Pamiu Liebling der Goetter
„Es ist mir gleichgültig, was mein Gemahl tut und lässt.“
Hetepheres schüttelte den Kopf. „Nein, das ist es nicht – das ist es niemals. Aber wir sind Frauen und können nichts daran ändern. Doch wir können im Hintergrund agieren, wir können versuchen Dinge in eine für uns günstige Richtung zu lenken.“
„Worauf willst du hinaus, Mutter?“
„Ich habe vorhin Pamiu und Neferiabet beobachtet.“
Meritates rollte die Augen. „Den eitlen Freund meines Bruders und Gemahls? Was ist daran so interessant? Jeder weiß, dass die beiden von Kindes Beinen aneinander hingen wie Kletten.“
„Ja, und ich erinnere mich an den Tag, als er dich fortstieß um Neferiabets willen und du weinend zu mir gelaufen kamst.“
Die Augen der Prinzessin verdüsterten sich. „Das war dummes Kinderspiel.“
„O nein – und das weißt du ebenso gut wie ich. Das Kind zeigt im Spiel den Charakter des Menschen, der es einst sein wird. Und Pamiu ist gefährlich.“
Meritates ließ sich neben ihrer Mutter auf einem Stuhl nieder, weil das Gespräch sie zu interessieren begann. „Worauf willst du also hinaus?“, fragte sie noch einmal.
„Das, was ich zwischen Pamiu und Neferiabet sah, war mehr als bloße Zuneigung.“
Plötzlich war die Erinnerung an das Kindheitserlebnis wieder da. „Was willst du nun von mir?“
„Ich will, dass du mir hilfst, Neferiabet so schnell wie möglich von hier fortzuschaffen, sobald der Pharao zu Osiris gegangen ist.“
Meritates überlegte. „Wir könnten Sie zum Sinai in den Tempel der Hathor schicken.“
„Das wäre eine Möglichkeit. Ich will Khufu davon nichts sagen, denn ich fürchte, dass Pamiu ihm zu nahe steht und er um seinetwillen Neferiabet hier bleiben lässt.“
Meritates schüttelte den Kopf. „Khufu hasst Neferiabet genauso wie wir.“
Hetepheres’ klauenartige Hand griff plötzlich das Handgelenk ihrer Tochter. „Aber sein Herz ist von Pamiu ebenso geblendet wie das der Höflinge. Wenn es ihm gelingen würde, Neferiabet zu heiraten, wäre er ein Mitglied der Königsfamilie.“
Meritates wusste nicht, ob sie über die Hände ihrer Mutter oder ihre Ausführungen entsetzt sein sollte, doch die Bedenken, die Hetepheres anbrachte, waren durchaus berechtigt. Schließlich hatte sie lange genug darauf gewartet, Königin zu werden, und wollte sich alle Risiken ersparen. Sie löste langsam die Hand ihrer Mutter von ihrem Handgelenk und stand auf. „Mach dir keine Gedanken, Mutter. Ich werde dafür sorgen, dass das nicht geschehen wird.“
Pamiu betrat die Gemächer des Pharaos. Allem betriebenen Prunk zum Trotz konnte der Zustand des Einzig Einen nicht mehr über seine Sterblichkeit hinwegtäuschen. Pamiu erkannte den Todesgeruch, die Erinnerung holte ihn schlagartig aus der Vergangenheit ein. Es war der gleiche Geruch, den er vor fünfzehn Jahres in Tahemets Gemächern wahrgenommen hatte. Snofru lag auf seinem vergoldeten Ruhebett, dessen Lehnen die ausgebreiteten Horusschwingen zeigten, und atmete rasselnd. Die Räucherbecken, die die Priester aufgestellt hatten, und die den schweren Weihrauch verströmten, behinderten den sterbenden König einmal mehr beim Atmen.
„Komm näher, Pamiu.“ Pamiu erschrak, weil die Stimme des Königs so schwach und alt klang. War das wirklich der Mann, der ihn vor Jahren gegen seinen Willen im Garten geküsst hatte? „Du erstrahlst wie Re am Mittag voller Schönheit und Kraft“, setzte er zu einer Grußfloskel an und kam sich im selben Moment töricht vor. Doch Snofru ließ nur ein rasselndes Lachen hören.
„Ach hör auf zu lügen, schöner Pamiu. Wir beiden wissen, dass es mit mir zu Ende geht.“
Pamiu setzte sich auf einen bereitgestellten Stuhl am Bett des Pharaos. Snofru richtete seine trüben Augen auf ihn. Er war ausgezehrt von der Krankheit, doch die Beweglichkeit seiner Augen zeigte Pamiu, dass er bei Verstand und vollem Bewusstsein war.
„Warum hast du mich rufen lassen, großer Pharao?“
„Vielleicht, weil ich mit dem Anblick der Schönheit sterben will.“ Er lachte wieder, doch dann seufzte er resignierend. „Vielleicht weiß ich einfach nicht, wen ich sonst hätte rufen sollen.“
„Du hast deine königliche Familie.“
„Ich habe Hetepheres durch meine Eitelkeit verloren, meinen Sohn durch meine Ignoranz, Tahemet durch meinen Egoismus, und Neferiabet kenne ich so gut wie gar nicht. Nefermaat und Rahotep sind tot. Wen soll ich also bitten, bei mir zu sein?“
Pamiu schämte sich, für einen
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