Paloma
die Arbeit selber zu übernehmen. Unter der Bedingung, dass sie ihre beiden kleinen Buben mitbringen durfte.
Alex wollte ebenfalls dableiben. Er hatte vor, gleich nach dem Frühstück zum Strand hinunter zu gehen, angeblich hatte er sich mit den beiden spanischen Jungen verabredet. Was allgemein wegen seiner mangelhaften Sprachkenntnisse bezweifelt wurde.
Karen zog eines der neuen Kleider an, die sie für den Urlaub gekauft hatte. Ein weißes Leinenkostüm. Philipp war klar, dass sie erwartete, auch er würde sich umziehen. Aber den Gefallen konnte und wollte er ihr nicht tun. Auf Magali lief er immer in seinen bequemen Baumwollhosen herum, und er hatte keine Lust, das jetzt plötzlich zu ändern. Auch nicht der eleganten Karen zuliebe, die vermutlich in einem der großen Hotels besser aufgehoben wäre, wo sie ihre umfangreiche Garderobe im Speisesaal oder an der Bar hätte vorführen können.
Seinen ursprünglichen Plan, ohne ein bestimmtes Ziel herumzufahren, gab Philipp Karens wegen aber auf. Stattdessen überlegte er sich, was er ihr zeigen könnte. Da er jedoch die Gegenden meiden wollte, wo der Tourismus sich breit gemacht hatte, blieb ihnen nur das Innere der Insel und so entschied er sich für den vierten und kleinsten Ort der Insel, Nostra Señora del Mar. Der Einfachheit halber Del Mar genannt. Zehn, fünfzehn kleine Häuser, weiß gestrichen und mit grünen, meist geschlossenen Fensterläden, dazu eine winzige Kirche mit dickem, stumpfen Turm. Nach einem kurzen Rundgang durch den Ort, setzten sie sich in eine der beiden Kneipen gegenüber der Kirche und nahmen ein zweites Frühstück. Tranken Wein und Mineralwasser und aßen Jamón Serrano und albóndigas. Fleischklößchen in Tomatensoße und dazu Brot und Zwiebeln. Zwischen den Stühlen pickten Hennen mit glänzendem braunem Gefieder und eine dicke schwarz-weiße Katze rollte sich im Staub. Am Nachbarhaus zog eine alte Frau, im weiten, langen Rock der Inseltracht, über eine primitive Seilwinde einen Eimer Wasser aus ihrer Zisterne und trug ihn ins Haus.
„Schön hier“, sagte Karen. „Noch richtig ländlich. Wundert mich, mitten in der Hauptsaison noch einen so ruhigen Ort zu finden.“
„Ja, hier findest du noch das alte, ursprüngliche Magali. Wo ich mich wohl gefühlt habe. Dasitzen, ein Glas Wein von der Insel trinken und am Abend in die untergehende Sonne schauen. Und innerlich völlig ruhig werden“, sagte Philipp. „Aber die Zeiten sind längst vorbei.“
„Wegen mir? Ich meine, weil wir geheiratet haben?“
„Aber nein.“
„Weil der Tourismus die Insel überrollt hat?“
„Ja. Vor allem deshalb.“
„Glaubst du, sie haben hier noch Wein von der Insel?“
„Wir könnten es ja mal versuchen.“
Philipp ging zu dem Alten, der drinnen an der Theke stand und fragte nach Vino Pagès. Er schüttelte jedoch den Kopf und erklärte wortreich den Grund dafür. Sein Weinfeld habe er bereits vor Jahren verkauft, wie andere auch. Und die wenigen, die sich jetzt noch die Arbeit mit dem Wein machten, würden ihn natürlich selber trinken. Aber er könne ihm eine Flasche von seinem ganz speziellen Wein geben, den er sich vom Festland kommen ließe. Aber als Philipp ihn probierte, stellte er sich als ziemlich durchschnittlicher Wein heraus, wie man ihn überall bekam. Philipp hatte nichts anderes erwartet.
„Und wohin jetzt?“, erkundigte sich Karen.
„Wo möchtest du hin? Zum Leuchtturm am Cabo del Cruz? Das ist nicht weit von hier. Aber ich kann dich eigentlich nur davor warnen, kann nämlich sein, dass du vor lauter Ausflugsbussen weder Kreuz noch Leuchtturm siehst. Oder willst du dir einen der Wehrtürme anschauen? Es gibt noch ein paar, die ganz gut erhalten sind.“
Philipp überlegte, was Magali sonst noch zu bieten hatte. Für Strandwanderungen oder Spaziergänge irgendwo oben auf den Klippen war es im Moment zu heiß, außerdem hatte Karen mit ihren hochhackigen Sandalen auch nicht die richtigen Schuhe dafür an. Und zum Kap Berberia oder zur Mühle oberhalb von San Lorenzo wollte er jetzt nicht hin. Irgendwann würde er mit Sicherheit allein unterwegs sein und dann wollte er noch einmal all die Orte aufsuchen, wo er und Paloma gewesen waren. Das hatte er ernsthaft vor, obwohl es natürlich eine absolut verrückte, sinnlose Idee war, die sich da in seinem Kopf festgesetzt hatte. Ein Nachjagen glücklicherer Zeiten und sentimentaler Erinnerungen.
Schließlich fuhren sie zur Mola hinauf, einem sanften Hügel, der einen guten
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