Paloma
fahren. Das hier bringt gutes Geld.“ Mit stolzer Geste wies Paco auf sein neues Reich: Kessel, in denen Suppe brodelte, riesige Spülbecken, Herde und Arbeitstische, an denen mehrere Männer Gemüse putzten. „Ich arbeite als Kellner und Maria, du erinnerst dich doch an Maria, meine Frau, richtet die Zimmer her.“ Stolz lag in seiner Stimme und er stand ebenso breitbeinig da wie früher in seinem Boot, wenn er die Netze einholte.
„Ja, weiß Gott, ich komme zu spät“, sagte Philipp. „Ich bin nämlich nicht wegen des Fischens hier. Ich wollte dich fragen, ob du mir hilfst, mein Haus zu bauen.“
Paco lachte. „Ach was, dein Haus hat so lange gewartet, das kann auch noch länger warten. Ich weiß was Besseres für Dich.“
„Was Besseres?“
„Viel besser. Warum arbeitest du nicht bis zum Ende der Saison hier im Hotel? Sie suchen noch Leute und sie zahlen gut und im Herbst bauen wir dann dein Haus.“
Daraufhin versuchte Philipp, Paco klarzumachen, dass er im Herbst zurück auf die Universität musste. Einfach war das allerdings nicht, Paco war der Meinung, Philipp vergeude nur seine Zeit damit. Schließlich einigten sich die beiden darauf, die Menschen seien eben verschieden und dass man niemand zu seinem Glück zwingen könne. Trotzdem versuchte Paco es ein letztes Mal. „Ich soll wirklich nicht den Jefe fragen, ob er für dich eine Arbeit hat?“
„Wirklich nicht. Aber du kannst was anderes für mich tun. Weißt du jemand, der mir hilft, mein Haus zu bauen?“
„Schwierig, schwierig.“
„Denk mal nach.“
„Moment, wart mal ... vielleicht Vicente des Moli. Nein, vergiss es. Vicente hat viel zu tun an der Cala des Mortes und mein Vetter Emiliano auch. Und Pepe Forn, den kennst du doch, der ein Bein nachzieht, der wird gerade angelernt als Fliesenleger. Du weißt schon, diese viereckigen glänzenden Steine.“
Und ob Philipp diesen Pepe kannte. Er hatte ihm einen Tag lang assistiert, als dieser eine Natursteinmauer wieder hergerichtet hatte. Gerade mit Pepe hatte er fest gerechnet.
Aber so sehr Paco sich auch den Kopf zerbrach, ihm fiel niemand ein, der frei war in den nächsten Wochen. Philipp blieb schließlich nichts anderes übrig, als seine Fahrt zur Playa Illetes als kleinen Ausflug über die Insel abzuhaken.
„Adéu“, sagte Paco. „Wir müssen bald mal einen trinken gehen. Du holst mich hier ab. Aber nicht vor elf, ich hab jede Nacht Dienst im Speisesaal.“
„Oder du kommst bei mir vorbei. Ich campiere auf der Cala Dragonera. Auch ohne mein Haus.“
Wieder zurück auf der Hauptstraße, beschloss Philipp, auch noch an der Cala des Mortes vorbeizufahren. Einmal wenigstens wollte er diese verdammte Baustelle gesehen haben, die seine ganzen Pläne zunichtemachte.
Schon von weitem war das mahlende Geräusch von Betonmischern und Hämmern und Klopfen zu hören, das aus der Bucht an der äußersten Südspitze der Insel kam. Philipp erinnerte sich daran, wie er früher an stürmischen Tagen manchmal zum Schwimmen hierher gefahren war. Die Bucht war auf beiden Seiten von steil abfallenden Felsen umrahmt und war deshalb bei Ost- oder Westwind zum Schwimmen geradezu ideal.
Er blieb in einiger Entfernung zur Baustelle, aber selbst von dort war zu erkennen, dass hier kein einzelner Hotelkomplex wie an der Playa Illetes entstand sondern gleich eine ganze Reihe von Gebäuden. Dementsprechend war auch die Zahl der Arbeiter, welche die Lücken zwischen den hohen Stahlträgern, die wie das Knochengerippe eines riesigen Tieres in die Höhe ragten, mit Hohlblocksteinen füllten. Das Ganze hatte für Philipp etwas Gespenstisches an sich und machte ihn einigermaßen ratlos. Er verstand nicht so recht, weshalb – wenn schon gebaut wurde – der Eingriff in die Landschaft gleich so massiv sein musste. Zum ersten Mal gestand er sich ein, dass Desiree Recht haben könnte mit ihrer Sorge um die Insel.
Er blieb an der großen Tafel stehen mit der Aufschrift „Urbanización Cala Des Mortes“, die an einer improvisierten Straße aufgestellt war, auf der ein LKW nach dem anderen vorbeidonnerte und sah sich eine Skizze des gesamten Projekts an. Bungalows, Häuser mit Ferienwohnungen, Läden, Restaurants, Cafés waren anscheinend geplant, fast eine ganze Ortschaft. Achselzuckend beschloss er, sich in einigen Monaten, in einem Jahr oder sonst irgendwann anzuschauen, was daraus geworden war.
Danach fuhr er nach San Lorenzo und da er noch immer nichts in den Magen bekommen hatte, setzte er sich auf die
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