Pallieter
Pallieter ins Haus ging, pißte er schnell noch seinen Namen in den Schnee.
Pallieter roch den angenehmen Kaffeeduft und eilte ins Haus. Gebackener Schinken mit Rühreiern wurde brutzelnd auf den Tisch gebracht. Sie tranken den Kaffee und aßen den Schinken, daß ihnen die Lippen und die Finger glänzten von Fett, und den Weißbrotturm mußte Charlot dreimal hintereinander aufbauen.
Da draußen lag die weiße Welt und machte die Fernen und die Stube hell. Langsam fing in dem reinen Weiß auch das tägliche Leben wieder an. Die weißbekleidete Mühle jenseits der Nethe begann sich vor dem grauen Himmel zu drehen, ein Bäuerlein schritt klein und schwarz über den glatten Bauch der Felder, und helle Klingeltöne liefen mit einem Schlitten über die Landstraße.
Ganze Schwärme von schwarzen Vögeln flogen vom Turm in die weißen Felder hinein.
»Wir wollen Schlitten fahren!« rief Pallieter, den Mund noch voll Essen, »heut ist ein Festtag! Der Himmel liegt auf der Erde! Schnell!..«
Sie mummelten sich beide ein, jedes hatte eine Bärenmütze auf dem Kopf und einen Pelzmantel an. Pallieter holte den zierlichen Schlitten aus dem Wagenverschlag und spannte flugs die gute Beiaard daran. Das Pferd wurde mit großen Messingschellen behängt, die sangen und klangen bei dem leisesten Atem des Tieres.
Pallieter wartete auf Mariechen und ließ die Hühner heraus. Doch kaum hatten sie den Schnee gefühlt, zwei- oder dreimal gepickt, da liefen sie auch schon wieder in den Stall zurück und drängten sich zu einem Klumpen zusammen. Nur der stämmige, grüne Hahn mit seinem rotgoldenen Kopf flog auf die beschneite Dornhecke und krähte von dort seinen lauten Trompetenstoß über die stille, weiße Gegend hin; er schlug einmal mit den Flügeln und spazierte dann wieder hinein, und nun erst klang aus der fernen, weißen Einsamkeit Hahnenkrähen aus einem andern Dorf zurück.
Aber da war Mariechen, die vergnügt in den Schlitten sprang. Charlot, die bereits dabei war, Möhren und Rosenkohl zu putzen für die Suppe, die schon überm Feuer hing, mit einem großen Stück Ochsenfleisch darin, kam mit heraus und fragte: »Ach, das muß schön sein, darf ich mal mitfahren bis zum Schmied?«
»Steig nur ein«, sagte Mariechen. Charlot setzte sich in den Schlitten und seufzte vor Wohlbehagen.
»Aber ihr müßt mich schnell wieder nach Haus bringen,« sagte sie noch, »denn ich habe meine Suppe aufgesetzt! Sie hängt überm Feuer!«
Lubas bellte. Pallieter steckte sich die Pfeife an und setzte sich vorne hin. Die Peitsche knallte, die Schellen klingelten, und schon fuhren sie durch das volle, weiße Land. Die Bäume zogen vorüber, die weißen Felder drehten sich vorbei, und Charlot hielt sich ängstlich an Mariechen fest.
Schnell glitten sie über den Schnee, es gab kein Geräusch, es war dem Herzen süß und wie ein Wandeln, Treiben und Wehen auf der Luft.
Alles weiß, alles weiß, Bäume, Wege und Felder, und darüber fest und geschlossen der graue Himmel. Die Gehöfte lagen ganz verloren im Schnee, kein Mensch war zu sehen, nur hier und da eine kohlschwarze Krähe, die irgendwo im Felde niederstrich.
Von weitem sahen sie, wie die rote Glut den ganzen Raum der klingenden Schmiede erhellte. Dahin lenkte Pallieter den Schlitten, um Beiaards Hufeisen schärfen zu lassen.
Die zwei Frauen wärmten sich sogleich an dem sprühenden, fauchenden Feuer, und Pallieter half dem Schmied und seinen Gesellen den Blasebalg ziehen, um schnell wegzukommen. Während sie das glühende Eisen hämmerten und das Feuer hoch aufsprühte in der dunklen Schmiede, lag die Landschaft da draußen weiß und weit. Pallieter konnte die Augen nicht ab wenden, und es juckte ihn im ganzen Körper, wegzukommen in den Schnee, in den seltenen, schönen, weißen Überfluß. Er zog mit solcher Gewalt weiter am Blasebalg, daß die Funken einen Meter hoch sprangen.
Charlot jammerte und fing an zu klagen, daß ihre Suppe einkochen könnte.
»Wenns nich geschneit hätt, ging ich zu Fuß zurück«, sagte sie knurrig. Sie konnte nicht mehr still stehen vor Ungeduld. Glücklicherweise war Beiaard schnell fertig. Charlot kroch zuerst in den Schlitten, und sie fuhren ab.
»Schnell,« sagte sie, »meine Suppe!«
Doch auf einmal sah sie, daß der Schlitten in einen andern Weg einbog.
»Vetter,« rief sie erschrocken, »du fährst ja falsch!..« »Immer gradaus!« sagte Pallieter.
»Ich muß nach Haus wegen meiner Suppe!« schrie sie verzweifelt.
»Wir brauchen keine
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