Palzki ermittelt: 30 Rätsel-Krimis (German Edition)
erzieherischer Perspektive, den Horizont meiner Kinder zu
erweitern und ihnen die Vielfalt der Grundnahrungsmittel zu offenbaren.
Jedes Mal,
wenn ich mit Paul und Melanie den Imbiss Caravella betrat, wurden wir stürmisch
begrüßt, was an dem zu erwartenden Umsatz liegen könnte. Es ist wohl einleuchtend,
dass bei diesen Exkursen meine Frau niemals dabei war und ich diese geldbeutelerleichternde
Aktion meist nur dann unternahm, wenn ich als Gegenversprechen ein gewisses Maß
an Ruhe von meinen Kindern einfordern konnte.
An diesem
Sonntag ging alles schief.
Stefanie
teilte uns während des Frühstücks mit, dass sie gleich nach Frankfurt zu ihrer Mutter
fahren würde, da diese mit einer Magenverstimmung im Bett liege. Meine Empfehlung,
diese Verstimmung mit Marzipan und Nougatpralinen zu kurieren, wurde ignoriert.
Damit Paul und Melanie nicht den schädlichen Einflüssen des sonntäglichen Fernsehens
ausgesetzt wurden, bat meine Frau mich, mit ihnen einen Ausflug zu machen. Unsere
Kinder bekamen leuchtende Augen, doch ihre Mutter hatte sie sofort durchschaut.
»Ich schmier
euch Käsebrote, bevor ich fahre«, sagte sie.
Die nächste
Schwierigkeit trat auf, als ich bemerkte, dass ich am Freitag meinen Geldbeutel
auf der Dienststelle vergessen hatte. So begann unser Ausflug mit einem kurzen Abstecher
in den Waldspitzweg zum Sitz der Kriminalinspektion. Da Paul und Melanie nicht im
Auto warten wollten, nahm ich sie mit hinein. Es war ja nur für zwei oder drei Minuten.
Meinen Geldbeutel hatte ich schnell gefunden, er lag auf einem Stapel leerer Pizzakartons.
Und dann
begann das Schlimmste.
Wir waren
gerade dabei, an der fast ständig besetzten Notrufzentrale vorbeizuhuschen, als
mich ein Beamter in den Raum winkte.
»Herr Palzki,
wir haben gerade Meldung bekommen, dass es in Bad Dürkheim zu einem Kapitalverbrechen
gekommen ist. Die Kollegen von der Spurensicherung sind bereits unterwegs.«
Ich zog
kurz und uninteressiert die Schultern hoch. »Prima, darum werden sich die Kollegen
in Bad Dürkheim kümmern. Außerdem bin ich im Wochenende.«
»Ich mein
ja nur«, entgegnete der Kollege leicht beleidigt. »Dietmar Becker sagte, wir sollen
Ihnen auf jeden Fall Bescheid geben.«
»Dietmar
Becker?« Ungläubig starrte ich mein Gegenüber an. Dieser Student der Archäologie,
der nichts anderes im Sinn hatte, als widersinnige Regionalkrimis mit einem völlig
idiotischen Kommissar zu schreiben, lief mir seit einem Jahr ständig bei meinen
Ermittlungen vor die Füße. »Was hat er noch gesagt?«
»Dr. Elvira
von Klunkershausen hat es erwischt. Herr Becker meinte, Sie würden sich für die
Sache bestimmt interessieren.«
Und ob.
Becker hatte mir viel von ihr erzählt. Er war einer der wenigen, der Kontakt zu
ihr hatte, um ihre höchst interessante Lebensgeschichte aufzuschreiben. Frau Dr.
Elvira von Klunkershausen wohnte wie ein Eremit in ihrer imposanten Gründerzeit-Villa
in Bad Dürkheim. Trotz unverbaubarer Hanglage hatte sie sich seit dem Tod ihres
Mannes vor rund zehn Jahren regelrecht eingeigelt. Ein teilzeitbeschäftigter Gärtner,
der für die undurchdringlichen und fast haushohen Hecken zuständig war, die außer
der Einfahrt nicht die kleinste Lücke boten, sowie eine Zugehfrau, die sich um Haushalt
und Einkauf kümmerte, waren ihr ganzes Personal. Man munkelte, dass selbst Mitarbeiter
der Bad Dürkheimer Stadtwerke zwecks Zählerablesung ihr Grundstück nicht betreten
durften. Lieber zahlte sie eine beträchtliche Summe für den geschätzten Energieverbrauch.
Wie es Dietmar Becker fertiggebracht hatte, ihr Vertrauen zu gewinnen, war mir mehr
als schleierhaft. Der Student hatte mir berichtet, dass die Witwe alles andere als
geizig war und sich teilweise recht willkürlich für soziale Projekte einspannen
ließ: Sei es eine erkleckliche Summe für die Stadtbücherei, um die Lesekompetenz
von Schulkindern zu fördern, bis hin zu Spenden für die Gründung eines Fördervereins
der Ruine Hardenburg.
Ihr Mann,
Gesellschafter von zwei selbstgegründeten mittelständischen Industrieunternehmen,
starb viel zu früh unter dubiosen ungeklärten Umständen während eines Arbeitsurlaubs
in Barcelona in den Armen einer seiner Geliebten. Die Witwe hatte nach einer kurzen
Karenzzeit die Unternehmensanteile verkauft und sich aus der Öffentlichkeit weitgehend
zurückgezogen. Bezüglich ihrer Spendenprojekte korrespondierte sie ausschließlich
handschriftlich in Briefform. Ihre drei längst erwachsenen und eigene Wege
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