Pamiu Liebling der Goetter
Sterbenden kein Mitleid zu empfinden, doch er konnte es nicht. „Bin ich dir vielleicht etwas schuldig, dass du mich nun darum bittest?“
Für einen kurzen Moment blitzte in Snofrus Augen das Leben auf. „O ja, Pamiu. Du bist mir die Liebe und die Leidenschaft schuldig geblieben, die du mir vorenthalten hast und ....“, er holte rasselnd Luft, bevor er weitersprach, „... du hast mir meine Söhne genommen, meine geliebten Söhne.“
Pamiu zuckte unwillkürlich zusammen. „Wie kannst du mir so etwas unterstellen?“
„Ach, leugne es nicht. Ich wollte und konnte es nicht sehen. Bis vor ein paar Tagen war es mir nicht klar. Erst wenn man stirbt und die Leidenschaft relativ wird, lässt man zu, was man schon immer ahnte. Wie alle war ich gefesselt von dir. Die Götter gaben dir die Unwiderstehlichkeit eines Dämons.“
Pamiu starrte den Pharao unverwandt an. „Du hast geahnt, dass ich deine Söhne getötet habe, und hast nichts gegen mich unternommen?“
„Verfallen war ich dir und deiner Schönheit, obwohl du mir nie etwas versprochen oder gar gegeben hast. Doch ich warne dich, Pamiu, wenn die Schönheit schwindet, geht auch der Schutz der Götter mit ihr davon. Die Menschen werden dich ansehen und erkennen, wer oder was du bist.“
„Bedeutet nicht dein eigener Name ‚Von großer Schönheit’?“
Snofru traten Tränen in die Augen. „Das Geschenk der Schönheit ist das grausamste, was einem die Götter geben können, denn wenn sie es dir wieder nehmen, bleibt nichts zurück. Du hast es gelernt, alles geschenkt zu bekommen, und plötzlich enthält man dir vor, was in deinem Leben für dich selbstverständlich war.“
Pamiu stand auf. „Ich kann nicht bei dir wachen, bis die Götter dich empfangen. Du weißt, es wäre eine Lüge. Ich empfinde nichts für dich.“
Snofru nickte und ließ sich zurück auf das Lager sinken. „Dann geh und denk an meine Worte. Aber das wirst du nicht tun, nicht wahr? Wäre ich an deiner Stelle, würde ich dich auch allein sterben lassen. Das Sterben ist nicht schön. Warum sollte sich Schönheit mit Hässlichkeit umgeben? Du wirst ein großer Mann in Ägypten sein, wenn ich gegangen bin. Ich beneide dich darum, dass du dein Leben noch vor dir hast.“
Er gab Pamiu ein Zeichen, näher zu treten. Dieser gehorchte mit Widerwillen. Snofru zog einen Ring mit dem Abbild des Horus von seinem Finger und steckte ihn Pamiu an. „Nimm das, schöner Pamiu.“ Er drehte sich um, nachdem er einen letzten Blick auf Pamiu geworfen hatte. „Und jetzt geh. Ich kann deinen Anblick nicht länger ertragen.“
Ohne Zögern wandte sich Pamiu zur Tür und verließ den schrecklichen Ort des Todes. Er wollte nie wieder in den Gemächern eines Sterbenden verweilen, das schwor er sich bei seinem unsterblichen Ka.
Neferiabets Räume waren in ein sinnliches Licht getaucht, Feuerbecken waren aufgestellt worden, und das Flackern warf tanzende Schatten an die Wände. Es waren ausnahmslos nubische Sklaven und Sklavinnen, die die Gäste bedienten, und die Prinzessin hatte an Schmuck nicht gespart. Ihre glänzenden schwarzen Körper zierten Goldreifen und breite Halskragen. An einer Säule lagen zwei ausgewachsene Löwen und gähnten, und in einem Käfig hatte man einen Leoparden herbeigeschafft, die der ganzen Atmosphäre noch mehr Exotik verliehen. Die Gäste lagen auf Kissen, und Pamiu stellte fest, dass es hier kaum jemanden gab, der über zwanzig war. Die nubischen Sklavinnen waren nackt bis auf einen breiten Hüftgürtel, der allerdings kaum ihre Scham verdeckte. Neferiabet hatte einen erlesenen, doch auch ungewöhnlichen Geschmack.
Er blickte sich im Raum um, aber er konnte sie nirgends sehen. Das Fest musste schon eine Weile andauern, denn die Gäste waren angeheitert und gelöst. Pamiu setzte sich zwischen die Feiernden und wurde direkt von zwei jungen Mädchen in Augenschein genommen. Das Fest schien genau den richtigen Rahmen zu bieten, um sich vom Besuch in den Räumen des Pharaos abzulenken.
Plötzlich ertönten dumpfe Trommeln, die einen hypnotisch langsamen Rhythmus anschlugen. Die Gäste richteten ihre Aufmerksamkeit auf die Mitte des Raums und bildeten einen Kreis. Dann betrat Neferiabet den Raum. Sie trug nichts weiter als goldene Reifen mit Glöckchen an Armen und Beinen, und ihr gesamter Körper sowie ihr Gesicht war mit Goldstaub gepudert worden. Sie setzte ihre Schritte genau zum Rhythmus der Trommeln, wobei die Glöckchen an ihren Fesseln sinnlich und provokant wirkten.
Weitere Kostenlose Bücher