Paloma
kannst heute Nacht hier bleiben, wenn du willst“, sagte Desiree.
„Glaubst du, ich bin betrunken?“
„Sagen wir mal: un poco.“
„Stimmt. Vielleicht ein bisschen. Aber das macht nichts, weil mir das zusteht an meinem vorletzten Abend. Und weil heute mein vorletzter Abend ist, muss ich drüben bei mir schlafen. Sag Desiree, verstehst du das?“
„Ich versteh dich gut. Und wenn du wieder in Deutschland bist, denk an den Sommer und an den Winter und an alles, was du magst auf Magali.“ Desiree legte die Arme um ihn und Philipp spürte ihren weichen, warmen Körper und er hatte das Gefühl, dass sie ein wirklicher Freund war. Er war froh, ein paar wirklich gute Freunde hier auf der Insel zu haben.
Auf dem Heimweg gab er sich Mühe, sehr aufrecht zu gehen. Er sagte sich, dass es ein Zeichen sei, wenn es ihm gelänge, den Kopf hoch zu tragen, ein Zeichen dafür, dass er sich nicht unterkriegen lassen würde. Aber den Kopf hoch zu tragen, war nicht so einfach, manchmal hatte er das Gefühl, als ob die eine oder andere Mauer auf ihn zukäme, als ob sie Beine hätte und außerdem bekam er einen steifen Nacken davon.
Als Philipp schließlich die Cala Dragonera erreichte, war ihm heiß von all der Anstrengung. Er ging hinunter zum Strand und setzte sich so dicht ans Wasser, dass die kleinen Wellen, die am Sand leckten, gerade noch seine Füße erreichten. Nach einer Weile waren allerdings auch seine Hosen und sein T-Shirt nass, da er sich in den Sand gelegt hatte. Irgendwann musste er eingeschlafen sein, denn er schreckte hoch, als auch sein Kopf im Wasser war. Aber auch dann war die Nacht noch nicht zu Ende und ihm war noch immer fürchterlich heiß.
Am Morgen war Philipp bereits bei Sonnenaufgang auf den Beinen. Trotz Brummschädel. Aber seinen letzten Tag wollte er voll auskosten. Nach seinem Morgenbad sortierte er seine Sachen. Was nicht wieder mit nach Hause kam, wollte er bei Desiree lagern. Dabei hörte er, dass sich auf dem Sandweg oberhalb des Tals ein schwerer Wagen näherte. Anfangs achtete er nicht weiter darauf, als das Auto jedoch quer über sein Land fuhr, ging er ihm entgegen und rief dem Fahrer mit erhobener Hand zu: „Halt! Sie befinden sich auf einem Privatgrundstück!“
„Gehört das Grundstück Ihnen?“ Der Schweizer Dialekt des Mannes war unverkennbar. Als Philipp nickte, stieg er Mann aus seinem Auto.
„Das trifft sich gut. Ich wollte sowieso mit Ihnen reden.“
Da Philipp klar war, um wen es sich handelte, antwortete er zurückhaltend. „Ich wüsste nicht worüber. Es gibt im ganzen Tal kein einziges Grundstück, das zu verkaufen ist.“
„Moment, wie viel von dem Land gehört Ihnen?“
Philipp hätte darauf nicht antworten brauchen, er tat es trotzdem. Ja, er umriss mit einigem Stolz die Grenzen seiner Grundstücke. Von jenem, das er drei Jahre zuvor gekauft hatte und von dem mit Büschen und Kleingehölz bewachsenen Streifen Land direkt am Strand, das nun ebenfalls ihm gehörte.
„Und für das Land bis zum Pinienwäldchen hab ich das Vorkaufsrecht.“
Der Mann schwieg einen Augenblick und nannte dann eine Zahl. Eine schöne, runde Summe in Schweizer Franken.
„Interessiert mich nicht.“
„Und wenn ein gleichwertiges Grundstück eigener Wahl irgendwo auf der Insel dazu kommt?“
„Interessiert mich trotzdem nicht.“
„Sie pokern hoch.“
„Meinen Sie?“, Philipp lachte dem Mann ins Gesicht.
„Warum treffen wir uns nicht heute Abend und reden in aller Ruhe darüber. Ich hab unten am Hafen ein kleines Restaurant aufgetan, wo man für hiesige Verhältnisse ganz ordentlich essen kann. Ich garantiere Ihnen, wir werden uns irgendwie einig.“
Philipp sah, wie der Mann schwitzte. Er trug Anzug und Krawatte, was bei dieser Hitze reichlich lächerlich war. Aber nicht nur deswegen erinnerte er ihn an seinen Vater. Sie hatten beide dieselbe Art, auf ihrem Standpunkt zu beharren.
„Bedaure, heut Abend hab ich was vor. Und morgen reise ich ab.“
„Schade, aber kein Problem. Ich bin ab nächster Woche auch wieder in der Schweiz.“ Er griff in seine Brieftasche und gab Philipp seine Visitenkarte. „Überlegen Sie es sich in aller Ruhe. So ein Geschäft lässt man sich nicht entgehen. Zufällig weiß ich nämlich in etwa, was Sie für Ihr Land gezahlt haben.“
„Sie sind gut informiert, was?“
„Gehört zu meinem Job.“
„Gut, das war’s dann wohl. Ich hab noch zu tun.“
„Überlegen Sie nicht zu lange. Es gibt noch andere schöne Plätze hier auf
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