Paloma - Ein Liebesroman (German Edition)
gleichmäßig zu fallen begann, suchte er sein Werkzeug zusammen und lief zum Haus. Stellte alle Eimer und Schüssel, die er nur auftreiben konnte, ins Freie, um möglichst viel von dem kostbaren Nass aufzufangen. Denn Wassermangel war noch immer das große Problem auf der Insel. In den neuen Hotels behalf man sich damit, für die Duschen und Wasserspülungen Meerwasser zu nehmen. Ebenso für die Wasch- und Spülmaschinen in der Küche. Was zur Folge hatte, dass Kaffee oder Tee ständig leicht salzig schmeckten. Neuerdings wurde auch viel über eine Salzwasseraufbereitungsanlage geredet, aber noch gab es keine.
Als Philipp die Eimer und Schüsseln im Freien hatte, stellte er sich auf die Veranda und blickte in den gleichmäßig herabströmenden Regen und sah zu, wie er allmählich den Boden der Eimer bedeckte. Falls es lange genug regnete, würde er eine Ration Wasser extra haben zum Gießen der Pflanzen, die er neben sein Haus gesetzt hatte. Großblättrige, feuerrote Geranien, einen kugelrunden Busch Margeriten, ein bisschen Lavendel und eine tiefviolette Bougainvillea, die an einer der Säulen emporwuchs, die das Vordach stützten.
Bisher hatte Philipp Glück gehabt mit dem Wasser. Nur ein einziges Mal hatte er den Wasserwagen bestellen müssen. Damals, als er das Haus gebaut und Wasser zum Mörtel anrühren gebraucht hatte. Wenn er sparsam umging mit dem Wasser, das sich durch die Winterregen in seiner Zisterne sammelte, reichte es aus für seinen täglichen Bedarf. Selbst in regenarmen Jahren, da er sein Haus nicht ganzjährig bewohnte.
Während Philipp noch dastand und zusah, wie der Regen auf das ausgedörrte Land fiel, von dem allmählich der gute Duft nach feuchter Erde aufstieg, hörte er jemand seinen Namen rufen. Als er sich umwandte, sah er Desiree den Weg entlang kommen. Ihr Kleid und ihre Haare klebten bereits klatschnass an ihr, aber sie spazierte in aller Ruhe durch den Regen.
„He! Hallo! Was sagst du dazu? Regen im Juni!“, rief sie ihm zu.
„Ja, kaum zu glauben“, rief Philipp zurück.
„Weiß Gott. Gut für den Boden und gut für die Pflanzen.“ Desiree kam jetzt die Treppe zur Veranda herauf, sich dabei das Wasser aus den Haaren schüttelnd.
Ihre Worte erinnerten Philipp daran, wie sehnsüchtig die Bauern der Insel früher auf Regen gewartet hatten und wie sehr ihr täglich Brot davon abhängig gewesen war, aber die Zeiten waren längst vorbei. So gut wie alle Felder lagen jetzt brach.
„Wie geht’s?“, Desiree sah ihn prüfend an.
„Gut, sehr gut. Das macht der Regen. Warte, ich hol dir ein Handtuch. Und dann lass uns einen Schluck Wein trinken. Regen im Juni, das muss gefeiert werden.“ Philipp rückte zwei Korbstühle zurecht, die so einfach und zweckmäßig waren wie sein gesamtes Mobiliar und auch das Haus selbst. Seine Schwester Bobby hatte ihn zwar überreden wollen, einen jener Ferienbungalows zu bauen, wie sie damals immer häufiger zu sehen waren. Mit gläserner Aussichtsfront und Fenstern mit riesigen Ausmaßen. Aber als Bobby zum zweiten Mal auf Magali war, hatte sie eingesehen, dass die typischen Häuser der Insel, wie sie seit Jahrhunderten gebaut wurden, eher für dieses Klima taugten. Häuser mit dicken Mauern und kleinen Fenstern. Und einem flachen Dach, das als Auffangfläche für Regenwasser diente. Das Haus war eher klein. Außer der Sala und der Küche gab es nur noch zwei kleine Schlafzimmer. Bobby und Philipp hatten sich einige einfache Möbelstücke von einem hiesigen Schreiner anfertigen lassen und hatten Bilder von Malern der Insel aufgehängt. Beide hatten sie eine Vorliebe für Motive, die Bäume darstellten und so hingen jetzt hauptsächlich Zeichnungen an den Wänden, die Feigenbäume oder knorrig verwachsene Olivenbäume darstellten. Dazu hatten sie handgeflochtene Körbe und Tonvasen im Haus verteilt und Gläser voller Muscheln, die sie am Strand gesammelt hatten. Nach und nach war noch das eine oder andere Stück Strandgut dazu gekommen. Von Salz und Sonne zerfressene Holzstücke mit mattem Seidenschimmer auf der Oberfläche, bizarr geformte Steine und verblichene Knochen, von denen Bobby behauptete, sie stammten von einem Wal.
Bobby liebte das Haus und die Insel mittlerweile ebenso wie Philipp. „Grüß unsere Insel von mir“, hatte sie beim Abschied gesagt. Es war ihr nicht leicht gefallen, Philipp dieses Mal nicht begleiten zu können. Aber es ging eben nicht, Bobby erwartete in den nächsten Wochen ihr zweites Kind. Abgesehen davon
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