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Palzki 09 - Ahnenfluch

Palzki 09 - Ahnenfluch

Titel: Palzki 09 - Ahnenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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Ich musste mich nicht entscheiden, denn die Stimmen kamen näher. Um einen gewissen Vorteil mittels Überraschungseffekt zu haben, stellte ich mich etwas versteckt neben den Zugang. Frau Block und Frau Bayer erschraken höllisch, als sie aus der Treppenanlage traten und ich nur einen halben Meter neben ihnen auftauchte.
    »Haben Sie mich erschreckt«, keuchte Frau Block. »Was machen Sie hier, Herr Palzki?«
    »Das wollte ich Sie auch gerade fragen«, antwortete ich und sah ihr dabei fest in die Augen. »Meines Wissens soll die Kordel verhindern, dass Personen nach oben gehen.«
    »Wir haben uns doch bloß verlaufen«, entgegnete sie nicht sehr glaubhaft.
    Sophie Bayer wollte lieber bei der Wahrheit bleiben. »Herr Becker hat mich nach dem Abenteuer in Schwetzingen zu seiner Lesung eingeladen. Und da habe ich meine Freundin mitgebracht.« Sie zeigte auf Frau Block. Dass die beiden miteinander bekannt waren, war für mich eine neue Information.
    »Das erklärt aber nicht Ihre Anwesenheit in einem nicht zugänglichen Teil des Museums«, erwiderte ich. »Hat Rocksinger für Sie die Alarmanlage ausgeschaltet?«
    »Wer ist Rocksinger?«, fragte Sophie Bayer. »Es ist so, Herr Palzki. Dietmar Becker hat mir vorhin von dem geheimen Zugang zur Bibliothek vorgeschwärmt. Und das wollten wir uns anschauen.«
    »Hat Sie jemand außer mir gesehen?«
    Frau Block lächelte schüchtern. »Ein paar Studenten in der Bibliothek haben ziemlich blöd geschaut, als wir auf der Innenseite der Glastür standen. Aber die Tür war natürlich abgeschlossen. Sophie und ich wollten dann weiter nach oben, da war es aber dunkel. Leider haben wir keine Taschenlampen dabei.«
    Während der Unterredung sah ich, wie Dutzende Menschen die breite Treppenanlage heraufkamen und im Rittersaal verschwanden. Anscheinend begann nun der offizielle Einlass. Ich blickte auf meine Uhr. Hatte ich wirklich so lange im Museum herumgetrödelt? Es war bereits zehn Minuten über der verabredeten Zeit. Schnell fertigte ich die beiden Damen ab.
    »Dann wünsche ich Ihnen viel Spaß bei der Lesung. Suchen Sie sich gleich gute Plätze. So langsam scheint es voll zu werden.«
    Gemeinsam gingen wir nach vorn. Ich wollte eigentlich nur einen Blick in den Rittersaal werfen und danach vom Flur aus in den Trabantensaal schlüpfen. Doch Becker, der auf dem Podest saß und Blätter sortierte, hatte mich bereits entdeckt. Nervös winkte er mich zu sich. Dabei bemerkte ich, dass KPD tatsächlich einen Sessel auf die Bühne neben Beckers Stuhl gestellt hatte. Er testete gerade die beste Sitzposition. Mit gefalteter Stirn beobachtete er, was der Student von mir wollte.
    Sichtlich aufgeregt fragte Becker so laut, dass KPD jedes Wort hören musste. »Haben Sie die Mörder bereits gefasst, Herr Palzki? Ging alles glatt?«
    »Welche Mörder?«, mischte sich KPD nicht unerwartet ein. »Worum geht es, Palzki?«
    »Ach nichts, Herr Diefenbach. Herr Becker und ich überlegen nur, ob man dieses Ambiente für seinen nächsten Krimi benutzen könnte. Wir bräuchten nur noch eine kriminelle Geschichte. Vielleicht lassen wir mal einen hohen Vertreter der Kriminalpolizei über die Klippe springen, was meinen Sie, Herr Becker?«
    Während ich das Podest verließ, sah ich, wie sich KPD zu Becker beugte und ihm etwas sagte. Egal, was es war, es interessierte mich nicht die Bohne. Ich würde später Becker fragen, was KPD von ihm wollte.
    Ich spürte, dass es jetzt gleich passieren würde. Trotz der Verspätung betrat ich den Trabantensaal. Er war leer. Hatte ich den Täter verpasst?
    Mit stark erhöhtem Herzschlag untersuchte ich erneut die Rückseiten der mobilen Trennwände, doch ohne Ergebnis. Hier war niemand, Verstecke konnte ich keine erkennen.
    »Herr Palzki?« Der Ruf kam aus dem Blauen Salon.
    Jetzt oder nie dachte ich und trat ein. Wie von Geisterhand schloss sich hinter mir die Tür. Ich war mit den beiden Männern, die ich noch nie vorher gesehen hatte, allein im Saal. Die Szene war absurd. Die beiden waren zwischen 50 und 60 Jahre alt, trugen Vollbart und steckten in historischen Gewändern. Sie saßen an dem Tisch, an dem sich Rocksinger mit den Studenten getroffen hatte. Die Absurdität wurde dadurch gesteigert, dass einer der beiden mit einer Armbrust auf mich zielte, der andere mit einer pistolenähnlichen Waffe, die gut und gern 200 Jahre alt sein könnte.
    »Es freut uns, Sie mal unter fünf Augen sprechen zu können, Herr Palzki.« Er lachte kurz auf und zeigte auf sein Glasauge.

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