Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
nach dem heutigen Tag en d gültig mit ihr durch. Sie hatte genug.
„Was machen Sie da?“, herrschte sie den jungen Assistenzarzt an. „H ö ren Sie sofort auf damit! Sie tun ihm weh.“
Verblüfft wandte sich der Mann zu ihr um. „Wer sind Sie?“
Tyler zupfte hastig am Saum seines Hemdes.
„Dr. Charlotte Svenson ist mein Name. Ich bin die neue Kieferchirurgin.“
„Fein. Offensichtlich ist das hier nicht Ihr Fachgebiet, oder?“
„Ich glaube nicht, dass das irgendeine Rolle spielt“, keifte Charly zurück. „Holen Sie augenblicklich Dr. Tanner!“
„Wie bitte?“
„Sie haben schon verstanden.“
„Das muss ich mir von Ihnen nicht sagen lassen“, gab ihr der Arzt zu verstehen.
„Na schön, dann hole ich sie eben.“ Charlotte drehte sich auf dem Absatz um und eilte davon. Sie fand Liz an der Rezeption, wo sie Patientenka r teien gegenzeichnete. „Komm mit! Rasch!“
Charlotte Svensons Ton duldete keinen Widerspruch. Elizabeth folgte ihr verblüfft. Mit einem Blick erfasste sie die Situation. Sie berührte Tylers Stirn. „Du glühst ja. Haben die Schmerzen zugenommen?“
Als er nickte, begann sie ihrerseits mit den Manipulationen am Kathetersy s tem.
„Herrgott“, stöhnte Tyler.
„Ist gut, Zimmerman, ich brauche Sie hier nicht mehr“, wandte sich Liz an ihren Kollegen.
Sie holte rasch einen Rollstuhl aus dem Korridor. Gemeinsam mit Charlotte transportierte sie Tyler in das nebenan liegende Untersuchungszimmer hinüber. Als er aufstand, schwankte er leicht. Ihm war schwindelig. Charly packte seinen Arm, gleichzeitig hielt sie ihm auf dem Rücken das Untersuchungshemd zusammen. Er musste ja nun nicht splitterfasernackt vor ihr herum turnen. Sie halfen ihm auf die Liege. Er bewegte sich äußerst vorsic h tig.
„Der Katheter Abfluss hat sich zugesetzt“, erklärte Elizabeth. „Wahrscheinlich durch Blut oder eitrige Bestandteile. Eine Harnwegsinfektion dieser Art kann als Komplikation nach einem chirurgischen Eingriff fo l gen. Das ist nicht besonders schön, aber gleichzeitig nicht ungewöhnlich. Ich werde versuchen, diesen Stau zu beseitigen. Das heißt, ich werde z u nächst den in der Harnblase liegenden kleinen Ballon sondieren. Dazu führe ich eine Sonde ein und ...“
Doch Tyler hörte längst nicht mehr zu. Er lag auf der Liege und starrte Liz an.
„Also gut. Ich probiere es vorsichtig und dann sehen wir weiter, okay? Möglicherweise entferne ich den alten und lege anschließend einen neuen, großlumigeren Katheter. Offenbar sind zu viele Zellanteile im Harnstoff. Die müssen ungehindert abfließen können.“ Sie musterte sein Gesicht. Schweiß stand auf seiner Stirn. Sieh mich doch nicht so ängstlich an, bat sie im Stillen. Zwang sich dann aber, diesen Gedanken beiseit e zu schieben. „Bist du bereit?“
Er holte Luft. „Nein! Ich glaube nicht, nein. Wie schlimm wird das?“
Liz wollte ihm nichts vormachen, andererseits sah sie keinen Sinn darin, ihn noch mehr zu ängstigen. „Es ist unangenehm. Kann ich anfangen?“
„Ich bin nicht in meiner besten Verfassung“, sagte er entschuldigend.
Liz Mund verzog sich zu einem Lächeln. „Leg deinen Kopf wieder zurück!“
Er schaute zur Zimmerdecke und versuchte, sich nicht zu verkrampfen. Schon weil das seinen geschundenen Rippen zusetzte. Bereits nach wenigen Sekunden war ihm klar, dass das ein sinnloses Unterfangen war. Er presste die Kiefer fest aufeinander. Instinktiv nahm Charly seine Hände, genau wie am Tag des Unfalls. Alles schien ihr besser, als hier untätig zusehen zu müssen. Eigentlich hatte sie ja verschwinden wollen, doch Elizabeths Blick verbot ihr das. Deshalb wandte sie nun ihr Gesicht dem von Tyler zu und beugte sich tiefer zu ihm. So bekam sie weni g stens nicht mit, wie Liz da herum stocherte.
Tylers anfängliches Stöhnen ging in verzweifeltes Jammern über. „Oh bitte ...“
Seine Schultern begannen zu beben. Charlys Magen zog sich krampfhaft zusammen. Sie war bereits nah an der Grenze dessen, was sie ertr a gen konnte.
Tyler hatte seit Tagen Schmerzen. Seine Erschöpfung drohte ihn zu übermannen. Bitterböse, aufgestaute Ängste fanden ihren Ausbruch und übernahmen plötzlich die Kontrolle über seinen Körper. Schluchzend begann er zu weinen.
„Genug!“, rief Charlotte aus und legte ihre Arme um ihn. Sie wiegte ihn sanft und tröstlich, als wäre er ein Kind. Dabei war sie sich nicht genau im Klaren darüber, wer von ihnen beiden den Trost mehr brauchte. Sie strich über sein Haar
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