Palzki 09 - Ahnenfluch
berichteten.
Da mir eventuelle Hintereingänge unbekannt waren, musste ich mich an diesem Kabinett des Horrors vorbeimogeln. Ich hatte keine Chance. Dr. Metzger saß vor dem Eingang auf einem kleinen Campinghocker und begutachtete gerade den Knöchel eines ihm gegenübersitzenden Studenten. »Da müssen wir die Sehnen neu antackern. Haben Sie fünf Minuten Zeit, dann mach ich das schnell.«
Er blickte auf. »Palzki! Was für eine Überraschung, geht es Ihnen wieder gut? Was machen Sie hier auf unbekanntem Terrain? Sie haben doch bestimmt noch nie eine Uni von innen gesehen! Oder stehen Sie unter Schock?«
Jetzt setzte sein gefürchtetes Frankensteinlachen ein, das selbst Frank Zander nicht authentischer kopieren konnte.
Ich wollte mich, ohne große Worte zu verlieren, an ihm vorbeidrängen. Zum Gruß hob ich kurz die Hand.
»Warten Sie doch, Palzki! Mit Ihrem Sonderschulabgangszeugnis lässt man Sie da nicht rein. Ich kann Ihnen da aber weiterhelfen.«
Wieder flutete sein krankes Lachen die Umgebung und übertönte sogar das Quietschen der vorbeifahrenden Straßenbahn der Linie 7.
Widerwillig blieb ich stehen. »Warum sind Sie nicht mehr vor dem Speyerer Dom, Herr Metzger?«
Unwirsch winkte er mit einer groben Handbewegung ab. »Die Presse hat schlecht über mich geschrieben, stellen Sie sich das mal vor! Wahrscheinlich, weil bei dem Journalisten eine Kleinigkeit schiefgegangen ist. Das kann doch immer mal passieren, also kein Grund sich aufzuregen. Einen Arm hat er ja noch.«
Ich beschloss, das Thema zu wechseln. »Und was machen Sie hier?«
Metzger stand so grobmotorisch auf, dass der Student, der ihm gegenübersaß, von seinem Stuhl fiel.
»Können Sie nicht lesen, Palzki? Da steht doch alles in Klarschrift. Ach stimmt, Sie gehören ja zur alternativen Intelligenz. Soll ich Ihnen das in Analphabetisch übersetzen?« Er zeigte auf die neue Aufschrift seines Reisemobils.
Langsam wurde es ärgerlich. Noch schwieg ich. Dies verstand Metzger als Aufforderung zum Weitersprechen.
»Bestimmt wissen Sie auch gar nicht, was ein Bachelor ist. Kommen Sie mal näher, Palzki, ich zeig Ihnen was.«
Er öffnete die Schiebetür seines Gefährts. Ich blickte hinein und sah Hunderte silberner Dosen, die auf einem ausziehbaren Tisch bis zur Decke gestapelt waren. Metzger schnappte sich eine der Dosen, auf denen Totenköpfe prangten, und reichte sie mir.
»Na, was sagen Sie dazu?« Er griff in seine Hosentasche und zog eine kleine Ampulle hervor. »Zu jeder Dose gehört eine Ampulle. Zusammen ergibt das mein bald berühmt werdender Zweikomponenten-Energy-Drink. Alternativ kann ich das Zeug auch direkt in die Blutbahn injizieren, hält dann doppelt so lang. Kostet auch doppelt so viel.«
Träumte ich das vielleicht nur? Lag ich seit der gekippten Statue im Museum im Koma? Das kann doch unmöglich die Realität sein.
Metzger ließ sich von meiner vermuteten Irrealität nicht beeindrucken.
»Als ich vor Kurzem zufällig in der Mensa war, habe ich gesehen, mit welchen mittelalterlichen Methoden die Studenten sich aufputschen. Die fressen wegen der Kohlenhydrate Nudeln bis zum Abwinken und wundern sich dann, wenn sie Blähungen zum Umfallen bekommen. Ein paar Professoren, die zu meinen Stammkunden gehören, haben mir bestätigt, dass es vor den Klausuren in letzter Zeit in den Vorlesungssälen immer penetrant stinken würde. Damit ist jetzt Schluss. Kein Student braucht vor den Klausuren mehr Nudeln zu essen. Täglich ein oder zwei meiner Energy-Drink-Ampullen in Kombination mit den Dosen und die Sache ist geritzt. Im Moment entwickle ich als neues Produkt einen IQ-Buster. Den spritze ich durch den Rachen direkt ins Hirn. Viel hilft viel, wie meistens. Ist leider noch nicht marktreif.«
»Haben Ihre Dosen eine Zulassung?«, fragte ich skeptisch nach.
Das Gegröle Dr. Metzgers war mir Antwort genug. »Zulassung? Was für ein Blödsinn! Das kostet nur unnötig viel Geld. Außerdem zählen meine Zweikomponentendrinks wahrscheinlich als Nahrungsergänzungsmittel. Eine Dose pumpt Ihnen den Monatsbedarf an Kohlenhydraten und noch ein paar andere Sachen direkt in den Kreislauf. Damit würden sogar Sie die Mittlere Reife schaffen, Palzki.«
Ohne auf die Beleidigung einzugehen, fragte ich in sarkastischem Ton weiter. »Dieses Wundermittel soll in den Klausuren bessere Noten bringen? Hilft es auch gegen eingewachsene Fußnägel?«
»Das menschliche Gehirn fährt voll auf meinen neuartigen Chemiemix in Verbindung mit
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