hoch ging, sah er durch die Schallöcher die Welt im weißen Schnee.
    Der Küster raufte sich die wenigen Haare vor Schreck, und unten trat der Pastor verwundert an sein Fenster und guckte in die Höh.
    Als Pallieter es gut genossen hatte, ging er in den ,Schwan’ eine Tasse Kaffee trinken, und dann fuhren sie auf einem andern Weg nach Haus.
    Hier und da hörten sie friedliche Dreschflegel und Jagdschüsse, und hinter einem Wäldchen hervor kam das Schreien eines Schweines, das geschlachtet wurde.
    Pallieter gab Beiaard die Peitsche, um schnell dabei zu sein. Als sie ankamen, röchelte das Schwein noch, und der Schlächter zapfte das Blut ab in eine irdene Schüssel; das Blut spritzte darüber hinweg, und der Schnee war davon rot gesprenkelt. Die Frau steckte ein Reisigfeuer an, um die Borsten abzusengen.
    Es war ein fettes Schwein, ein Prachtstück, und Pallieter wollte die Hälfte kaufen. Es wurde geboten und gehandelt, und endlich bekam er das halbe Tier zu einem ordentlichen Preis. Als die Gedärme herausgeholt waren, trug er es in den Schlitten, und es bekam den Ehrenplatz zwischen Mariechen und Charlot, und so fuhren sie dann weiter durch das weiße Land nach Haus.

 
     
     

Alte Lieder
     
    A m Nachmittag waren die grauen Wolken weg, und der Himmel wurde blaßblau mit einer fernen schwachen Sonne. Die Kälte war beißend, und vor dem flammenden Herdfeuer saß Pallieter und rauchte eine Pfeife. Mariechen saß nähend neben ihm, und Charlot war im anderen Zimmer beim Strümpfestopfen. Es war still und traulich. Tybaert lag schnurrend auf Mariechens Schoß, die Wanduhr tickte ruhig hin und her, und über dem Feuer sang der Messingkessel. Pallieter genoß die Flammen, die um die großen Holzblöcke herumzüngelten. Voller Frieden war es hier, das Holz knisterte, und draußen auf dem Graben am Beginenhof liefen viele Beginchen Schlittschuh. Ihr Geplapper und ihr helles Lachen schallte frisch durch die Luft. Jenseits der Nethe hatten die Jungens die Mühlenwiese rein gefegt, und nun war ein ganzer Haufen Menschen beim Schlittschuhlaufen, Dorfleute und Stadtleute. Man verkaufte Apfelsinen und dampfende Pfannkuchen.

     
    Pallieter blieb zu Haus, um die Sänger zu hören, die kamen,
    um fröhliche Weihnachten zu wünschen, und manchmal solch schöne, naive, rührende Lieder mitbrachten.
    Verschiedene waren schon dagewesen, Kinder und große Leute.
    Wieder wurde geschellt, und fünf Frauen, drei in Kapuzenmänteln, die anderen mit bunten Tüchern um den Kopf, kamen mit den Holzschuhen in der Hand herein.
    »Dürfen wir was singen, Herr Nachbar?«
    »Laßt hören!« sagte Pallieter.
    Und mit schleppender Stimme sangen sie das zarte, wehmütige Liedchen:
     
    »Es war ein Neujahrsmorgen,
    Es war ein Neujahrstag,
    Als Maria Magdalena
    Den Herrn Jesus wandeln sah.
     
    Steh nur auf, Maria Magdalena,
    Steh nur auf aus deiner bittren Not,
    All deine Sünden, die sind dir vergeben,
    Und wären sie noch einmal so groß.«
     
    Als sie fertig waren, bekamen sie Pfefferkuchen und Brot. Kaum waren sie weg, so kamen die drei blinden Männer herein. Einer trug einen papiernen Stern mit roten Blumen. »Wir kommen hier als die Heiligen Drei Könige, wir haben diesen Stern geschenkt bekommen, wir kennen ein schönes, neues Lied.«
    »Ja, aber«, sagte Pallieter, »ihr habt euch ja nicht verkleidet.«
    »Wir können uns nich sehen, Herr Nachbar.«
    »Wartet ein bißchen,« sagte Pallieter,

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