Palzki 09 - Ahnenfluch
würden, dass ein Schneemann weiß ist.«
»Er hat mit mir die Betonung seines Namens geübt. Insbesondere auf das ›P‹ in Klaus P. Diefenbach legt er großen Wert. Das wäre wichtig für den Wiedererkennungswert. Frauen legen sich für’s Ego einen Doppelnamen zu, Männer imponieren lieber mit abgekürzten Vornamen, sagte er.«
Da Becker von der anonymen Einladung noch nichts wusste, wurde er von uns aufgeklärt.
»Und das soll während meiner Premierenlesung passieren?« Der Student war erschüttert.
»Vorher«, beruhigte ich ihn. »Wir nehmen schnell den Mörder fest und dann können Sie in Ruhe Ihren fünf oder sechs Zuhörern aus Ihrem komischen Buch vorlesen.«
»Fünf oder sechs? Herr Palzki, die Veranstaltung ist beinahe ausverkauft.«
Ich rief mir die Ausmaße des Rittersaals ins Gedächtnis. Er musste viel kleiner sein, als ich ihn in Erinnerung hatte.
»Von mir aus«, sagte ich mit gequälter Stimme. »Sie haben bestimmt einige Kommilitonen zwangsrekrutiert. Aber darum geht es im Moment nicht. Haben Sie Lust, Jacques Bosco zu helfen? Vielleicht bekommen Sie ein paar Anregungen für Ihren nächsten blutrünstigen Thriller.«
Becker war hin- und hergerissen. »Ich würde gern mitmachen, aber ich muss doch meine Premiere vorbereiten.«
»Was gibt’s da groß vorzubereiten? Vorlesen haben Sie in der Schule gelernt. Sie waren doch in der Schule, oder?«
Damit gelang es mir, ihn ein wenig aufzuheitern.
»Eigentlich haben Sie recht, Herr Palzki. So wenig wie sich die meisten Lehrer auf den Unterricht vorbereiten, muss es ein professioneller Autor wie ich vor seiner Lesung tun.«
»Na sehen Sie. Und das mit Ihrem Dialekt und Ihrer undeutlichen Aussprache kriegen Sie in ein paar Jahren auch noch hin.«
Becker wäre nicht Becker, wenn er sich diese Gelegenheit entgehen lassen würde.
»Wir fahren nachher alle gemeinsam nach Mannheim«, erklärte ich dem Studenten.
Jacques, der meinen letzten Satz mitbekommen hatte, widersprach. »Ne, Reiner, das muss nicht sein. Es reicht vollkommen, wenn ich mit Herrn Becker unseren Plan vorbereite. Glaub mir, es ist besser, wenn du nicht zu viel davon weißt, dann reagierst du morgen Abend authentischer.«
»Spinnst du? Soll ich ins offene Messer rennen? Ich will wissen, was passiert.«
Jacques nahm es sportlich. »Wenn ich dir jetzt sagen würde, dass ich das ganze Stockwerk mit Wasser flute, würdest du dann hingehen?«
»Du willst was? Nie im Leben mache ich da mit.«
»Siehst du, Reiner. Deshalb bleibst du besser ahnungslos. Natürlich fluten wir das Museum nicht, das wäre vollkommen unrealistisch.«
Jutta mischte sich ein. »Gerhard und ich fahren mit nach Mannheim. Dann ist auch jemand von der Polizei bei den Vorbereitungen dabei.«
»Und ich? Bin ich euer Spielball, oder was?«
»Kein schlechter Gedanke«, meinte Gerhard süffisant. »Du bist doch der Initiator des Plans, weißt du nicht mehr? Jacques mit ins Boot zu nehmen war deine Idee.«
Meine weiteren Einwände wurden mit großer Mehrheit abgeschmettert. Wenig später hatten sie sich verabschiedet und ich blieb mit Jürgen allein zurück.
»Was machen wir jetzt mit dem angefangenen Mittag?«, fragte ich Jürgen.
»Pizzaservice?«, fragte er zurück und landete damit bei mir einen Volltreffer.
Eigentlich wollte ich Becker noch fragen, was sich in dem undokumentierten Gang in der Gruft verbarg. So langsam wurde ich doch etwas neugierig. Nachdem ich zusammen mit Jürgen die Pizzen vertilgt hatte, verabschiedete ich mich in eine ungewisse Zukunft.
Kapitel 21: Die Dracheninvasion
Stefanie war wenig über meinen zusätzlichen Samstagsdienst erfreut. Ich signalisierte ihr, dass ich dafür in der nächsten Woche einen Tag zu Hause bleiben würde. Als zusätzliches Argument deutete ich an, Freikarten für die Wittelsbacher Ausstellung zu besorgen. Ausgiebig und dadurch viel zu auffällig erzählte ich, dass auch Gerhard und Jutta bei der Beckerschen Lesung dabei sein würden.
»Da steckt doch mehr dahinter!«, vermutete sie nicht ganz unrichtig. Zu einer weiteren Diskussion kam es nicht, da zeitgleich Lars und Lisa ihr Weltuntergangsgeschrei anstimmten und Paul ins Wohnzimmer kam.
»Du, Papa«, berichtete er freudestrahlend, während Stefanie zu den Zwillingen ins Kinderzimmer ging. »Herr Ackermann ist wieder zu Hause. Dann haben wir vielleicht doch alles richtig gemacht. Kannst du uns das nächste Mal mit dem Auto fahren? Das Laufen war echt mega-anstrengend.«
Melanie lief auch dieses Mal
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